Gutes und Böses für auf den Kopf. Unkraut bei uns, in Asien eine Delikatesse.

30. Mai 2022 | Bild der Woche | 2 Kommentare

Ganz entfernt sehen die Blätter wie Rhabarber aus. Aber nur ganz entfernt. Gemeinsam ist ihnen vor allem die enorme Größe. Da, wo schon mal Fifi den Waldrand düngt, werden sie schon mal einen dreiviertel Meter lang, und einen halben Meter breit. Ungelogen. Wahrscheinlich sind es die größten einheimischen Pflanzenblätter in Deutschland überhaupt. Kennt jemand größere? Die Blätter sitzen anfangs auf Stilen, die direkt aus dem Boden kommen, dann, im Hochsommer, schießt die Pflanze auf. Die Blüten erinnern – ganz entfernt – an kleine Artischocken. Mit ihnen ist die Pflanze durchaus verwandt. Eine gewisse Ähnlichkeit zu letzterer besteht auch darin, dass man die jungen Blütenstängel essen kann. Sie sollen sogar wie Artischocken schmecken. Sagt das Internet. Der Autor konnte das noch nicht überprüfen, denn noch blüht die Pflanze mit den Mammutblättern nicht.

Karl der Große soll in seinen berühmten „Capitulare de Villis“ verordnet haben, auf den kaiserlichen Landgütern diese Pflanze anzubauen – die bürokratische Verordnung schrieb insgesamt etwa 90 Pflanzen vor, die in den Pfalzen des Wanderkaisers nicht fehlen durften. Neben Obstbäumen sind darunter viele Gemüsepflanzen, die es in Deutschland heute noch gibt, aber auch solche, die bei uns zumindest im Freiland nicht gedeihen: zum Beispiel Kichererbsen, Pinien und Mandeln. Als die „Capitulare“ verfasst wurde, herrschte in Deutschland gerade die „mittelalterliche Warmzeit“.
Unsere Pflanze mit den großen Blättern findet man auch in Kaiser Karls Liste. Sie ist aber keinesfalls exotisch. Er verwendet einen ganz anderen Namen, als den, den wir heute kennen. Im Englischen ist er aber noch erhalten.

Das klassische Latein verwendete wiederum ein griechisches Lehnwort, dessen Herkunft nicht klar ist, aber etwas mit „Bär“ zu tun hat. Uns erinnert das Wort aber auch an den Nordpol, und irgendwie hat ja der Nordpol etwas mit dem Großen Bären zu tun.

Und noch ein Wort verwendeten die Römer aber auch noch ein Wort: das wiederum stammt aus dem Griechischen:“labein“ – fassen, greifen. Das bezieht sich auf die Fruchtstände, die etwas unglaublich Haftendes an sich haben.  Auch im deutschen Pflanzennamen steckt das Wort „kleben“ drin.

Für auf den Kopf

„Haptisch nicht so“, freute sich Heino, als er Elfriede die Früchte mit Schwung an dem Kopf warf. Und diese taten so, wie ihnen geheißen.
Das ist besonders ärgerlich für Leute mit langen Haaren.  Unseren Ex-OB Wiegand wiederum könnte man damit übrigens nicht ärgern. Ihm würde man eher einen öligen Extrakt aus der Wurzel empfehlen. Manchen Mannes Leiden am Kopf hat dieses Mittelchen schon gelindert. Oberflächlich.

Auf den Landgütern Karls des Großen (nicht des Kahlen) hat man die Pflanze eher wegen des kulinarischen Wertes der Wurzel angepflanzt. Die entwickelt ziemlich enorme Dimensionen, ist aber, weil sie so tief in die Erde reicht, schwer auszugraben. Gekocht soll sie etwas für Feinschmecker sein, angeblich schmecken sie wie Schwarzwurzeln.

Feinkost ausgraben

Viel bekannter und beliebter als bei uns ist das Wurzelgemüse in Asien. Dort wird die Pflanze mit den meterlangen Wurzeln im großen Stil angebaut – und mühsam geerntet, wie beispielsweise eine Zeitung aus Taiwan berichtet. Das sieht dann nicht viel anders aus als eine archäologische Grabung hierzulande. Denn man muss vorsichtig sein, darf nicht die Wurzelrinde mit dem Spaten beschädigen:

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Auch China-Times bringt überzeugende Bilder aus der Ernteschlacht:

Die Wurzeln sind dort eine beliebte Delikatesse.  Wer jetzt Lust hat, kann sich ja selbst mal mit dem Spaten aufmachen. Vorher sollte man sich aber sicher sein, um welche Pflanze es sich handelt (und ob der Grundstückseigner einverstanden ist – aber hierzulande gilt die Pflanze als lästiges Unkraut).

Und hier kommt gleich ein Bündel an Fragen:

-Wie lautet der deutsche und wissenschaftliche Name der Pflanze ?

-Wie nannte der Verfasser der Capitulare die Pflanze?

In Japan ist die Wurzel auch sehr beliebt. Wie nennt man sie dort?

– Gibt es einheimische Pflanzen mit noch größeren Blättern?

– 1951 erfand ein Schweizer Ingenieur etwas, das heute nicht nur im Bekleidungsbereich besonders faulen Menschen eine große Hilfe ist. Die Erfindung hat er nach dem Spaziergang mit seinen Hunden gemacht, die in Kontakt mit unserer Pflanze kamen. Wer war das, und wie funktioniert das eigentlich?

Auflösung der letzten Pflanze der Woche („Rankend zum Lichte empor“): Die Schmalblättrige Wicke (Vicia angustifolia) oder Futterwicke (Vikia sativa)

 

Bei dem Schmetterlingsblütengewächs handelt es sich um die Schmalblättrige Wicke, Vicia angustifolia. Aus dem Mittelmeerraum stammend ist sie schon vor Jahrtausenden  als Kulturfolger dem Ackerbau betreibenden Menschen auf den Fersen. Sie ist eine Kletterpflanze. Zum Klettern benutzt sie die Ranken, die sich an den Spitzen der Blätter ausbilden.

(Hans Ferenz)

Noch viel mehr Pflanzen findet Ihr in unserem Archiv. Seit 2016 jede Woche ein neues Gewächs in unserem Lustgarten.

 

 

 

 

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