Schnattert nicht, ist aber ausdauernd hübsch

22. Oktober 2018 | Bild der Woche | Ein Kommentar

Gesucht: ein Korbblüter. Jeder kennt ihn.

Den Korbblütler, den wir heute suchen, kennt eigentlich jeder, denn man findet ihn fast überall auf den Wiesen Europas. Viele Namen hat sie im Volksmund. Klein aber hartnäckig, gar trittfest, bringt die Pflanze von März bis Oktober ununterbrochen einzelne, gestielte Blütenkörbchen aus der Blattrosette hervor. Außen stehen weiße oder rosafarbene Zungenblüten, innen gelbe Röhrenblüten. Die Blüten sind heliotrop; sie schließen sich nachts und bei trübem Wetter. Die Germanen verglichen die Blüten mit den leuchtenden Augen des Baldur, des Gottes der Güte, der Reinheit, der Schönheit und des Lichtes und weihten das Pflänzchen Ostara, der Göttin des Frühlings und der Auferstehung.

Man kann sie gut für einen Wildkräutersalat verwenden. Sieht hübsch aus und schmeckt. Am besten schmecken die jungen Blättchen aus dem Inneren der Rosette. Auch die Blüten sind essbar. Die Knospen sowie die nur halb geöffneten Blüten schmecken angenehm nussartig, die geöffneten Blüten sind dagegen leicht bitter. Sauer eingelegt werden Knospen manchmal als Kapernersatz verwendet.

Sie ist als Heilpflanze nutzbar. Berichte dazu gibt es seit dem Mittelalter. Sie soll bei Verletzungen und Muskelschmerzen helfen. Bekannt ist die blutreinigende Wirkung als Tee, aber auch die traditionelle Verwendung als Heilmittel bei Hauterkrankungen und Leberleiden. In der Phytotherapie wird eine Tinktur aus der ganzen Pflanze, einschließlich Wurzel verwendet. Die Pflanze enthält Saponine, ätherische Öle, Bitterstoffe, Gerbstoffe, Inulin, Flavonoide, Schleim sowie Vitamine. Außerdem wurde in den Blüten, wie bei vielen Asteracae, das Apigenin-7 Glukosid Cosmosiin nachgewiesen.

Im 18. Jahrhundert verbreitete sich die falsche Annahme, die Pflanze könne für Abtreibungen verwendet werden. Mit der gezielten Ausrottung verschwand das Wissen um die Nutzung dieses Blümchens als Heilpflanze, so dass es bis heute seine ehemalige Verwendung als geschätzte Heilpflanze nicht mehr wiedererlangen konnte.

(H.J. Ferenz)

Auflösung der letzten Pflanze der Woche: „Schamblume“, Aeschynanthus speciosus.

Wofür sollten sich Blumen schämen? OK, unsere gesuchte Pflanze ist eine beliebte, aber nicht häufige Zimmer- und Büropflanze. Aeschynanthus speciosus. Sie lässt natürlich gerne mal ihre „Griffel“ ziemlich weit heraus hängen. Und, bei guter Pflege, tropft es aus der Blüte. Lustpflanze halt. Die tropische Pflanze ist verhältnismäßig anspruchslos. Sie mag etwas Licht am Fenster, hin und wieder möchte sie gegossen werden, und dafür belohnt sie ihren Pfleger mit hübschen Blüten. Essen kann man nichts von ihr, obwohl sie nicht als Giftpflanze eingeschätzt wird. „Büropflanze halt, zum knicken, lochen und abheften voll OK“, würde man meinen, wenn da nicht diese sinnlichen Reize  wären , wie bei der Kollegin in der Registratur…

Unseren User Agricola hatte wohl die Anspielung auf den Aschenbecher inspiriert. Nein, nix Zigarrettenblume. Alle Arten der Gattung „Aeschynanthus“ stammen aus dem tropischen Asien, gehören zu den „Gesneriengewächsen“, benannt nach Conrad Gesner, 1516-1565), einem Schweizer Renaissancegelehrten, der sich unter Anderem mit Botanik beschäftigte. Seinen langweiligen Büroalltag zwischen staubigen Büchern hat er möglicherweise mit einer tropfenden Topfpflanze geteilt, aber dazu gibt es keine Überlieferung, seine Erben haben wohl aus Scham alle Spuren vernichtet.

(H.W.)

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