Genderstudien und Blümchensex im Kloster

4. März 2019 | Bild der Woche | 4 Kommentare

Dieser Farbholzschnitt zeigt einen dekorativen Ausschnitt unserer gesuchten Pflanze

Es geht auf Ende Februar zu, und die wärmenden Strahlen der Frühlingssonne haben sich ein sehr vorzeitiges Stelldichein gegeben. Bruder Gregor, der nach einer durchgefallenen Lehramtsprüfung sich wieder in das Kloster in Brünn zurückgezogen hatte, konnte sich kaum erinnern, in seiner mährischen Heimat je einen derart frühes Winterende erlebt zu haben. Doch das war nicht Grund, weshalb er so zeitig im Jahr durch den Klostergarten schritt, den Boden prüfte, um dann reihenweise Saat in der Erde zu versenken. Denn diese Ackerfrucht wird immer so früh, kaum dass der Boden offen ist, in die Furche gelegt.  „Eines Tages werden sie noch an mich denken“: Der Frust nagte bitterlich in dem jungen Mönch und gescheitertem Gymnasiallehrer. Er hatte schlichtweg den falschen Prüfer gehabt – einen gewissen Fenzl, der zu Jähzorn neigte und moderne Ansichten, wie etwa die der Geschlechtlichkeit von Pflanzen, strikt ablehnte.
Schon im Vorjahre hatte sich Gregor im Landhandel unterschiedlichste Sorten Saatgutes beschafft, insgesamt sollen es 22 Sorten gewesen sein, mit unterschiedlichsten Eigenschaften. Größe und Farbe der Körner, der Blüten, sogar der Keimblätter wurden sorgsam notiert. Später im Jahr wird man unseren Gregor mit einem kleinen Pinsel durch den Klostergarten schleichen sehen, und jedes Jahr wiederholt sich das Spiel. Im Winter wird er in der Schreibstube sitzen – und sortieren und sich lange Notizen machen. Neun Jahre später trägt er seine Ergebnisse vor – die anschließend sogar gedruckt werden: um dann vergessen werden. Die Zeit war halt noch nicht reif. erst um die folgende Jahrhunderwende wurden Wissenschaftler auf seine bahnbrechenden Studien wieder aufmerksam. Die Regeln, die unser mährischer Klosterbruder einst aufstellte, gehören heute zum schulischen Bildungskanon  der Biologie.

Aber kommen wir zurück zu unserer Pflanze. Sie ist eine alte Nutzpflanze. Die ersten bäuerlichen Zuwanderer, die vor über 7000 Jahren aus Südosteuropa und Kleinasien zu uns kamen, hatten sie im Gepäck. Sie war nicht nur als menschliche Nahrung wichtig, sondern versorgte auch den Boden mit Nahrung. Und die ist sprichwörtlich aus der Luft gegriffen.

Wir fragen:
Um welche Pflanze handelt es sich?
Was holt sie aus der Luft?
Und wer war der Klosterbruder?

-HW-

Auflösung der letzten Pflanze der Woche („unvergessen in den Farben des Himmels“): Myosotis sylvatica, das „Vergißmeinnicht“

Der bedeutungsschwere Namen der letzten Rätselpflanze war eigentlich unschwer zu erraten. Gesucht war das Vergissmeinnicht. Das bei uns verbreitete Garten-Vergissmeinnicht hat seinen Ursprung im Wald-Vergissmeinnicht (Myosotis sylvatica). Der Volksglauben überliefert, dass die blauen Blüten an die Augen frisch verliebter Menschen erinnern. Deshalb wurden Vergissmeinnichte gern als Liebes- und Treuebeweis verschenkt, meist vom Mann an die Frau.

(Hans Ferenz)

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