Ersatz für Friedhofserde

11. September 2017 | Bild der Woche | 9 Kommentare

 



Lasst uns übergehen vom Heiligen Vater zur Himmelfahrt, bei der unsere neue Wochenpflanze eine Rolle spielt. Auch an den zündelnden Prometheus können wir mit ihr anknüpfen. Gesucht ist eine einheimische Pflanze, die wiederum jeder kennt, da sie auffällig ist. Auffälligkeit könnte bedeuten, dass hier Magie am Werk ist?

Den Nordbayern hat sie verraten, dass ihnen dieser Winter nur wenige Schneeflocken bescheren wird. Ist das Magie? Wenn man sein Haupt auf ihre Blüten und Blätter bettet, soll das vor Albträumen schützen – Magie? Heutzutage verwendet man auch Globuli aus ihrer potenzierten Inhaltskraft gegen Lungen- oder Gemütsbeschwerden – wiederum Magie?

Oder ist die Pflanze einfach nur auffällig schön, auffällig im Wuchs, auffällig farbintensiv, auffällig im Geruch…?

Das Foto der jungen Pflanze zeigt als Auffälligkeit behaarte Blätter. Das findet sich (in ähnlicher Weise) im Namen der Pflanze wieder.

Wir freuen uns auf eure Ideen und Antworten zu:

Wie heißt die gesuchte Pflanze?

Aus welcher Funktion leitet sich ihr deutscher Name ab?

Die Bedeutung der Pflanze für Himmelfahrt und für das Zündeln (des Prometheus)?

Wofür wird der Friedhofserdenersatz verwendet?

(AS)

 

Auflösung der letzten Pflanze: „Prügelei unter Südländern“: Steckenkraut, Riesenfenchel (Ferula communis)

Ferula communis, samentragende, vertrocknete Blütenständ ebei Myrthios, Kreta

Dass sich Besoffene gerne prügeln, ist keine neue Erkenntnis, und keinesfalls auf nord- und mitteleuropäische Kulturkreise (vgl. Polizeinachrichten auf dieser Seite)  beschränkt.  Die mediterranen Völker der Antike kannten selbstverständlich die in alle Richtungen enthemmenden Wirkungen des Weins, etliche frönten in ausufernden Feiern dem Kult des Gottes Dionysos oder Bacchus.  Und spätestens auf dem Rückweg von den ausufernden Sex- und Sauforgien haute man sich ordentlich einen auf die Rübe, wenn man überhaupt noch gehen konnte. Gegen das sonst unweigerlich entstehende Kopfweh war am Mittelmeer jedoch ein Kraut gewachsen: ein mehrere Meter hoch aufschießender Doldenblütler, Ferula communis, der Riesenfenchel oder Steckenkraut genannt. Unser Landman Agricola hatte den richtigen Roecher.

Die mehrjährige Pflanze bildet imposante, auf bis zu drei Meter hohen Stängeln ruhende, gelbe Blütenstände aus, die, wenn sie in Samen übergehen, oberflächlich absterben. Die zurückbleibenden, bizarren  Gebilde  zieren dann die ansonsten oft öde ausgedörrte Landschaft, man kann sie kinderleicht abbrechen, und hat dann wunderbar leichte Prügelgerten in der Hand. Die niemanden wirklich weh tun, denn sie zersplittern in tausend kleine Teile, wenn man sie dem Gegner auf den Kopf hat, andererseits sind sie aber so stabil, dass sie auch dem Betrunkenen als Gehhilfe dienen können.

Und so haben die Bacchianten im Gefolge des Dionysos (Satyren, Mänaden usw) immer einen solchen Ferula-Stängel bei sich gehabt, der den sie auch noch mit einem aufgesteckten Pinienzapfen schmückten, wodurch er auch noch ein gewisses phalloides Aussehen gewann, was dem zumindest zweitwichtigen Interessengebiet der Kulttreibenden Ausdruck verlieh. Den Stab  nannte man Thyrsos und ist ein unverwechselbares Attribut in Skulptur und Malerei, wollte man Dionysos oder seine lustvollen Begleiter, die alten, aber hochpotenten Satyrn oder ihre nuttigen Begleiterinnen, die Mänaden, darstellen.  Ein anderer Ausdruck für die trockenen, hohlen Stängel war „Narthex“. Der Ausdruck war Synonym für „Behälter, Dose“ (Der Begriff ging später auf den Vorbau christlicher Kirchen über). Die hohlen Stücke nutzte man, gestapelt, auch als Bienenbeute. Das leichte, wattige Mark der Stängel ließ sich leicht entzünden und als Zunder gebrauchen. Die Glut zieht sich dann in das Innere des Stängels zurück – und bleibt darin stundenlang erhalten, ohne das die Hülle des Stängels dabei verbrennt. Das war praktisch, denn so konnte man Feuer über lange Strecken aufbewahren und transportieren.

Stundenlang glimmt das Mark des Riesenfenchels.

Auch der schöpferische Prometheus bediente sich daher des Stängels des Riesenfenchels, um den Göttern das Feuer zu stehlen, um es verbotenerweise den Menschen zu bringen. Dass die Menschheit diesen Technologietransfer und die sich damit ergebene neue Energiequelle nicht nur zu zivilen Zwecken gebrauchte, wissen wir ja hinlänglich, und so bleibt nur noch die letzte Frage: was hat der Papst damit zu tun? Sein Insignium ist der alte Thyrsos, allerdings durch Entfernung des Pinienzapfens entmannt, an dessen Stelle nun das aufgesetzte Kreuz tritt. Der Name des Papst-Steckens: Ferula. Prost, heiliger Vater, lass deine Mänaden tanzen !

(HW)

Diese tüchtige Mänade hat den Thyrsos-Stab zum Staubwedel umfunktioniert. Energisch wirft sie die kleine Pantherkatze an den Hammelbeinen aus der Stube, weil sie bei der Hausarbeit nur lästig ist.

 

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