Pflanze der Woche: Ostermontag – 26. April 2025
Unsere geschätzten Leser mögen ich wundern, warum die Beitragsbilder, aber auch der Text- zuweilen so „amerikanisch“ im Stil wirken. Das ist einfach zu erklären, wir folgen da nur einem europäischem Trend: Aus Kostengründen haben wir große Teile der personalintensiven Redaktionsarbeit in die USA verlegt. Viele Menschen sind dort seit der Machtübernahme Donalds Trumps arbeitslos geworden und suchen für billiges Geld Arbeit; zudem steht der Dollarkurs ausgesprochen günstig.
Eine Wochen war Heino jetzt schon krankgeschrieben und fehlte in der Redaktion. Sein Schlüsselbein heilte langsam, der Helm hatte Schlimmeres verhindert. Seit ein paar Tagen durfte er das Krankenhaus verlassen, aber die Redaktion hatte er noch nicht wieder betreten.
Nixi hatte ihn besucht. Einmal, vielleicht ein bisschen zu kurz. Es war nett gewesen, ja – er hatte sich sehr gefreut. Doch sie war vorsichtig gewesen, freundlich-distanziert. Vielleicht wollte sie ihn nicht überfordern. Vielleicht aber auch etwas anderes. Sie hatten nicht darüber gesprochen. Und das machte es nur schwerer.
Also lenkte er sich ab. Mit Lesen. Und mit Botanik. Die Patenbaum-Tafel an der Unfallstelle ließ ihn nicht los. Der Baum des Jahres – diese verdammte Roteiche. Nixi würde die Auflösung schreiben, er sah sich dazu nicht in der Lage. Auch das neue Rätsel müsste wohl sie übernehmen.
Aber auf sie war Verlass. Unweit der Unfallstelle auf der Aueninsel, zwischen den Flussarmen, hatte sie bereits zu recherchieren begonnen. Am Saaleufer, in einer kleinen Senke voll üppigem Frühjahrsgrün, fand sie gleich mehrere Exemplare. Die jungen Blätter: noch kaum zu erkennen, welche Form sie einmal annehmen würden. Ein wenig ahornartig – aber nicht ganz. Die frischen Triebe: grünlich und weich. Und jetzt, Mitte April, zeigten sich die ersten Blüten.
Zart waren sie, in dieser Jahreszeit noch ganz frisch: rosarote Quasten, filigran wie aus Seide – das mussten die männlichen Blüten sein. An einem anderen Baum derselben Art hingen grünliche Gebilde herab, lang und weich, fast wie winzige Grashalme im Wind – eindeutig die weiblichen Blütenstände.
„Zweihäusig“, murmelte Nixi. „Getrenntgeschlechtlich.“ Sie tippte auf ihrem Tablet, verglich Fotos, prüfte Fundorte. „Die einen hier, die anderen dort. Und nie beide auf demselben Baum.“
Sie dachte an Heino. Ihr Besuch bei ihm war ein wenig seltsam gewesen. Er hatte sich gefreut, keine Frage. Aber da war diese Mischung aus Hoffnung und Resignation gewesen – wie bei jemandem, der sich längst sicher ist: Das wird nichts mehr. Kein zartes rosarotes Blühen auf der anderen Seite, sondern nur stilles, zurückhaltendes Grün.
Sie lächelte wehmütig. „Bei den Bäumen ist es oft andersrum als bei uns Menschen“, sagte sie leise. „Da sind die Jungs die farbenfrohen.“ Und dann, leiser: „Und am Ende tragen doch die Weibchen die Last.“
Irgendwann im Herbst würden einige der weiblichen Bäume kleine Propellerfrüchte ausbilden – zarte, geflügelte Samen, die bei Wind zu tanzen begannen. Doch nur, wenn Männliches und Weibliches sich irgendwie begegnet waren.
Sie schüttelte den Kopf. „Nein, Nixi“, murmelte sie. „Das meinst du jetzt nicht gesellschaftskritisch.“
Beim Weitergehen fiel ihr ein, was sie im vergangenen Jahr gelesen hatte. Dass sich diese Baumart in Auenlandschaften nur allzu wohl fühlt. Und allzu schnell. Dass sie heimische Arten verdrängen könne, dass ihre Wurzeln Ufer unterhöhlen. In manchen Bereichen hatte sie schon Weiden und Erlen den Rang abgelaufen. Manche Ökologen sprachen von einer kleinen grünen Invasion.
Vielleicht wäre das ein guter Aufhänger für die neue „Pflanze der Woche“. Heino hatte immer betont, dass die Leserinnen und Leser am meisten Freude daran hätten, wenn sie mitraten dürften. Und diesmal wäre es nicht ganz leicht.
Fragen an unsere Leserinnen und Leser:
- Um welchen Baum handelt es sich?
- Was bedeutet es, dass er „zweihäusig“ ist?
- Warum ist er in Auenlandschaften umstritten?
- Welche Funktion erfüllen die weiß gestrichenen Stämme?
- In welchem Land hat dieser Baum seine Heimat?
Auflösung der letzten Folge (Voll vor den Baum): Roteiche (Quercus rubra)
Elfriede hatte den Baum gefunden, um den es ging: gesucht war die Roteiche (Quercus rubra). Dieser Baum ist „Baum des Jahres 2025“ und zeigt im Herbst eine besonders eindrucksvolle rote Färbung der Blätter. Den Vogel abgeschossen hat dann Nhu Deng, denn der war nicht etwa eine ordinäre Ringeltaube, sondern die 2014 ausgerottete Wandertaube.
Zu den weiteren Fragen:
- Warum sind die Stämme weiß gestrichen?
Die weißen Stämme schützen den Baum vor Sonnenbrand und Spannungsrissen, die besonders in den ersten Jahren auftreten können, wenn die Rinde noch nicht vollständig resistent ist. - Warum ist die Roteiche als Baum des Jahres umstritten?
Auch wenn die Roteiche aufgrund ihrer robusten Natur und der schönen Herbstfärbung geschätzt wird, gibt es auch Kritik an ihrer Verbreitung, insbesondere in städtischen Gebieten und Auenlandschaften, wo sie heimische Arten verdrängen kann.



Paris,L. Haussmann,1812-13.
http://biodiversitylibrary.org/page/27130133


Weitere „Pflanzen der Woche“ findet Ihr in unserem Archiv – alle, seit 2016
One comment on “Blühende Enttäuschungen”
– Eschen-Ahorn (Acer negundo)
– männliche und weibliche Blüten sind auf getrennten Individuen
– invasiver Neophyt
-weiße Farbe reflektiert die Sonne und der Baum kann sich besser auf die Temperaturschwankungen einstellen
– östliches Nordamerika