Angewidert und gleichsam erschrocken riss Elfriede ihre Hand wieder aus dem dunklen Inneren ihres Lieblingsstrauchs heraus, ein Schrei des Entsetzens folgte. Es war aber auch nicht schön, was sie sah: die Zweige unter dem Laub der Vorgartenzierde waren mit Flecken wolligen „Schimmels“ überzogen, und wenn Elfriede die Brille aufsetzte, sah sie, dass sich da etwas ganz leise bewegte. Sogar an den Blattunterseiten klebten diese Wimmelschimmelflecken. Aber diese Pflanze hatte ihr ohnehin schon mehr Kummer als Freude bereitet.
Erworben hatte sie das Gewächs im Baumarkt, weil sie begeistert war von der wundervollen, blauen Blütenpracht: ihre Lieblingsfarbe. „Doch, die können Sie sehr gut nach draußen pflanzen“ hatte ihr der grünbekittelte „Fachberater“ auch noch versichert, „auch bei unseren Wintern, gar kein Problem“. Da allerdings verlor die Pflanze alle Blätter, und erst im späten Frühjahr, als unsere Gärtnerin die braunen kläglichen Reste des verblieben Gestrüpps rausreißen wollte, hatte sie spärliche junge Austriebe entdeckt, worauf sie der Blume eine Gnadenfrist gewährte. Die dankte ihr das Gewächs tatsächlich alsbald mit kräftigen Knospen, sich darauf im Juli sich zu ansehnlichen Blütenbäuschen entfalteten. Doch Elfriede blieb enttäuscht: statt des leuchtenden Blaus war ihr nur ein schmutziges Rosa beschert.
Elfriede verfluchte den Grünkittel von Baumarkt und wünschte ihm persönlich all das schmierig-weiße Gewolle an den Hals. Statt des armen Verkäufers erschien ihr Nachbar Mohammed Al Umen. „Dagegen hab ich doch was, Habibi“, murmelte er, füllte eine Gartenspritze mit etwas Wasser, gab etwas „Fit“ und noch eine Flüssigkeit hinzu, schüttelte und dieselte den kümmerlichen Strauch von oben bis unten ein. Widerlicher Gestank nach Petroleum und Kerosin breitete sich aus, und wenn sich der kranke Busch nun in einem Feuerball aufgelöst hätte, wäre es Prinzessin Al Frieda auch recht gewesen.
„Blau willst Du die Blumen haben ?“ fragte Prinz Al Umen, fischte einen faustgroßen, glasklaren Kristall aus der Tasche, steckte ihn neben die unversehrt gebliebene Pflanze, verschwand und ließ die verdatterte Prinzessin stehen.
Keine Woche verging: bis auf wenige Reste war Friedas Pflanze von dem weißen Schimmelzeugs befreit, und neue Knospen entfalteten sich: in strahlenden Himmelblau.
Und Ihr bezaubernden Pflanzenkenner wisst sicher die Antwort auf unsere wöchentlichen Fragen, die da lauten:
Wie heißt unsere Pflanze?
Was war das für ein Schimmelzeug?
Was war in Nachbars Zauberflasche?
Was mag das für ein Wunderkristall gewesen sein?
In Marokko verkauft man diese Kristalle in den Basaren – aber beim Barte des Propheten: nicht für den Garten. Wofür dann?
Woher der wundersame Farbwechsel?
(HW)
Auflösung der letzten Pflanze der Woche („Einst als Butterfarbe und Kapernersatz geschätzt„): Sumpfdotterblume, Caltha palustris
Gesucht war die Sumpfdotterblume Caltha palustris. Den deutschen Namen erhielt die Pflanze wegen ihres Vorkommens an feuchten Standorten. Der Gattungsname „Caltha“ ist nicht ganz geklärt, wahrscheinlich bedeutet er im Altgriechischen „Korb“ oder „Schale“ und bezieht sich damit auf die schalenförmigen Blüten der Pflanze. Der Artname „palustris“ lat.: palus = Sumpf weist auf ihr Vorkommen an feuchten Standorten hin. Im Volksmund ist diese mehrjährige Pflanze auch unter der Bezeichnung „Butterblume“ bekannt.


(Hans Ferenz)
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4 comments on “Blaues Wunder mit Zauberei und Chemie”
Ausser das man Mehltau mit Fit und Natron bearbeitet, keinen Plan.
Aber andere werden es besser wissen.
Nachtrag, Rittersporn ist sehr empfindlich gegenüber Mehltau, also bei so einem kaltem feuchten Frühjahr VORHER sprühen.
Besser noch eine 0.1%-ige Kupferlösung.
2 Wochen behandeln bei Befall, dann sollten sich die Pflanzen erholen. Übrigens ist Salbei auch empfindlich gegenüber Mehltau.
Mehltau (Pilze) bewegt sich aber nicht – da scheinen eher Tierchen am Werk zu sein. Ob der merkwürdige Kristall zu der Pflanze führen könnte?
Frieda wollte keinen Rittersporn, der wird vor dem Haus zu schnell unansehnlich. Sie wollte eine blau blühende Hortensie und die werden schnell von Schmierläusen befallen. Angeblich sollen die Tierchen ein häufiges Bad mit Wasser, Schmierseife und Paraffinöl nicht mögen. Den magischen Stein kenne ich nicht und habe auch aus Marokko keine Erinnerung daran. Wenn die Pflanze alkalisch gehalten wird (gedüngt), dann bleibt auch die herrliche Farbe erhalten. Der Stein sollte also ein mineralischer, alkalischer Dünger sein. Keinesfalls unser beliebtes Blaukorn. Jetzt fällt mir ein, unsere Väter benutzten diesen Stein, um nach der Rasur das Blut zu stillen, wenn sie sich geschnitten hatten, den sogenannten Alaunstein. Und dafür wird es sicher auch in Marokko benutzt.