Beere mit Hut

17. August 2020 | Bild der Woche | 3 Kommentare

Die orange-gelben Früchte der südamerikanischen Pflanze kennt man hierzulande schon länger. Sie wird aber in unseren Breitengraden wegen ihrer Frostempfindlichkeit noch nicht oft kultiviert. Ideale Bedingungen findet die wärmebedürftige Pflanze im milden Weinbauklima beispielsweise des Oberen Rheintals. Wie sich auch jetzt beobachten ließ, ist ihr Wasserbedarf nicht unerheblich. Frühe Nachtfröste raffen sie leicht dahin. Ihre Heimat sind die Bergregionen in Mittel- und Südamerika. Von dort brachten Seefahrer während der Kolonialzeit die tomatenähnliche Beerenfrucht über den Seeweg nach Südafrika zum Kap der Guten Hoffnung, wo sie weiter kultiviert wurde und exportiert wird.

Interessant ist die Fruchtbildung: Nach der Befruchtung der Blüte werden zunächst die Kronblätter abgeworfen. Anschließend vergrößern sich die fünf Kelchblätter mit zunehmender Fruchtreife, so dass sie sich fast schließen und einen laternenförmigen Kelch um die sich entwickelnde Beere bilden. Bei Reife verfärbt sich diese Hülle gelblich bis kräftig orange. Die vergrößerten Kelchblätter haben eine Länge von 6 bis 15 mm (4–25 mm). Die Beere selbst ist kugelig bis leicht abgeplattet. Je nach Art sind die reifen Früchte grün bis gelb oder mandarinfarben, teilweise sind sie auch rot oder violett überzogen. Sie beinhalten eine große Anzahl an kleinen, linsenförmigen, hell gelb-braunen Samen.

Ihr leicht säuerlicher Geschmack erinnert an den der Stachelbeere. Die Pflanze gehört wie Kartoffeln oder Tomaten zu den Nachtschattengewächsen (Solanaceae). In den Blättern und Wurzeln befinden sich giftige Alkaloide. Sie wird zwischen einem und manchmal gar zwei Meter hoch. Ihre Blätter sind herzförmig und wie ihre Stängel samtweich und leicht behaart. Ihre Blüten sind gelb mit schwarzen Flecken. Aus ihnen bilden sich acht bis neun Wochen nach der Blüte die dekorativen zunächst grünen Laternen, die dann bis zur Erntezeit orange bis hellbraun werden. Die Früchte werden auch als Kirschen bezeichnet. Die Form des die Frucht umhüllenden Lampions (des Blütenkelchs) erinnert an Hüte der Juden, die in ihrer Form und Farbe nach diversen Kleiderordnungen für Juden vorgeschrieben waren. Üblich waren diese Hüte seit dem Frühmittelalter. In dem bei uns gebräuchlichem Namen steckt das griechischen physa („Blase“). Der könnte in Verbindung stehen mit ihrem Einsatz als Medizin gegen Harnwegserkrankungen, über den sowohl in europäischen Kräuterbüchern als auch von amerikanischen Kulturen berichtet wird. Die als Obst verkauften Beeren enthalten viel Vitamin C und noch eine Reihe weiterer nützlicher Stoffe. Bei den selbstgezogenen dekorativen Formen ist  jedoch Vorsicht  angebracht, da auch die Beeren das giftige Alkaloid Solanin enthalten können.

Wie heißt die Pflanze?

(H.J. Ferenz)

Auflösung der letzten Pflanze der Woche („Verwirrende Buntheit“): Die Wunderblume, Mirabilis Jalapa.

Rati hatte es herausgefunden: wir suchten nach der Wunderblume, Mirabilis jalapa. die Pflanze stammt aus dem tropischen Südamerika, kann aber auch bei uns gehalten werden. Entweder, man sät sie immer wieder neu im April aus, oder gräbt ihre Wurzeln im Herbst aus, und überwintert sie wie Dahlienknollen frostfrei im Keller. Das spannende an ihnen sind die Blüten, besonders wenn die Pflanzen mischerbig sind. In der art kommen Gene für drei reinerbige Blütenfarben: weiß, magenta und gelb. Und die werden nicht rezessiv oder dominant, sondern kodominant vererbt. Das bedeutet, in den „Bastarden“ setzt sich jedes Gen durch, und zwar an unterschiedlichen Orten. Welcher Mechanismus (oder ist es  Zufall?) bestimmt, an welcher Stelle sich welches Gen dann durchsetzt (oder beide), wollten wir wissen. Eine Antwort haben wir nicht bekommen. Der Autor weiß es auch nicht. Schade eigentlich.

Und so können wir halt nur staunen, wie die eine Blüte in Magenta erscheint, die andere gelb, ziegelrote Mischfarben entwickelt oder gescheckt auftritt.

(HW)

Noch mehr Pflanzen der Woche gibt es hier im Archiv.

Archiv: alle „Pflanzen der Woche“ von 2016-2020

 

 

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