Auffälliger Schmarotzer

3. Oktober 2022 | Bild der Woche | Ein Kommentar

Sieht passabel aus und tut Wildbienen und Hummeln gut, das zu erratende, in Europa verbreitete Sommerwurzgewächs. Besonders wertgeschätzt wird die Pflanze wohl nur von einem in Ackerfluren nicht mehr häufigen Vogel, der zur Namensgebung der Pflanze beigetragen hat. Um die 30 cm hoch wird die krautige grüne Pflanze. Der ährige, rot-violette Blütenstand ist recht auffällig. Die farbigen Hochblätter gehören eigentlich nicht zur Blüte. Sie sondern Nektar ab.

Im nördlichen Deutschland ist die Pflanze eher selten vertreten. Sie bevorzugt kalkhaltige, trockene Ackerflächen in Süddeutschland. Durch die intensivierten Anbautechniken ist das Vorkommen der wärmebedürftigen Blütenpflanze rückläufig. Traditionelle, herbizid- und düngerfreie Bewirtschaftung fördern ihr Vorkommen.

Sie ist ein Halbschmarotzer auf Getreide und verschiedene Gräserarten. Der Wirtspflanze entzieht sie über Saugorgane Wasser und Nährsalze. Da sie Chlorophyll enthält, ist sie zur eigenständigen Photosynthese befähigt. 

Die Pflanze war früher ein verbreitetes Ackerunkraut und kontaminierte das Brotgetreide. Sie enthält insbesondere in den Samen den sekundären Pflanzeninhaltsstoff Aucubin zur Abwehr von Fraßfeinden. Die Mengen sind zwar gering, verursachen aber einen bitteren Geschmack. Die Samen sehen aus wie Ameisenpuppen und riechen vermutlich auch wie diese. Ameisen transportieren die Samen deshalb oft in ihr Nest, wo sie dann keimen können.

Wer kennt diesen Halbparasiten?

(Hans Ferenz)

Auflösung der letzten Pflanze der Woche („KO-Tropfen im Sterni“): Schwarzes Bilsenkraut, Hyoscamus niger

NhuDheng lag richtig: die gesuchte Pflanze war das schwarze Bilsenkraut. Vor Erlass des Reinheitsgebotes (Eigentlich Bayrische Landesordnung) von 1516 („Wir wöllen auch sonnderlichen / das füran allenthalben in unsern Stetten / Märckthen / unnd auf dem Lannde / zu kainem Pier / merer Stuckh / dann allain Gersten / Hopffen / und Wasser / genomen unnd gepraucht sölle werden„) war es üblich, verschiedenste weitere Zutaten dem Bier hinzu zu fügen. Neben Gewürzen war dies oft Bilsenkraut. Mit seinem Gehalt Hyoscyamin/Atropin und Scopolamin wirkt dies – je nach Menge-  beruhigend, berauschend, narkotisierend bis hin zu tödlich. Es half offenbar, die Wirkung der oft alkoholarmen Biere „aufzupeppen“. Scopolamin ist heute oft noch Bestandteil der  „KO-Tropfen“ , wie sie nicht nur die lateinamerikanische Kriminellenszene verwendet („Burundanga“). Das Zeug hatte es sogar schon bis zu einem der berühmten „Münster-Tatorte“ geschafft. Heute noch gibt es Drogenexperimentatoren (selbst nennen sie sich gerne „Ethno-Pharmakologen“ oder „Psychonauten“), die es nicht lassen können.

So empfahl der kürzlich verstorbene Papst unter den Ethnobotanikern, Christian Rätsch, in seiner „Enzyklopädie der psychoaktiven Pflanzen, 1997) die Verwendung von 40 g getrocknetem Bilsenkraut auf 23 Liter Bier. Das erscheint recht mutig und nicht zur Nachahmung zu empfehlen. Für Kinder sollen schon 15 Stück der etwa mohnsamengroßen Samen tödlich giftig sein.

 

Dann hatten wir noch nach dem „Stern“ gefragt. NhuDheng hatte recht: es ist ein so genannter Brauerei-Stern.

Der sechszackige Stern,aus zwei ineinandergesteckten gleichseitigen Dreiecken gebildet, symbolisiert die drei am Brauen beteiligten Elemente Feuer, Wasser und Luft und andererseits die -allerdings erst im späten Mittelalter ausschließlich üblichen – Zutaten Wasser, Malz und Hopfen.
Bis heute verwenden viele Brauereien den Stzern im Logo oder auch im Namen („Sternburger“)

(HW)

Noch viel mehr Pflanzen findet Ihr in unserem Archiv. Seit 2016 jede Woche ein neues Gewächs im unserem  virtuellen Hallischen Kleingarten.

 

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