An den Blüten sollt Ihr sie erkennen

18. Juni 2018 | Bild der Woche | 5 Kommentare

..so lautet vielleicht eine Grundregel der Botanik – zumindest suggerieren das diverse Bestimmungsschlüssel. In der Schrift steht etwas anderes …

Silvia, die vor einigen Monaten zugezogene Nachbarin von Georg Bauer hatte ihm eine Pflanzengeschichte erzählt, die in der Nacherzählung der interessierten Leserschaft des Hallespektrums nicht vorenthalten werden soll:

Im zeitigen Frühjahr hatte sie das zu ihrer Wohnung gehörende Vorgartenbeet von den abgestorbenen Resten der Vorjahresbepflanzung „befreit“. Dabei waren ihr die trockenen Reste einer durchaus stattlichen Pflanzen (50-60 cm hoch) aufgefallen, deren Samenkapseln/Hülsen/Schoten – was auch immer – sie irgendwie an kleine speziell geformte Gewürzpaprikaschoten erinnerten. Sie sagte, dass ein Glasbläser von „spitz ausgezogen“ sprechen würde. Unter dem Motto „was dort schon mal so kräftig gewachsen ist, hat sicher einen guten Standort“, hatte sie einige der Samen in Kultur genommen. Während des Wachstums hatte sich die Pflanze ihr nicht zu erkennen gegeben. Erst kurz vor der Blüte tauchten (außerhalb unseres Bildbereiches) merkwürdiger Weise bei einigen der Pflanze äußerst verräterische Merkmale auf.

Zusammen mit den Blüten wurde dann alles ziemlich eindeutig, aber für die eigentlich übliche Nutzung der Pflanze war es zu spät. Offen blieb für Silvia die Frage, wieso die Pflanze auf einem Blumenbeet gewachsen war. Hoffnung (auf wunderschöne Blumen) und Mühe (mehrere Umsetzungen in immer größere Töpfe, schließlich das Auspflanzen nach den Eisheiligen und fleißiges Gießen), die sie sich gemacht hatte, trieben ihr am Ende ihrer Erzählung ein Lächeln ins Gesicht.

Vielleicht hätte hier ein erfolgreiches „an den Früchten sollt Ihr sie erkennen“ weitergeholfen.

Wer wagt eine Prognose? Wer wäre mit Sicherheit nicht „hereingefallen“?

(F.H.)

Auflösung der letzten Wochenpflanze (Valerie im Glück): Valeriana officinalis, Baldrian

Agricola, unser Ratefuchs, kam natürlich drauf. Natürlich ist Valerie eine Katze. Und die Rausch- und lustbringenden Wurzeln gehörten zu Valeriana officinalis, dem Baldrian. Aber einige Fragen waren wohl zu schwer. Die z.B. nach dem Innenminister. Bullerjan ist einer der vielen volkstümlichen Bezeichnungen dieser bis heute beleibten, und oft auch magisch verehrten Heilpflanze. Der niederdeutsche Name dieser Pflanze soll sich vom germanischen Gott Baldur herleiten, und davon stammt auch der Name Valeriana ab, so sagen jedenfalls einige Pflanzenetymologen.Die Pflanze ist in Mitteleuropa heimisch, und wächst hier vorwiegend in halbschattigen, warmfeuchten Lagen, gerne am Rand von Laubwäldern.  Die Staude wird  bis zu 2 Metern hoch, und ist im Jinu gut an den rosaweisßen, schirmartigen Blütenständen zu erkennen. Die gefierderten Blätter, die etwas an Holunder erinnern, sitzen sich – geöhnlich – gegenständig gegenüber. Der Autor hat jedoch auch eine merkwürdige Varianten entdeckt: in seiner Varianten stehen sioch drei Blattpaare in Wirteln gegenüber). Baldrian gehört – welche Überraschung – zur Gattung der Baldriane, und diese wiederum zur Unterfamilie der Baldriangewächse (Valerianoideae).  Zur ihr gehört eine Vielzahl von Nutzpflanzen, beispielsweise auch der Feldsalat, die Duftpflanze Speik oder auch die legendäre indische Narde.

Als Duftpflanze würde man Baldrian landläufig kaum bezeichnen. Reißt man ihre Wurzeln aus, entfaltet sich kurz darauf eine penetranter Duft, der an Kater-Urin und Schweiß erinnert. Was da so stinkt, ist Iso-Valeriansäure, eine krurzkettige organische Säure. Sie wiederum ist das Zersetzungsprodukt der so genannten Valpotriate. Diese hat man lange Zeit für die medizinische Wirkug des Baldrians verantwortlich gemacht, wohl zu Unrecht. Die Suche nach dem Stoff, der die kaum bestrittene Wirkung dieser seit tausenden von Jahren genutzten Heilpflanze verursacht, gestaltet sich wohl als schwierig, denn diese Pflanze ist so unübersichtlich wie ein explodiertes Chemielabor.

Name Struktur R1 R2 R3 PubChem
Valtrat Valepotriate.svg Acetyl Isovaleryl Isovaleryl 442436
Isovaltrat Isovaleryl Acetyl Isovaleryl 92275
Dihydrovaltrat Dihydrovalepotriate.svg Isovaleryl Acetyl Isovaleryl 65689
Homodihydrovaltrat Isovaleryl Acetyl 3-Methylvaleryl

(Tabelle: Valpotriate)

 

Baldrian wird schon seit der Antike als Heilpflanze verwendet, in der Neuzeit hat sich ihr Anwendungsspektrum in Form des Tees aus getrockneten Wurzeln als Einschlaf- und Beruhigungsmittel konzentriert, gelegentich werden auch alkoholische Auszübe (Baldriantinktur) verwendet. Während die sedierende Wirkung und auch antidepressive Wirkung kaum umstritten ist, weiß man bis heuite nicht, welchem Wirkstoff sie zuzuordnen ist. Lange zeit galten die Valepotriate als entscheidender Wirkstoff, das wird in der Fachwelt zunehemend bestritten. In den Fokus sind stattdessen eine Reihe von Sesquiterpenen gekommen, die ebenfalls in der Pflanze enthalten sind, sowie jüngst die Flavonderivate 6–Methylapigenin und Biapigenin. Sie haben jedenfalls  eine Affinität zum  GABA-Rezeptor (Ein Neurorezeptor, an den z.B. auch „Liquid Exstasy“, Gamma-hydroxybuttersäure) bindet).

Ja, das macht die Katze froh:

Actinidin

Auf unsere vierbeinigen feliden Freunde, sprich die Hauskatzen, wirkt Baldrian jedoch alles andere als beruhigend. Der Geruch versetzt sie in kurzzeitige Rauschzustände. Actinidin ist der Stoff, der Katzen glücklich macht. Er ist nicht nur in Baldrianwurzeln, sondern auch in Katzenminze enthalten, und wirkt auf so manchen Vierbeiner derart stimulierend, dass sie sich kurzzeitig geradezu vergessen, und sich lustvoll auf dem Boden wälzen, wenn sie den Geruch wahrnehmen.

(HW)

 

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