Von der Nordsee bis ins Erzgebirge zieht sich ein unsichtbares Band durch die deutsche Geschichte: der Name Sachsen. Er verbindet Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Sachsen nicht nur geografisch, sondern auch historisch und kulturell. Einst Stammesherzogtum, dann Kurfürstentum und schließlich moderner Territorialstaat – Sachsen war über die Jahrhunderte hinweg ein Name mit vielen Gesichtern.
Die jüngste wissenschaftliche Tagung, die vom 29. Juni bis 1. Juli 2023 in Magdeburg stattfand, nahm sich dieser facettenreichen Entwicklung an. Anlass war die 600. Wiederkehr der Verleihung der sächsischen Kurwürde an Markgraf Friedrich IV. von Meißen im Jahr 1423. Initiiert von den Historischen Kommissionen für Niedersachsen und Bremen, Sachsen-Anhalt sowie der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig, bot das Symposium tiefgehende Einblicke in die politische, räumliche und kulturelle Bedeutung des Namens Sachsen.
Eine Frage der Identität
Die Tagungsergebnisse sind nun in einem umfassenden, reich illustrierten Band veröffentlicht worden. 22 Autorinnen und Autoren widmen sich darin der zentralen Frage: Wer bezeichnete was wann als Sachsen? Die Spur dieses Namens zieht sich durch Jahrhunderte und offenbart die Dynamik politischer Machtverhältnisse. Während einst periphere Regionen ins Zentrum rückten, verschoben sich die politischen Gewichte – und mit ihnen die Bedeutung des Namens Sachsen.
Für Sachsen-Anhalt ergibt sich daraus eine besondere Herausforderung: Die Landesidentität ist eng mit dem sächsischen Erbe verwoben. Doch während der Name Niedersachsen fest mit dem nördlichen Erbe der Sachsen verbunden ist und der Freistaat Sachsen sich als Träger sächsischer Traditionen versteht, wird Sachsen-Anhalt oft übersehen. Dabei gehört Sachsen seit den Ottonen zur Kernidentität des Landes. Der Namenszusatz „Anhalt“ reicht nicht aus, um die historische Dimension des sächsischen Erbes in der Region angemessen zu transportieren.
Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft des Namens Sachsen
Die Frage nach der Bedeutung des Namens Sachsen ist keine rein akademische Debatte. Vielmehr geht es um ein gemeinsames historisches Erbe, das über Landesgrenzen hinweg verstanden werden muss. Ob als „Alt-Sachsen“ oder – wie 1946 diskutiert – als „Mittelsachsen“, der Name Sachsen bleibt ein wesentlicher Bestandteil der regionalen Identität. Dies macht es umso wichtiger, die historischen Dimensionen wissenschaftlich zu erforschen und einem breiten Publikum zugänglich zu machen.
Der nun veröffentlichte Band in der Reihe der „Quellen und Forschungen zur Geschichte Sachsen-Anhalts“ (Bd. 29) leistet dazu einen wertvollen Beitrag. Auf 696 Seiten beleuchten die Herausgeber Enno Bünz, Henning Steinführer und Christoph Volkmar die Karriere eines Raumbegriffs vom Mittelalter bis in die Frühe Neuzeit. Das Buch, erschienen im Mitteldeutschen Verlag, bietet nicht nur eine tiefgehende historische Analyse, sondern ist auch reich bebildert, was die facettenreiche Geschichte lebendig werden lässt. Es richtet sich an Fachleute und historisch Interessierte gleichermaßen und zeigt eindrucksvoll, wie politischer Wandel und Namensgebung Hand in Hand gehen.
Die Drucklegung wurde unter anderem durch die Dietrich-Moderhack-Stiftung, die Sparkasse Magdeburg und das Land Niedersachsen unterstützt. Der Band ist für 80,- € im Buchhandel oder direkt beim Mitteldeutschen Verlag erhältlich (vertrieb@mitteldeutscherverlag.de; Tel.: 0345 2332216).

Der Name Sachsen.
Annäherung an ein gemeinsames Erbe
Quellen und Forschungen zur Geschichte Sachsen-Anhalts
Bd. 29 (zugleich Sonderband der Veröffentlichungen der
Historischen Kommission für Niedersachsen und Bremen)
Herausgegeben von Enno Bünz, Henning Steinführer und
Christoph Volkmar
696 S., geb., 155 × 230 mm
ISBN 978-3-96311-998-9
Preis: 80,- €
2 comments on “Wo liegt Sachsen wirklich? Was Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Sachsen verbindet”
Der Name setzt sich auch auf der anderen Seite der Nordsee fort, in Essex, Wessex, Middlesex und Sussex.
Nun, ich denke, darauf bezieht sich ja das Titelbild. „Angelsachsen“.
Aber im Ernst: Da liegst Du richtig: https://de.wikipedia.org/wiki/Königreich_Wessex
Und dass die erste „First Lady“ Deutschlands, jene Editha aus Wessex Gattin Otto (I) sich in Magdeburg nicht unwohl gefühlt haben dürfte, könnte auch daran gelegen haben, dass man dort auch ihre Sprache,annähernd zumindest, verstand (nein, natürlich haben die am Hofe nicht gesächselt ). Latein war natürlich Lingua Franca, aber auf dem Fischmarkt in Magdedorf sicher nicht.