Die Vollversammlung der Industrie- und Handelskammer (IHK) Halle-Dessau hat sich am Mittwoch in Halle intensiv mit der aktuellen Wirtschaftslage in Sachsen-Anhalt auseinandergesetzt. Während es in den ersten hundert Tagen der neuen Bundesregierung Fortschritte bei der Umsetzung des Sofortprogramms gegeben habe, zeige sich ein nachhaltiger Impuls für die regionalen Unternehmen bislang nur schwach.
„Die konjunkturelle Lage bei unseren Unternehmen zeigt zwar eine leichte Aufhellung – das klingt gut. Doch dies beruht weniger auf realen wirtschaftlichen Verbesserungen, sondern vielmehr auf der Hoffnung auf eine neue Politik, die sich langsam verflüchtigt“, erläuterte IHK-Präsident Sascha Gläßer.
Energiekosten und Deindustrialisierung als große Sorgen
Besonders kritisch bewertete die Kammer die hohen Energiekosten, die trotz einzelner Entlastungen, wie der Senkung der Stromsteuer und der Abschaffung der Gasspeicherumlage, weiterhin die internationale Wettbewerbsfähigkeit gefährden. Das sogenannte Energiewendebarometer zeige einen alarmierenden Trend: Unternehmen reduzieren die Produktion, denken über Standortverlagerungen nach oder setzen diese bereits um. Gläßer sprach von einem „besorgniserregenden Trend der Deindustrialisierung“, der die regionale Wirtschaft auf Dauer schwächen könnte.
Fachkräfte sichern durch direkte Begegnungen
Ein zentrales Thema der Versammlung war die Fachkräftesicherung. Trotz hoher Ausbildungsbereitschaft blieben viele Lehrstellen unbesetzt. Die IHK setzt daher auf direkte Begegnungen zwischen Jugendlichen und Unternehmen. Mit der Initiative „BlickPunkt Unternehmen“ können Schülerinnen und Schüler den Arbeitsalltag in Betrieben kennenlernen. Ergänzend bringt das Format „Unternehmer machen Schule“ Unternehmerinnen und Unternehmer direkt ins Klassenzimmer. Über 1.500 Jugendliche haben bereits Einblicke in die Praxis erhalten.
IHK-Präsident Gläßer hob hervor: „Wenn Unternehmerinnen und Unternehmer mit jungen Leuten ins Gespräch kommen, entstehen Begeisterung und Interesse fast von selbst. Hemmschwellen fallen und Neugier wächst.“ Außerdem erfreue die IHK die wachsende Resonanz beim Wettbewerb „Top-Ausbildungsbetrieb“, bei dem noch nie so viele Unternehmen teilgenommen hätten – ein deutliches Zeichen für die Stärke der regionalen Ausbildungslandschaft.
Abschließend betonte Gläßer: „Es gibt Fortschritte und Lichtblicke. Wir dürfen das Positive nicht kleinreden – aber wir müssen die Hindernisse auch klar benennen. Nur wenn wir beides sehen, können wir die richtigen Konsequenzen ziehen.“
Die IHK Halle-Dessau vertritt rund 52.000 Unternehmen im südlichen Sachsen-Anhalt, die über 400.000 Arbeitsplätze sichern und mit einem jährlichen Wertschöpfungsbeitrag von etwa 30 Milliarden Euro maßgeblich die Wirtschaftskraft der Region bestimmen.