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Wiederkehr der biblischen Plagen?

Lange machten die Heuschrecken keine Schlagzeilen mehr, glaubte man doch, dass riesige Schwärme wie zu biblischen Zeiten nicht mehr möglich sind. 2004 gab es in Afrika die letzten größeren Plagen. Aber die Ruhe vor Heuschreckenkatastrophen war trügerisch. Wanderheuschrecken wie die Wüstenheuschrecken, sind zählebige Opportunisten, die entbehrungsreiche Zeiten sehr vereinzelt (solitär), fast wie ausgestorben überleben. Günstige Umweltbedingungen mit ausreichendem Regen lassen jedoch viele Tiere überleben, die sich erfolgreich fortpflanzen und explosionsartig zu riesigen Hüpfertrupps zusammenrotten. Jedes Weibchen legt ca. 80 Eier, die jetzt dank guter Klimabedingungen fast verlustfrei heranwachsen, aus denen ca. 40 neue fortpflanzungsbereite Weibchen in wenigen Wochen werden und so die Heuschreckenpopulationen rasch heranwachsen lassen. Werden sie entdeckt, ist es oft schon zu spät, denn die erwachsenen (gregären) Tiere bilden mobile Schwärme. Die entziehen sich leicht Bekämpfungsmaßnahmen. Auf ihrem Wanderweg richten sie dann großen Schaden an, denn jede erwachsene Heuschrecke frisst so viel Grünzeug wie sie wiegt, nämlich ca. 2 Gramm. Kein Wunder, dass Millionen von hungrigen Tieren zählende Schwärme in Nullkommanichts ganze Landstriche kahlfressen. In den von Heuschrecken betroffenen Gebieten wirtschaftet die bäuerliche Bevölkerung für den eigenen Lebensunterhalt und ihr drohen bei Verlust der Ernte Hungersnöte.

Wüstenheuschrecke bei der Eiablage

Die aktuellen Probleme in Pakistan und auf der östlichen arabischen Halbinsel sowie Äthiopien werden offenbar durch in größeren Abständen wiederkehrende Klimabedingungen befördert. Die globale Klimaveränderung verstärkt diese Effekte. Während extreme Trockenheit verheerende Buschfeuer in Australien auslöst, verursacht diese klimatische Veränderung anderswo Regenfälle. Die Wüstenheuschrecken nutzen diese günstigen Bedingungen umgehend. Synchron reifen verstreute Populationen, Massenvermehrung geschieht ungebremst. Im Schwarm finden sich leichter Sexualpartner und ist der Schutz vor Fressfeinden besser. Zudem schmecken die Heuschrecken nicht besonders, was sie durch ihre auffällige gelb-schwarze Färbung signalisieren. Wind und optische Signale lassen die gefräßigen Insekten quasi im Gleichschritt als Schwarm in die gleiche Richtung wandern.
Früherkennung der Probleme durch Satellitentechnik und gezielte chemische Bekämpfung erster noch hüpfender Plagegeister wären geeignet, die Heuschreckenprobleme in den Griff zu bekommen. Die Heuschreckenlarven sind ja noch ungeflügelt und relativ leicht lokal zu bekämpfen. Diese supranationale Aufgabe hat die Welternährungsorganisation FAO übernommen. Die dafür notwendige Infrastruktur und Logistik fehlt aber oder ist nach Jahren der relativen Ruhe nicht mehr nutzbar. Oft genug herrschen in Krisengebieten politisch instabile Verhältnisse, so dass lokale frühe Bekämpfungsmaßnahmen unterbleiben. Heuschrecken profitieren auch von solchen politischen Klimaveränderungen sehr.

(H.J. Ferenz; Fotos Ferenz)

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