Die Stadt Halle zieht vor Gericht: Mit einer Klage beim Verwaltungsgericht Halle und einem Widerspruch beim Statistischen Landesamt Sachsen-Anhalt (SLA) wehrt sich die Stadt gegen die im Mai 2025 erlassene Feststellung der amtlichen Einwohnerzahl zum Stichtag 15. Mai 2022. Der Stadtrat hat das Vorgehen in seiner Sitzung am 25. Juni mit großer Mehrheit gebilligt.
Hintergrund ist ein erheblicher Unterschied zwischen den Zahlen des Zensus 2022 und denen des städtischen Melderegisters. Während das SLA von 226.589 Einwohnerinnen und Einwohnern ausgeht, weist das städtische Register für denselben Zeitraum eine Zahl von 242.860 aus. Aktuell leben laut Melderegister rund 242.500 Menschen mit Hauptwohnsitz in Halle, hinzu kommen etwa 3.700 mit Nebenwohnsitz.
11 Millionen Euro jährlich fehlen
Oberbürgermeister Dr. Alexander Vogt warnt vor den gravierenden Auswirkungen der Differenz: „Die Stadt verliert durch die fehlerhaften Zahlen über 11 Millionen Euro jährlich an Finanzzuweisungen. Das gefährdet unsere Leistungsfähigkeit als Oberzentrum und damit auch die Zukunft des gesamten südlichen Sachsen-Anhalts.“
Diese Zuweisungen sind Teil des Finanzausgleichsgesetzes (FAG), das die bedarfsgerechte Ausstattung der Kommunen sicherstellen soll. Die geringeren Zahlen des Zensus führen aus Sicht der Stadt dazu, dass Halle seine Aufgaben – sowohl eigene als auch vom Land übertragene – nicht mehr ausreichend erfüllen kann.
Verwendung der Zahlen trotz laufender Verfahren
Kritik übt Dr. Vogt auch daran, dass öffentliche Institutionen bereits mit den fraglichen Zahlen arbeiten: „Wenn landesweite Institutionen mit Zahlen operieren, die noch nicht bestätigt und derzeit juristisch geprüft werden, entsteht ein erheblicher Imageschaden für Halle.“
Widerstand über Halle hinaus
Mit der Klage steht Halle nicht allein. Schon im Mai hatte sich die Stadt zusammen mit rund 30 weiteren Kommunen aus Sachsen-Anhalt in der „Halberstädter Erklärung“ gegen die Zensus-Hochrechnungen positioniert. Die Unterzeichner fordern, dass für FAG-Zuweisungen nicht die Zensusdaten, sondern die lokalen Melderegister zugrunde gelegt werden. Die Aktion „Halle zählt selbst“ hatte diesen Standpunkt öffentlich unterstrichen.
Auch bundesweit formiert sich Widerstand: In Hessen klagen unter anderem Fulda und Gießen; dort haben über 40 Städte und Gemeinden Widerspruch eingelegt. In Baden-Württemberg sind es sogar 334 Kommunen, die sich gegen die Zensusergebnisse wehren.
Die Stadt setzt auf eigene Daten
Bereits im November 2022 hatte Halle gegenüber dem SLA eigene Prüfverfahren vorgelegt – unter anderem durch Abgleiche bei Wahlbenachrichtigungen, Einschulungszahlen und Steuer-ID-Daten. Diese belegen nach städtischer Einschätzung die höhere Plausibilität der eigenen Melderegisterzahlen.
„Wir sehen uns im Recht“, so Oberbürgermeister Dr. Vogt. „Unsere Zahlen sind realistisch und belastbar. Die Klage ist notwendig – zum Schutz unserer Stadt, ihrer Entwicklung und ihres Ansehens.“
Bild: die Unterzechner der „Halberstädter Erklärung“ Mai 2025
3 comments on “Stadt Halle klagt gegen Zensusbescheid – Oberbürgermeister warnt vor Imageschaden und finanziellen Folgen”
„… entsteht ein erheblicher Imageschaden für Halle.“
Deutsche Sprak, schwere Sprak! Das ist kein Imageschaden sondern ein monetärer Schaden.
Das Desaster von Halle zählt sich selbst hat wohl keiner vergessen. Also was soll der Quatsch ? Das Land als übergeordnete Behörde arbeitet bereits mit den Zahlen. Prozesse dieser Art kosten eine Menge Geld und dauern Jahre. Energieverschwendung. Lieber mit weniger Geld kreativere Entscheidungen treffen als Reisen, undurchsichtige Personalentscheidungen und Symbolpolitik zu betreiben. Imageschaden ? Es geht ums Geld. Am schlechten Image der Stadt wird seit Jahrzehnten gearbeitet. Gerade wieder mit der „Sauberkeit und Ordnung“ – Diskussion um den Marktplatz. Anstatt ihn zu begrünen wird er mehr bewacht…
Das ist Hallesche Tradition. Nichts können, jammern, und schuld ist die Landesregierung in Magdeburg .