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Revolution auf dem Acker: Ausstellung „Planetarische Bauern“ schlägt Brücke vom Bauernkrieg zur Gegenwart

ünfhundert Jahre nach dem großen Aufstand der Landbevölkerung im Deutschen Reich erklingen ihre Forderungen in neuer Tonlage: digital, global, künstlerisch. Vom 23. Mai bis zum 14. September 2025 öffnet das Kunstmuseum Moritzburg Halle (Saale) seine Tore für die Ausstellung „Planetarische Bauern – Landwirtschaft, Kunst, Revolution“, ein monumentales Vorhaben im Rahmen der Landesausstellung Gerechtigkeyt 1525. In Zusammenarbeit mit der Werkleitz Gesellschaft und der Kulturstiftung Sachsen-Anhalt ist ein Ausstellungsraum entstanden, der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft in einer künstlerisch verdichteten Choreographie zusammenführt.

Die alten Fragen – nach Gerechtigkeit, Teilhabe, Gemeingut und gesellschaftlichem Wandel – erhalten in Halle eine neue, weltumspannende Bühne. Über 30 internationale Künstler:innen und Kollektive haben eigens Werke entwickelt oder bestehende Arbeiten adaptiert, um das Thema Landwirtschaft als Brennspiegel gesellschaftlicher Verhältnisse neu zu verhandeln. Gezeigt wird eine künstlerische Weltreise von der Mojave-Wüste über Südafrika und China bis zum Amazonasbecken, die gleichermaßen poetisch, politisch und philosophisch ist.

„Planetarisch heißt: der Tatsache bewusst, dass die Erde nicht von uns Menschen allein bewohnt oder gar gemacht wird.“
So bringt Daniel Herrmann, Direktor der Werkleitz Gesellschaft, die Haltung der Ausstellung auf den Punkt.

Von den Zwölf Artikeln zur Landwirtschaft 4.0

Der Bauernkrieg von 1525, inspiriert von theologischen, sozialen und ökonomischen Spannungen, gilt als Urzelle moderner Freiheitsbewegungen. Damals forderten die Aufständischen unter anderem das Recht auf freie Pfarrerwahl, ein Ende der Leibeigenschaft und die Rückgabe der Allmende. Heute lauten die Parolen: Zugang zu sauberem Wasser, gerechtere Bodenverteilung, digitale Souveränität auf dem Acker.

Die Ausstellung greift diese Parallelen auf und übersetzt sie in vielgestaltige künstlerische Positionen: von surrealen Geografien über subversive Geschichtserzählungen bis hin zu Installationen über Pflanzenbewusstsein, künstliche Intelligenz und Klimawandel. Dabei wirken Pflugscharen plötzlich wieder wie Schwerter – und umgekehrt.

Globale Korrespondenzen

Künstler:innen wie Dread Scott (USA), Alice Creischer & Andreas Siekmann (Deutschland), Waman Wasi (Peru), Åsa Sonjasdotter (Schweden) oder das Kollektiv Total Refusal (Österreich) machen das Projekt zu einem Resonanzraum globaler Verflechtungen. Landwirtschaft ist hier nicht bloß ein lokales Thema, sondern Ausdruck eines planetarischen Systems, in dem ökonomische und ökologische Prozesse eng ineinandergreifen.

„Es geht uns um die Frage, ob das landwirtschaftliche Feld erneut zur Keimzelle gesellschaftlicher Veränderungen werden kann“, sagt Kuratorin Joanna Warsza. Der Gedanke erinnert an die revolutionäre Kraft des Ackerbaus – und daran, dass Aufstände oft dort beginnen, wo gesät und geerntet wird.

Ein Festival, das in die Stadt wächst

Eröffnet wird die Schau am 22. Mai 2025 zusammen mit dem Werkleitz Festival (nicht öffentlich – öffentlicher Zugang ab 23. Mai). Das umfangreiche Begleitprogramm reicht bis in den Spätsommer und bringt Künstler:innen, Wissenschaftler:innen und Aktivist:innen in Halle zusammen. Mit Vorträgen, Konzerten, Performances und partizipativen Formaten wird der Innenhof des Museums zum Agorá, zum Marktplatz der Ideen – gestaltet vom polnischen Kollektiv CENTRALA.

Doch die Ausstellung bleibt nicht im Museum: Kooperationen mit dem Planetarium, dem Salinemuseum, dem WUK Theater Quartier und weiteren Institutionen holen das Thema in die Stadtgesellschaft. Die Frage nach Gerechtigkeit wird nicht nur ausgestellt, sondern gelebt.

Ein Signal über die Region hinaus

Die Landesausstellung Gerechtigkeyt 1525, zu der „Planetarische Bauern“ gehört, ist eine der ambitioniertesten kulturhistorischen Initiativen der vergangenen Jahre. In sieben Ausstellungen an verschiedenen Orten in Sachsen-Anhalt und darüber hinaus wird an das Wirken Thomas Müntzers und die soziale Sprengkraft des Bauernkriegs erinnert.

Ministerpräsident Dr. Reiner Haseloff betont:

„Das Bauernkriegsgedenken ist viel mehr als ein Rückblick auf 1525 – es ist ein Kulturereignis mit Brücken bis in unsere Gegenwart. Es zeigt uns, wie aktuell die Fragen von Aufbruch, Umbruch und Gerechtigkeit auch heute noch sind.“

Auch Staatsminister für Kultur und Medien, Wolfram Weimer, sieht im Gedenken einen Beitrag zur gemeinsamen Erinnerungskultur in Ost und West. Gefördert wird das Gesamtprojekt mit bis zu 15 Millionen Euro von Bund und Ländern.

Informationen und Besuch

Die Ausstellung ist geöffnet von Montag, Dienstag sowie Donnerstag bis Sonntag und an Feiertagen, jeweils von 10 bis 18 Uhr. Mittwochs bleibt das Museum geschlossen.
Der Eintritt kostet 15 Euro, ermäßigt 10 Euro. Kinder, Jugendliche, Studierende und Auszubildende genießen freien Eintritt. Dauerkarten sind für 35 Euro (ermäßigt 25 Euro) erhältlich.
Alle weiteren Informationen unter: planetarische-bauern.de


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