In Zeiten multipler Krisen und tiefgreifender gesellschaftlicher Transformationsprozesse ist die Frage des gesellschaftlichen Zusammenhalts von besonderer Relevanz. Doch was genau wird darunter verstanden? Wie lässt er sich messen, beschreiben und analysieren? Und welchen Sinn und Nutzen stiften die wissenschaftlichen Erkenntnisse für Gesellschaft und Politik? Seit gut vier Jahren werden diese Fragen im Forschungsinstitut Gesellschaftlicher Zusammenhalt in insgesamt 83 Teilprojekten untersucht – zehn davon im FGZ-Teilinstitut an der MLU. Die ersten Forschungsergebnisse des FGZ liegen nun auch in Buchform vor:
Prof. Dr. Reinhold Sackmann, Experte für Sozialstrukturanalyse am Institut für Soziologie der MLU, ist Mitherausgeber des Bandes „Sozialer Zusammenhalt vor Ort. Analysen regionaler Mechanismen“. Basis der Publikation ist eine repräsentative Panelstudie, die das MLU-Institut für Soziologie gemeinsam mit Forschenden aus Göttingen, Bielefeld und Hannover durchführt. Sie untersucht lokalen sozialen Zusammenhalt in zwölf unterschiedlich großen Gemeinden – je drei in Bayern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Sachsen-Anhalt. Zwischenergebnisse hatten gezeigt, dass der gesellschaftliche Zusammenhalt in den alten Bundesländern höher ist als in den neuen – vor allem das gegenseitige Vertrauen innerhalb sozialer Gemeinschaften ist im Westen größer als im Osten.
Wie mit der Gesellschaft zu Zusammenhalt geforscht werden kann, ist Thema des Bands „Forschungsbasierter Wissenstransfer und gesellschaftlicher Zusammenhalt. Theorie, Empirie, Konzepte und Instrumente“, an dem der Soziologe und Verwaltungswissenschaftler Dr. Holger Backhaus-Maul vom Institut für Pädagogik der MLU mitgewirkt hat. Der Band thematisiert die ambivalente Rolle der Wissenschaft als distanzierte Beobachterin gesellschaftlicher Prozesse einerseits und als Gestalterin von Gesellschaft durch die Präsentation ihrer Forschungsergebnisse andererseits. Die Autorinnen und Autoren diskutieren, wie und unter welchen Bedingungen forschungsbasierter Wissenstransfer zur Bearbeitung gesellschaftlicher Fragen, Probleme und Aufgaben beitragen kann. Dabei werden auch konkrete Praktiken dieses wechselseitigen Wissenstransfers zwischen Wissenschaft und Gesellschaft dargestellt. Dabei geht es zum Beispiel darum, wie Zusammenhalt durch Kunst- und Medienformate sowie Lernen im Engagement vermittelt werden kann oder wie sich Interessenkonflikte bewältigen lassen, die mit politischen Entscheidungen einhergehen.