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Radwegbenutzungspflicht in Paracelsusstraße wird vor Gericht angegriffen

Um das orange eingefärbte Stück der Paracelsusstraße geht es;
Kartenausschnitt von: Openstreetmap.de unter offener Lizenz ODbL 1.0

Seit März 2017 versucht ein Vertreter der Initiative Halle-Verkehrt, auf einem Abschnitt der Paracelsusstraße offiziell die Radwegebenutzungspflicht aufheben zu lassen. Dabei geht es um den Bereich zwischen Wasserturm und Steintor, welcher nicht zweispurig ausgebaut ist.

Hintergrund

Radwege sind seit der Novelle der StVO 1997 prinzipiell nicht mehr benutzungspflichtig, außer wenn sie entsprechend mit einem der Verkehrszeichen 237, 240 oder 241 beschildert sind. Die Anordnung der Radwegebenutzungspflicht ist spätestens seit dem Grundsatzurteil des Bundesverwaltungsgerichts (Az: 3 C 42.09) vom 18. November 2010 an hohe Hürden geknüpft, weil sie eine Beschränkung des fließenden Verkehrs ist.

Ziel der Klage

Halle-Verkehrt geht es nicht um die Abschaffung des Radweges, sondern um die in der StVO als Normalfall festgelegte Wahlfreiheit zwischen Fahrbahnnutzung und Radwegebenutzung. Einen entsprechenden Antrag und einen Widerspruch haben die Stadt Halle und das Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt jedoch abgelehnt. Zentraler Punkt bei der Ablehnung war die Gefährdung durch erwartete falsch überholende Kraftfahrer und die schlechte Sichtbarkeit schneller Radfahrer für die ausparkenden Fahrzeuge.

Für Halle-Verkehrt ist ein Verbot der Nutzung der Fahrbahn aufgrund erwarteten Fehlverhaltens von Kraftfahrer nicht angemessen, weswegen die Klärung dieser Rechtsfrage vor dem Verwaltungsgericht Halle angestrebt wird. Die von der Stadt Halle dargestellten Probleme in dem Straßenabschnitt betreffen den Kraftverkehr, den Radverkehr und die Fußgänger zwischen Gehweg und den linken Parkplätzen, weswegen eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 km/h die wirksamere und angemessenere Maßnahme wäre.

Besonders inkonsequent ist die strenge Verteidigung der Benutzungspflicht in in diesem städtischen Abschnitt, wenn man den aktuellen Ausbau der Berliner Straße betrachtet. Dort ist trotz deutlich höherer Verkehrsbelastung und deutlich breiterer Straße und Platz neben der Fahrbahn gar kein Radweg vorgesehen, sondern nur ein Fußweg mit “Fahrrad Frei”. Hierdurch wird durch die Stadt Halle jedoch die Fahrbahn für Radfahrer freigegeben, während der Fußweg nur als Option für besonders langsame Radfahrer zur Verfügung steht. Dadurch lässt die Stadt jedoch die Straßennutzung an einer wirklich gefährlichen Stelle zu, während die Fahrbahnnutzung in einer normalen städtischen Straße verboten wird.

PZ
mit Material von HalleVerkehrt

15 comments on “Radwegbenutzungspflicht in Paracelsusstraße wird vor Gericht angegriffen”

  1. „Zentraler Punkt bei der Ablehnung war die Gefährdung durch erwartete falsch überholende Kraftfahrer und die schlechte Sichtbarkeit schneller Radfahrer für die ausparkenden Fahrzeuge. “

    Diese Gefährdung gäbe es bei mir nicht. Ich würde mittig zur Fahrbahn fahren, ohne Möglichkeit des Überholens durch PKW.

    Im Übrigen wäre die „schlechte Sichtbarkeit“ von „schnellen“ Radfahrern ein Grund, die Parkplätze abzsuchaffen.

  2. Außerdem wäre zu prüfen, ob nicht auch ein Fahrradweg komplett auf der Paracelsusstraße in Richtung Norden und auch auf die Volkmannstr. herstellen sollte.

    Vom Wasserturm in Richtung Große Brunnenstr. darf der Autofahrer direkt fahren, während der Radfahrer erstmal lange an Ampeln warten muss, um an der Gartenanlage über die Ampelkreuzung zu gelangen und dann über gruselige Strecken (Fahrbahnbelag) zur Kreuzung zu gelangen. Eine deutliche Benachteiligung.
    Zudem gilt dies auch in die andere Richtung in Richtung Riebeck Platz auf der Volkmannstr. Platz wäre ja reichlich.

  3. Oha, da wird sich aber mächtig ins Zeug gelegt. Mal sehen, wann es wirklich in die Hose geht. Da wär mir ein Radweg aber viel lieber…

  4. PS. Man möge sich mal die Verkehrsmengen, auch Fußgänger in der Berliner anschauen, und auch die mögliche Gefahr durch Schienen. Da wüßte ich, wo ich freiwillig fahren will…

  5. @Schulze das ist ja das gemeine: man deklariert es in der Berliner als Fußweg Fahrrad frei, dann kann keiner was gegen blöd angelegte Wege sagen, gegen Ampelmasten in der Mitte, gegen aufgegebene Vorfahrt – es ist nur ein Gehweg. Aber auf der Fahrbahn wird schon keiner fahren. Hofft die Stadtverwaltung. Also Radverkehr effektiv behindert, Ziel erreicht.

  6. Was hast du gegen „aufgegebene Vorfahrt“? Und wie sollte die auf einer Hauptstraße aufgegeben sein? dafür gibt es das auf der spitze stehende Viereckschild, bezw auf Nebenstraßen das Dreieckschild.
    Eindeutige Regelung, seit fast hundert Jahren.

  7. Wer bezahlt dann eigentlich die Gerichtsposse? Ich wette, das bleibt am Steuerzahler hängen…

  8. @Schulze ganz einfach.
    Auf einem straßenbegleitenden Radweg, wie er im vom Stadtrat abgesegneten Plan war, hat der geradeausfahrende Radfahrer Vorrang.
    Auf dem jetzt angelegten Gehweg mit Fahrrad frei und Ampelmasten in der Mitte wird extra eine kleine Balletteinlage gebaut, damit der Gehweg von der Fahrbahn wegführt und man brav am freien Rechtsabbieger zum Wurmfortsatz der HES erst mal warten und alle Autos durchlassen muss. Bevor man an die Ampel kommt.

    Der Radverkehr wird also faktisch auf die Fahrbahn gedrängt, statt dort einen Radweg hinzupacken. Trotz mehr als doppelt so starker Belastung in einer älteren Zählung. Und trotz Platz. Wenn wir ein paar Leute zusammenkriegen, werden wir dort mal die „Genialität“ der Planung durch einfaches Langfahren (mit Abstandshaltern) demonstrieren.

    https://staedtische-zeitung.de/2018/10/rebenstorf-prueft-schikane-vom-dautzsch/

  9. Den Prozess zahlt der Verlierer oder beide anteilig, wenn das Gericht das so festlegt. Die Stadt hat professionelle Juristen, ich hab ein bisschen Google und Gehirnschmalz. Deshalb sollte die Stadt eine mehr als faire Chance haben, auch ohne einen Prozess die seit 20 Jahren bestehende und seit 2010 höchstrichterlich bestätigte Rechtslage einzuschätzen.

    Seit März 2017 versuche ich immer wieder, eine außergerichtliche Lösung mit der Stadt zu finden. Auch für die vielen anderen Stellen. Noch gibt es keine vernünftige Möglichkeit der Schlichtung.
    Mein Ziel ist weder ein finanzieller Schaden für die Stadt noch ein Blockieren der Verwalter.
    Aber wenn ich die Zustände für sehr regelwidrig halte, lasse ich die nicht einfach so.

  10. Du bist wohl wenigstens zu klein für die 230000-Einwohner-Kommune.
    Da solltest du schon noch etwas wachsen. Aber vielleicht findest du ja einen Anwalt (den Kadler?), der für sich/dich vor Gericht zieht. Frag ihn mal, ob das mit Handschlag-Untermietern auch geht.

  11. @Schulze warum sollte ich den Weg zum Gericht nicht selbst finden? Es ist nicht so versteckt. Klage ist weitgehend fertig. Ich schick sie dir, wenn du willst, nachdem sie beim Gericht angekommen ist.
    Gerichte gehen nicht nach Größe, weißt du? Ob ich die besseren Argumente habe, oder die Verwaltung, genau das muss eine Richterin entscheiden, deshalb macht man den Kram ja.

    Klar freu ich mich, wenn mal ein Profi drüberschaut und bin dankbar für Hinweise. Aber ne Klage zur Radwegebenutzungspflicht ist wie eine Blinddarmoperation, sozusagen das kleine 1×1. Seit 10 Jahren ist da alles klar, und mit Logik und Text bin ich nicht schlecht.

  12. Es ist doch eine bodenlose Frechheit!
    Das Fehlverhalten von Autofahrern (Drängeln, enges Überholen, Ausparken ohne Sicht) gilt als erwartbar (!) und unvermeidbar (!), deswegen seien die Radfahrer gefährdet und müssten den Radweg benutzen.
    Das dort erwartbare „Fehlverhalten“, nämlich auf abschüssiger Strecke auch mal etwas schneller zu fahren, wird schulterzuckend hingenommen und erwartet (!), dass sich die Radfahrer durch Schleichfahrt dem Zustand des Radweges (Dooring-Risiko, Unebenheiten, Sichtbeziehungen an Einmündungen) entsprechend verhalten.

  13. @geraldo: Das Dooring-Risiko immerhin hat die Stadt (nach meinem Antrag, aber nach eigenen Angaben vorher schon unabhängig davon angeordnet) durch einen Zwischenstreifen behoben.
    Den Rest des Bescheides finde ich je nach Tagesform sehr erheiternd oder genauso empörend wie du. Tempo 30 verringert kein Risiko, Autofahrer können schnelle Radfahrer nicht sehen, oder verschätzen sich bei der Geschwindigkeit, das vor kurzem von der Stadtverwaltung selbst angeordnete Schrägparken ist gefährlich (natürlich nur für Radfahrer!!!) und der Überholzwang von Kraftfahrern ist eine amtliche Entscheidungsgrundlage, um die Beschränkung des fließenden Verkehrs anzuordnen.

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