Stehen wir hilflos einer neuen oder oder (noch) nicht heilbaren Krankheit gegenüber, schlägt die Stunde von selbsternannten Alternativmedizinern, die mit allerlei Versprechen Hilfe anbieten. Doch Vorsicht! Viele natürliche Mittel sind keineswegs harmlos. Viren sind besonders schwierig zu bekämpfen. Sie haben ja keinen eigenen Stoffwechsel, in den man mit Medikamenten eingreifen könnte. Von Mitteln, die das Eindringen von krankmachenden Viren in den Körper und Zellen behindern erhofft man sich umfassenden Infektionsschutz.
Zur Zeit machen eine Empfehlungen von Naturheilkundlern und Heilpraktikern in Whatsapp, Twitter und Co die Runde: So werden Lutschbonbons mit dem Extrakt der Cistrose empfohlen. Mehrfaches Lutschen dieser Pflanzendrops soll den Coronaviren den Eintritt in den Körper sicher verwehren. Was ist daran?
Zistrosen wachsen prächtig auf einem kalk – und nährstoffarmen Boden. Die strauchförmige Pflanze ist im Mittelmeerraum verbreitet. Sie wird schon seit der Antike als Heilmittel gegen Bronchialerkrankungen, Augenkrankheiten und gegen Infektionen eingesetzt. Des Weiteren ist sie blutstillend. Das klebrige Harz, das die Pflanze absondert, ist äußerst wohlriechend. In der Antike verwendete man es als begehrtes Räuchermittel, noch heute ist es eine wichtige Grundlage für Parfums. Dieses so genannte „Labdanum“ wurde auf skurille Art gewonnen: der griechische Gelehrte Dioscurides beschrieb, wie Hirten ihre Tiere in das dichte Buschwerk trieben und anschließend die Harzklümpchen aus dem Fell (insbesondere aus dem Ziegenbart) herauskämmten.
In Zellkulturen zeigten Extrakte der Zistrose tatsächlich positive Wirkungen gegen Viren. Folgende Inhaltsstoffe können medizinisch wirken: Phenole (Protocatechussäure, hochpolymere Polyphenole, Gerbstoffe), Flavonoide (Flavanole, Proanthocyanide, Catechin, Gallocatechin), Ätherische Öle (Terpene, Monoterpen, Karvacrol, Diterpene, Labdane – Type, Sesquiterpene). So sollen diese Polyphenole und Gerbstoffe sozusagen Zellen in den Atemwegen versiegeln und damit möglicherweise einen Virenbefall behindern. Das klingt doch zuversichtlich. Doch zur Sicherheit fragte Hallespektrum.de bei einem Experten nach, der es wissen muss:
Interview mit Prof Athanassios Giannis, Uni Leipzig
Wir wandten uns an den Professor für Biochemie und approbierten Arzt, Athanassios Giannis. Er forscht an seinem Lehrstuhl an der Universität Leipzig an der Entwicklung neuer Wirkstoffe und gilt als ausgewiesener Experte für Stoffwechsel- und Wirkstoffmechanismen von Medikamenten.
Hallespektrum: Herr Prof. Giannis, Zistrosenextrakte als Corona-Medikament oder sogar zur Prophylaxe: Was halten Sie davon?
Giannis: Kurz gesagt: Gar Nichts. Zurzeit wird eine Vielzahl von Falschmeldungen in den sog. Social Media verbreitet und ich kann sagen: Alles ist falsch! Wenn es z.B. heißt „das Mittel XY schützt vor einer Corona-Infektion und dies wurde in Zellkultur getestet und da oder dort publiziert“ muss man wissen: Eine Testung in Zellkultur besagt zunächst nur sehr wenig. Man braucht weitere Studien an ganzen (Model)Organismen unter kontrollierten Bedingungen. Erst dann folgen eventuell Untersuchungen an Menschen (freiwillige, Risikogruppen etc.) unter Einbeziehung von Ethik-Kommissionen etc. Nach Abschluss dieser Untersuchungen wird entschieden. Das dauert lange Zeit. Der schnellste Weg ist allerdings die Entdeckung eines Impfstoffes und die anschließende Impfung. Sollte diese nicht gewollt sein oder abgelehnt werden kann man alternativ eine Hexe verbrennen.
Im Übrigen: Ibuprofen hilft gar nicht, alles Falschmeldungen. Ibuprofen kann darüber hinaus Nierenprobleme verursachen… Auch das Trinken von viel Wasser nützt nicht!
Was in der Tat hilft ist die Einhaltung hygienischer Maßnahmen, Vermeiden von Kontakten einschließlich Handschlag zur Begrüssung. Siehe auch: https://www.who.int
Hallespektrum: „Zur Vorbeugung oder Abwehr von Erkältungskrankheiten wird gern hochdosiertes Vitamin C empfohlen. Vitamin C braucht unser Körper ja. Kann eine hohe Dosis Vitamin C einer Infektion mit dem Corona-Virus-19 vorbeugen?
Giannis: Ein Mangel an Vitamin C oder Vitamin A ist in unseren Breitgraden und in unserer wohlgenährten Gesellschaft nicht bekannt. Alle Vitamine sind in unserer Nahrung in ausreichender Menge vorhanden. Eine weitere Zufuhr nützt nicht und hilft nur dem Apotheker…Das gleiche gilt für Vitamin A.
Hallespektrum: Wenn das alles nicht so einfach ist: in welcher Richtung sehen Sie in naher oder mittlerer Zukunft Möglichkeiten, Covid-19 medikamentös zu behandeln? Wie ist der derzeitige Forschungsstand?
Giannis: Die Suche nach einem Medikament zur Heilung einer Corona-Virus Infektion läuft zurzeit auf Hochtouren. Kürzlich konnte gezeigt werden, dass Corona-Virus (SARS-CoV-2) Rezeptor ein Protein mit dem Namen ACE2 für seinen Eintritt in die Zelle benutzt und auch ein Enzym namens Serinprotease TMPRSS2 für die Prozessierung des viralen S-Proteins verwendet. Ein für den klinischen Einsatz zugelassener TMPRSS2-Inhibitor mit dem Namen Camostat Mesylat blockierte den Eintritt des Virus in die Zellen und könnte eine Behandlungsoption darstellen. Das muss allerdings durch weitere Studien belegt werden. (Cell, 5.3.2020; https://doi.org/10.1016/j.cell.2020.02.052).
Das ist ein Hoffnungsschimmer und zeigt wie wir vorgehen sollten,um eine neue rationale Therapie zu etablieren.Chinesische und andere Wissenschafler prüfen zurzeit eine Vielzahl von zugelassenen Medikamenten auf Ihre Eignung zur Therapie der Corona-Virus Infektion. Wir müssen jedoch Geduld bewahren.
Hallespektrum: „Herr Prof. Giannis, wir danken Ihnen für das Gespräch.“
Mit anderen Worten: Händewaschen und Quarantäne-Maßnahmen sind billiger und wirkungsvoller.
(H.J. Ferenz, CHW)
5 comments on “Pflanzliche Wundermittel gegen Corona-Virus ? Leipziger Biochemie-Professor warnt vor Scharlatanerie”
Sehr interessant, wunderbar!
Mindestens genauso interessiert mich, wohin sich die Fangemeinde der Coronaviren-Kunstdarstellungen wenden darf?
Hallespektrum hat dazu eine eigene Abteilung aus dem Boden gestampft: die Nature-Aided Virtual Reality Modelling Task Force.
Wer hat das originellste Coronavirus-Modell? Reicht doch mal eure Ideen ein. Nicht Verharmlosung, aber doch eine entspanntere Auseinandersetzung mit dem Pandemie-Thema tät uns gut.
Hallo,
der Verweis auf Polyphenole und Gerbstoffe zeigt zumindest, dass Cistus incanus eine auf die Gesundheit bezogene sehr interessante Pflanze ist. Nach der Erfahrung von vielen Menschen in Griechenland hilft sie vorbeugend als Tee getrunken, gegen viele Beschwerden, darunter grippale Infekte. In Deutschland wird sie meist in Form von Kapseln und Lutschtabletten vertrieben und hilft bei Erkältungen, Helico bacter pylori/Sodbrennen, aufkommender Influenza usw. Warum sollte man die Pflanze nicht nutzen, um in diesen etwas stressigen Zeiten körperlich gesund zu bleiben?
Ich nutze sie seit rund 10 Jahren mit sehr gutem Erfolg ohne irgendwelche Nebenwirkungen und war in dieser Zeit insgesamt 3 Tage krank. Vorher hatte ich meist 5 und mehr heftige Infekte pro Jahr, häufig Sodbrennen, Asthma ähnliche Symptome, ständig verstopfte Nase, Schlafapnoe usw. Zuletzt im Sommer 2019 eine aufkommende Borreliose mit heftigen Rückenschwerzen innerhalb einer Nacht „erledigt“.
Normalerweise wirkt Cistus incanus innerhalb von 1-2 Stunden (oder schneller). Sollte es einmal nicht helfen, weiß man automatisch, dass es etwas Ernstes ist.
Ich finde es nicht hilfreich, wenn medizinisch genutzte Pflanzen, die wie hier schon seit Jahrhunderten genutzt werden, pauschal abgewertet werden. Ich beobachte Publikationen und Erfahrungsberichte zu Cistus incanus seit etwa 2015. Es sind keinerlei Allergien/ Unverträglichkeiten oder nennenswerte Nebenwirklungen beschrieben. Sie wird fast ausschließlich absolut positiv bewertet.
Cistus incanus ist u.a. in einer Dissertation genauestens beschrieben, vom Helmholtz-Institut untersucht worden usw.
Seit wann ist ein Professor für Biochemie hinreichend kompetent das Wirkspektrum von Heilpflanzen einschätzen zu können, wenn er selbst zugestehen muß, daß dazu noch nicht genügend placebokontrollierte Doppelblindstudien vorliegen?
Eine solche beurteilende Einlassung ist angesichts der gravierende Folgen der Epidemie vielmehr vermessen und in diesem Fall völlig unausgewogen und spricht klar gegen die hier wiedergegebene Einlassung des Befragten.
Das einzige was der Befragte dazu sachlich korrekt sagen kann ist, das er nichts zur Einschätzung der Cistrose sagen kann und somit nicht derjenige ist „der es wissen muß“.
Zudem ist die heute übliche Medizinerausbildung wenig heilpflanzenorientiert.
Früher gab es den Drogisten, der zu den Wirkungen traditionell eingesetzter Heilpflanzen im Bezug auf Erfahrungswissen Patienten beraten konnte. Diese Funktion wurde im Rahmen von Arzneimittelreformen geopfert.
So werden heute in den Supermärkten gesetzlich wirkstoffabgesenkte, so bezeichnete „Gebrauchstees“ verkauft, die mit den etikettierten Heilpflanzen meist nur noch den Namen gemein haben und sich so nicht mehr als Hausmittel zur Selbsttherapie eigenen, was die Heilpflanzn in Mißkredit brachte.
Was man sicher generell sagen kann:
Bei naturbelassenen pflanzlichen Heilmitteln gibt es große Schwankungen der Zusammensetzung und damit einher geht eine entsprechende Unsicherheit bei der Wirkung. Zudem macht die Dosis das Gift, insbesondere wenn das pflanzliche Mittel mit solchen verunreinigt ist.
Wenn man also mit einem solchen Mittel über längere Zeiträume eine Infektionsprävention betreiben wollte besteht die Gefahr, daß sich etwaige Verunreinigungen oder unbekannte Wirkstoffe im Körper anreichern. Für im Handel befindliche Kräutertees, die mit Jakobs-Kreuzkraut oder Schimmelpilzen verunreinigt waren, wurde so etwas schon nachgewiesen.
Aber letztlich bleibt die Frage warum etwaige pflanzliche Kandidaten für die Therapie von COvid-19, deren menschlicher Verzehr als unbedenklich gelten kann, nicht schon längst wenigstens in vitro auf Wirksamkeit gegen Covid-19-Erreger überprüft wurden?
Sowas geht doch mit den heutigen Mitteln relativ einfach und schnell..
Zudem haben sich während der letzten Corona-Epidemien schon für andere Indikationen bewährte 16 Heilpflanzen, darunter das auch im Westen bekannte Süßholz, aus der TCM als therapiewirksam gegen die damaligen Coronainfektionen erwiesen. Warum wird nicht in dieser Richtung nun erneut auch hier im Westen geforscht, insbesondere wenn viele Patienten im äussert kritischen Stadium kaum mehr auf klassische pharmakologische Therapieversuche ansprechen und zu 50% versterben?
Was im klinischen Alltag auffällt ist, das traditionelle Ansätze der Wirkstoffvergabe überhaupt nicht genutzt werden.
So war es früher durchaus üblich Lungenentzündungen auch mit bewährten heilpflanzenhaltigen Dampfbädern zu behandeln und so die Wirkstoffe über die Atemluft direkt zu den beeinträchtigten Organen zu bringen was besonders dann sinnvoll ist wenn deren Organdurchblutung schon gestört ist.
Was desweiteren unerwähnt blieb, das in China durchaus noch Therapienversuch mit Hochdosis-Vitamin-C-Infusionen laufen. Die Kenntnis der Versuche würde ich von einem Professor für Biochemie und approbierten Arzt allerdings erwarten, sofern er sich wirklich professionell mit Covid-19 befasst.
Abschliessend: Meine Erfahrungen mit Cistus ist bisher positiv. Die zunehmende Nachfrage führt allerdings zu sinkenden Qualitäten und drastischen Preissteigerungen.
Um der Blutgerinnung, die infolge von Covid-19 ausser Kontrole geraten kann, entgegen zu wirken nehme ich persönlich mit gutem Erfolg pflanzlichliche Heilmittel ein – u.a. Kukuma in Verbindung mit Peffer, Ingwer, Chili, Zwiebelgewächse usw.