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Peißnitzbrücke: Stadt ist überrascht, alte Rostschutzanstriche zu finden. Was Beigeordneter Rebenstorf auf Fragen antwortet.

Ein Freizeithandwerker sollte wissen: wer alte Türen und Fenster, erst recht aber einen schmiedeeisernen Gartenzaun „aufarbeitet“, muss damit rechnen, beim Schleifen oder Abstrahlen auf alte Farbanstriche zu stoßen. Und damit giftige Schwermetalle freizusetzen. Bis in die 1970er-Jahre waren die orangeroten Rostschutz-Anstriche auf der Basis hochgradig bleihaltiger Mennige-Ölfarbe Standard, und alte Fenster wurden bis in die 1950er Jahre mit Bleiweiß-Ölfarbe vorgestrichen. Das Einatmen der Stäube wird – wenn man sich nicht schützt – vor allem dem Handwerker gefährlich, aber auch natürlich Mitmenschen im Umfeld, wenn sie nicht vor der Einwirkung der Stäube geschützt werden. Das muss man wissen, wenn man im Folgenden die Antworten der Stadt Halle liest, die Hallespektrum.de an die Stadt gerichtet hat.

Beantwortet hat sie der Beigeordnete für Stadtentwicklung und Umwelt der Stadt Halle, René Rebenstorf. Die Essenz: Die Stadt Hale war wohl irrtümlich davon ausgegangen, dass im Jahre 1990, bei der letzten Sanierung,  alle alten Anstriche restlos entfernt wurden.

Hier die Fragen von Hallespektrum.de und die Antworten der Stadt Halle ungekürzt:

Hallespektrum: 1. Sie teilten mit, dass „bislang nicht bekannte Stoffe und Materialen“ gefunden wurden, auf Grund derer eine Vollsperrung notwendig sei. Ist mittlerweile die Natur der Materialien bekannt (chemische Zusammensetzung, Art des Materials?)

Rebenstorf: Ja

Hallespektrum: 2. Worauf gründet sich die Erkenntnis, dass von den Materialien eine solche Gefahr ausgehe, dass eine Sperrung des Verkehrs unerlässlich sei?

Rebenstorf: Dazu liegt ein Gutachten der Dekra vor. Hinzu kommen aktuelle Auflagen der Berufsgenossenschaft nach einer Vor-Ort-Kontrolle.

Hallespektrum: 3. Warum ist die Untersuchung auf alte Beschichtungen (beispielsweise Bleimennige) nicht erfolgt, bevor die Baufirmen ihr Leistungsangebot abgegeben haben?

Rebenstorf: Bestandteil der Ausschreibung und des Bauvertrages sind Strahlschuttanalysen und Farbanalysen für die Entsorgung des Strahlgutes. Im Vorfeld der Ausschreibung musste nicht von einer Schadstoffbelastung ausgegangen werden, da die in den 1990er Jahren verwendeten Anstrichstoffen dokumentiert und bekannt waren. Eine Schadstoffbelastung ist bei den verwendeten Systemen normalerweise nicht zu erwarten. Aus diesem Grund war auch nicht vorgesehen, das Bauwerk für die ausgeschriebenen Arbeiten komplett zu sperren. Im Zuge der Vertragsabwicklung wurden neue Erkenntnisse gewonnen. Im Ergebnis der vorhandenen Analysen wurden Blei, Zink und Barium als Schadstoffanteile in erhöhter Konzentration festgestellt

Hallespektrum: 4. Gehörte die Untersuchung auf Altanstriche zum abgeforderten Leistungsspektrum der beauftragten Firmen?

Rebenstorf: siehe Antwort zu Frage 3

Hallespektrum: 5. Wurde im Vorfeld der Auftragsvergabe bereits eine Untersuchung auf schwermetallhaltige Altanstriche / Grundierungen vorgenommen?

Rebenstorf siehe Antwort zu Frage 3

Hallespektrum: 6. Wie hoch sind die Mehrkosten der Baumaßnahmen, die durch die „gefundenen Stoffe und Materialien“ verursacht wurden ?

Rebenstorf: Es entstehen keine Mehrkosten.

Hallespektrum: 7. Wie hoch schätzen Sie die volkswirtschaftlichen Schäden ein, die durch die Sperrung der Brücke verursacht werden (z.B. Verlängerung von Wegezeiten zur Arbeit  / Fußgänger, Radfahrer, Umstieg auf weniger umweltfreundliche Verkehrsmittel (ÖPNV, PKW) ?

Rebenstorf: Die Maßnahme ist zur Gefahrenabwehr erforderlich. Der Schutz der Gesundheit und der Umwelt haben oberste Priorität. Im Übrigen (zu volkswirtschaftlich Schäden durch verlängerte Wegezeiten…) liegen der Stadt keine Erkenntnisse vor.

Hallespektrum: 8. Wie hoch ist Ihrer Kenntnis nach das tägliche Verkehrsaufkommen dieser Brücke (bitte nach Möglichkeit aufschlüsseln Feiertage / Arbeitstage) ?

Rebenstorf: Dazu liegen der Stadt keine Statistiken vor.

Hallespektrum: 9. Welchen Mehraufwand würde es bedeuten, eine Passagemöglichkeit für Fußgänger und Radfahrer einzurichten ? (Beispielsweise durch komplette Einhausung des Weges für Fußgänger) ?

Rebenstorf:  Durch die nunmehr vollständige (auch nach oben geschlossene) komplette Einhausung und Sperrung der Brücke können die Strahl- und Korrosionsschutzarbeiten an der Metallkonstruktion vollständig umweltgerecht, gefahrlos sowie erheblich zügiger durchgeführt werden. Ein Vorbeiführen des öffentlichen Passantenverkehrs parallel zu den Arbeiten auf der Brücke – wie bislang vorgesehen –  ist nach aktueller Bewertung der Dekra aus Gründen der Gefahrenabwehr nicht zulässig.  Nach der aktuell vorliegenden Bewertung muss die Einhausung vollständig den Arbeitsbereich umschließen, um einen Austrag in die Umwelt auszuschließen. Siehe auch Antwort zu Frage 2.

Personenfährverkehr: Stadt prüft Möglichkeiten – aber nur für Wochenende

Rebenstorf: Die Stadt prüft derzeit mit Hilfe von Partnern einen Personen-Fährverkehr an den Wochenenden nahe der Brücke einzurichten. Bereits geprüft wurde der Einsatz der stadteigenen Pontonbrücke, die während der Laternenfestes an der Ochsenbrücke zum Einsatz kommt, diese ist zu kurz. Eine Pontonalternative würde Kosten in sechsstelliger Höhe verursachen. Die Anlage muss vom  Wasser- und Schifffahrtsamt genehmigt werden. Im Übrigen wäre die Saale dadurch komplett gesperrt.

 

16 comments on “Peißnitzbrücke: Stadt ist überrascht, alte Rostschutzanstriche zu finden. Was Beigeordneter Rebenstorf auf Fragen antwortet.”

  1. Man kann viel machen. Das müsste dann aber eine Schnellfähre sein. Man muss sich einfach nur mal das Verkehrsaufkommen auf der Brücke ansehen, um zu verstehen, dass das eine kleine Fähre nicht bewältigt.

  2. Ihr wißt schon, dass man für Schiffahrt und dazu zählt nun mal der öffentliche Fährverkehr, eine Genehmigung mit entsprechenden Abnahmen Boote der Anleger benötigt.

    Was glaubt Ihr wie schnell so eine Genehmigung und Abnahme genehmigt wird? Unter 1 Jahr?

    Es gibt ja schon Boote und Genehmigungen dafür.

    Hat der Saalebeauftragte nicht mal Bootstouren angeboten?

    Einfacher ist, wenn ein privater Bootsverleiher Boote auf beiden Seiten ver- und entleiht. Jeder paddelt selber und dann zählt dies als Freizeitsport.

    Einen Bootsverleiher gibt es schon. Allerdings bedeutet dies, jeder trägt eine Schwimmweste, muss belehrt und eingewiesen werden! Ein Fluss „lebt“, da sollte man die Regeln und Maßnahmen schon kennen.

  3. Eine bunter Strauß von Bedenken um am Ende die Annahme eines absurden Vorschlags vorzubereiten. Das könnte direkt aus der Stadtverwaltung kommen.

  4. Es gibt nichts in Deutschland, was bei öffentlicher Nutzung nicht TÜV geprüft und genehmigt sein muss. Das kann man grauselig finden, aber wenn einer ins Wasser plumst, kommen die oberschlausten Rechtsverdreher und lassen sich zuerst mal genau diese Dokumente zeigen. Und wenn da nur auf einem ein Kaffeefleck ist, Zack Schuldiger gefunden. Ob dann Herr Rebenstorf oder Herr Geier dafür gerade stehen will, bezweifle ich mal ganz stark.

    Privat kann man fast alles machen was man will, wenn man die Grundregeln beachtet. Kein Dreck, keine Gefährdung und Verkehr beachten. Jeder darf durch die Saale schwimmen, wenn kein Boot kommt, paddeln auch, sich selbst ein Floß für das Fahrrad bauen aus 4 Tonnen und rüber strampeln, wenn kein Öl in den Tonnen ist usw.

    Nur wenn eine Verwaltung auf solche Ideen kommt, wird es abenteuerlich. Aber Ponton hatten wir doch schon einmal und wenn ich nicht irre, muss man nur mal das THW fragen. Die haben doch vor wenigen Jahren etwas erhalten. Allerdings muss man dann die Behörde um Sperrung des Flusses bitten! Da meckern wieder Wasserwanderer, Schifffahrt und Sportler.
    Not gegen Elend!

  5. Für 9€ im Monat wird man doch ne Fähre finden, oder die HAVAG bietet einen Schnell Verkehr zwischen Peisnitz Ost und West an?

  6. Wie wäre es mit Drohnentaxi?
    Kann man dann gleich mal testen wie gut das ist, oder auch nicht.

  7. 9 Euro ab Juni und da ist die Brücke fast wieder frei.
    Weshalb man nicht einfach eine halbe Brücke eintüten kann, versteht keiner.
    Noch Absauger mit Filter dran und fertig!

    Die Nummer mit der Dekra ist ja auch lustig.
    Ich vermute, dass die Firma nicht 2 mal auf- und abbauen möchte.

  8. Das sind genau die Punkte, @Kenia. Offensichtlich-so darf man die Antworten von Rebensdorf lesen – ist die Berufsgenossenschaft eingeritten und hat der Firma erklärt, dass man so nicht arbeiten darf. Was sie bemängelt haben, sind übliche Standards zum Schutz der Arbeiter. Diese Standards hätte die Firma B. aber schon bei der Abgabe des Angebots berücksichtigen müssen. Dreister Versuch, jetzt gegenüber der Stadt Forderungen zu erheben, sie müsse die Brücke sperren.
    Dass beim Sandstrahlen alter Stahlkonstruktionen Schwermetalle anfallen, ist bekannt, es handelt sich hier keineswegs, wie die Stadt Halle in ihrer ersten Pressemitteilung als Begründung für die Brückensperrung mitteilt, um überraschende „unbekannte Substanzen“. Falls dies doch so sein sollte, schlage ich die Benennung des neu entdeckten Elementes vor: Rebenstorfium 2022 . In der Ordnungsreihe der Unmöglichkeiten kommt es gleich nach Steinschuttium 2021.

  9. @hei-wu, ich wollte nur mit den angeblichen Alternativlösungen sagen, dass so etwas wirklich rechtlich und verwaltungstechnisch schwierig ist. Ob man halb eintütet oder wie von Herrn Schied vorgeschlagen einen Schutztunnel baut oder wie auch immer, es gibt baulich immer Lösungen. Bei all diesen Lösungen wird der Aufwand für die Firma höher und dies wird nicht eingepreist sein.

    Dekra kommt nach Eintütung, schaut sich das an und wird nur Daumen hoch oder runter zeigen. Das wie ist denen egal.

    Aber so ist das oft. Schnell Nebenschauplätze eröffnen und am eigentlichen Thema vorbei reden. Ob Mietspiegel oder solche Projekte, unser BG sieht sich eher als Architekt der Stadt, wofür über Jahre kein Euro vorhanden ist, als ein Löser von alltäglichen Problemen.
    Ob es Herr Aldag besser umgesetzt hätte ist offen aber in der Kommunikation würde ich da schon Vorteile für ihn gesehen. Weshalb Teile aus den eigenen Reihen und symphatisierenden Räte ihn nicht wollten wird das Geheimnis der Urne bleiben. Aber nicht umsonst sind einige Parteien bei Wahlen so abgeschmiert.

  10. Man merkt hier wird mit Emotionen argumentiert. Erstmal liest sich die das Interview plausibel. Immerhin nimmt hier quasi der Auftraggeber Stellung, der wird sicher nicht aus Spaß die Interessen der beauftragten Firma verteidigen. Es klingt auch plausibel, dass die Angestellten der Stadt von einer fachgerechten Sanierung 1990 ausgehen, nach 32 Jahren wird da vermutlich auch keiner der damaligen Verantwortlichen noch da arbeiten. Es kann durchaus Naiv gewesen sein, dazu wissen wir aber nicht ob überhaupt vorher irgendwas geprüft wurde. Wenn jetzt eine Strahlschuttanalyse beauftragt wurde und diese Auffällig ist, dann muss eben gehandelt werden, auch da können wir ohne entsprechende Verträge nicht sagen was ausgehandelt war. Wenn jetzt auch noch Dekra und BG beteiligt sind, dann klingt es eben nicht wie der freie Wille der Firma oder der Stadt. Ich kann mir auch nicht Vorstellen, dass die Nummer jetzt für die Firma billiger wird. Vermutlich müsste die Stadt jetzt Extrawünsche bezahlen, da wird es aber sicher auch wieder schnell knapp.

  11. “ Es klingt auch plausibel, dass die Angestellten der Stadt von einer fachgerechten Sanierung 1990 ausgehen, nach 32 Jahren wird da vermutlich auch keiner der damaligen Verantwortlichen noch da arbeiten.“

    Auch das ist Unsinn. Weder 1990 noch heute war die restlose Entfernung alter Schutzanstriche Bestandteil einer fachgerechten Sanierung.

    Fachgerecht ist aber, dass man beim Sandstrahlen alter Anstriche – und hier ist vollkommen egal, welcher Art diese sind – für eine Einhausung zu sorgen hat, da immer mit schwermetallhaltigen Stäuben zu rechnen ist.

    Wenn dagegen verstoßen wird – und so interpretiere ich die von der Stadt angedeutenden Beanstandungen der Berufsgenossenschaft – ist das dem Auftragnehmer anzulasten.

    Möglicherweise muss man aber tatsächlich die Öffentlichkeit von Mitarbeitern des Auftragnehmers räumlich besser trennen. Es gab – lange vor Bekanntwerden der Brückensperrung – bereits bizarr anmutende Pöbeleien zwischen Passanten und Bauarbeitern.

  12. Das kommt drauf an was 1990 beauftragt und gemacht wurde. Wenn es keine Ausbesserung war und man den Lack entfernt hat, dann sollte da eben kein bleihaltiger Lack mehr sein. Offensichtlich ging man von diesem Zustand aus.

    Das es keine Einhausung gab ist ja unbestritten, es ist auch unbestritten, dass es diese nun braucht. Ohne Einsicht der Verträge können wir aber nicht klären wer „Schuld“ hat. Vielleicht ist auch alles exakt so geklärt, solange keine Gefahrenstoffe gefunden werden, wovon man nicht ausgegangen ist, wird versucht einen Weg für die Fußgänger zu lassen. Wir können uns jetzt hier weiter unterhalten, es wird wenig helfen ohne die genauen Details zu kennen.

    Ansonsten finde ich deinen letzten Absatz interessant. Wie ich die sich zu wichtig nehmenden Mitmenschen kenne, gingen diese Pöbeleien wohl weniger von den Arbeitnehmern aus. Auch jetzt halten sich da einige für den Nabel der Welt, Bauarbeitern ist sowas ja meist einfach egal.

  13. Ich muss mich etwas korrigieren, wie ich gelesen habe, gab es wohl den Verdacht von Seiten der Stadt. Es lief wohl auf das Prinzip Hoffnung hinaus.

  14. Das Prinzip Hoffnung scheint aber in der Stadtverwaltung üblich zu sein. Nicht das erste Bauwerk, bei dem man sich schwer verkalkuliert hat!

    Mal sehen, wann eine Nachfinanzierung im Rat beschlossen werden soll, wegen „unerwarteter“ zusätzlicher Kosten.

    Kein alter Bau in Halle, bei dem die Verwaltung auf den Punkt die Planung stimmte. In regelmäßiger Berichterstattung in den Ausschüssen wird dargelegt, welch unerwartete Erscheinungen auftraten. Ob Baugrund, Bausubstanz, Feuchtigkeit usw.

    Was läuft da verkehrt fragt man sich?

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