Mit deutlichen Worten reagiert der Landeselternrat Sachsen-Anhalt auf einen Antrag der AfD-Fraktion im Landtag, der unter dem Titel „Wissen statt Meinung, Toleranz statt Bevormundung: Politische Beeinflussung an Schulen bekämpfen!“ (Drucksache 8/6015) eine angebliche ideologische Einflussnahme an Schulen beklagt. In einer aktuellen Stellungnahme zeigt sich das Gremium „verwundert“ über den Vorstoß und weist die darin erhobenen Vorwürfe entschieden zurück.
Die Elternvertretung erinnert daran, dass politische Bildung in Sachsen-Anhalt längst klaren und bewährten Grundsätzen folgt – insbesondere dem sogenannten Beutelsbacher Konsens, der seit Jahrzehnten den Maßstab für demokratische Bildungsarbeit bildet. Indoktrination, so der Landeselternrat, finde in den Schulen des Landes nicht statt. Vielmehr gehe es um die Fähigkeit, eigene Urteile zu bilden und unterschiedliche Standpunkte kritisch zu prüfen.
Scharf kritisiert der Elternrat zugleich die wiederkehrende Strategie, mit der die AfD Misstrauen gegenüber Lehrkräften und Schulen säe. Bereits der Versuch, über einen „Lehrer-Pranger“ mutmaßlich politisch engagierte Pädagogen öffentlich anzuzeigen, sei ein Angriff auf die professionelle Integrität des Lehrpersonals gewesen.
Im Folgenden dokumentieren wir das vollständige Papier des Landeselternrates Sachsen-Anhalt im Wortlaut:
Erklärung des Landeselternrates Sachsen-Anhalt
Mit Verwunderung nimmt der Landeselternrat Sachsen-Anhalt den Antrag der AfD-Fraktion zur Kenntnis, der unter dem Titel „Wissen statt Meinung, Toleranz statt Bevormundung: Politische Beeinflussung an Schulen bekämpfen!“ (Drucksache 8/6015) eine vermeintliche ideologische Einflussnahme im schulischen Kontext thematisiert. Aus Sicht des Landeselternrates fehlt für eine solche Initiative jede sachliche Grundlage.
Zum wiederholten Male wird unter dem Vorwand, „Neutralität“ im Unterricht zu sichern, in diesem Antrag der Eindruck erweckt, als sei politische Einflussnahme an Schulen ein ver breitetes strukturelles Problem. Diese Darstellung verkennt die Realität an unseren Schulen und stellt die Arbeit vieler engagierter Lehrkräfte in ein falsches Licht. Der Antrag reiht sich ein in eine seit Jahren wiederkehrende Strategie, Vertrauen in Schulen, Lehrkräfte und die politische Bildung zu schwächen. Bereits vor einigen Jahren initiierte die AfD Sachsen-Anhalt einen sogenannten „Lehrer-Pranger“ – eine Online-Meldeplattform, auf der Schülerin nen und Schüler Lehrkräfte denunzieren sollten, wenn sie angeblich politische Indoktrination betrieben. Dieses Instrument war rechtlich hoch umstritten und wurde kaum genutzt.
Es blieb ein Symbol für Misstrauen gegenüber dem Schulsystem und den darin arbeitenden Menschen.Die politische Bildung in Sachsen-Anhalt folgt dem Beutelsbacher Konsens, der seit Jahr zehnten ein fester Bestandteil demokratischer Bildungsarbeit ist. Er garantiert, dass:
– keine Indoktrination stattfindet (Überwältigungsverbot),
– kontroverse Themen auch als solche dargestellt werden (Kontroversitätsgebot),
– Schülerinnen und Schüler befähigt werden, sich eine eigene Meinung zu bilden
(Schülerorientierung).Diese Prinzipien sind keine Bevormundung, sondern Grundlage einer demokratischen Erziehung, die junge Menschen zu eigenständigem Denken und verantwortungsbewusster Teilhabe befähigt.
Weiterhin existieren bereits funktionierende Beschwerde- und Kontrollmechanismen: Eltern, Schülerinnen und Schüler können sich bei konkreten Anliegen zunächst an die Schulleitung wenden. Sollte dort keine Klärung erfolgen, steht das Landesschulamt als übergeordnete Aufsichtsbehörde zur Verfügung, das auch über entsprechende Eingriffsrechte und Verfahren verfügt. Diese etablierten Strukturen gewährleisten, dass mögliche Verstöße ge prüft und, falls erforderlich, auch geahndet werden – ganz ohne neue Sonderregelungen oder zusätzliche Gremien. Aus Sicht des andeselternrates besteht daher kein Anlass, be stehende Prozesse durch zusätzliche politische Instrumente zu ersetzen oder Lehrkräfte pauschal unter Verdacht zu stellen.
Statt Kontrolle und Misstrauen braucht Schule vordergründig Vertrauen, Professionalität und offene Kommunikation. Politische Bildung ist keine Beeinflussung, sondern Kernauftrag von Schule in einer demokratischen Gesellschaft. Lehrkräfte vermitteln jungen Menschen, wie man argumentiert, wie man Meinungen bildet und wie man sich in einer pluralen Gesell schaft respektvoll austauscht. Genau das schützt unsere Demokratie.
Der Landeselternrat Sachsen-Anhalt steht an der Seite der Lehrkräfte, die sich tagtäglich für Weltoffenheit, Respekt und Toleranz einsetzen. Wir bekennen uns klar zu einer Schule, die Meinungsbildung ermöglicht – nicht Meinungen vorgibt, und die auf bestehenden, bewährten Verfahren aufbaut, anstatt Misstrauen zu säen.
Der Vorstand des Landeselternrates Sachsen-Anhalt