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Kulturkampf um Kampagnenmotto: AfD will „#moderndenken“ durch „#deutschdenken“ ersetzen. Leider kein Witz.

Mit dem Vorschlag, die seit Jahren etablierte Landeskampagne „#moderndenken“ durch ein neues Motto namens „#deutschdenken“ zu ersetzen, sorgt die AfD-Fraktion im Landtag von Sachsen-Anhalt erneut für politischen Zündstoff. Die Fraktion legte einen Antrag vor, in dem nicht nur die Umbenennung gefordert wird, sondern auch eine umfassende Neuausrichtung der kulturellen Selbstverortung des Landes. Als zentrales Element der vorgeschlagenen Kampagne firmiert ein sogenannter „Stolz-Pass“, eine Stempelkarte, mit der Besucherinnen und Besucher historischer Stätten Rabatte erhalten sollen.

Im Antrag, den man hier im Wortlaut findet (und nein, es ist kein Witz, alles ECHT) heißt es, man wolle mit dem neuen Slogan einen „grundsätzlich bejahenden, unbelasteten, respektvollen und wertschätzenden Umgang mit der deutschen Geschichte“ etablieren. Auch Preise in den Bereichen Geschichte, Kunst, Philosophie und Literatur sollen künftig vergeben werden – gezielt an jene Beiträge, „die einen Beitrag zur Bestätigung oder Weiterentwicklung deutscher Identität erkennen lassen“. Als Logo schwebt der Fraktion eine Deutschlandfahne vor, die schräg nach rechts unten zeigt.

Die Landesregierung erteilte den Plänen jedoch bereits eine deutliche Absage. Eine Sprecherin des Ministeriums für Kultur erklärte auf Anfrage, man plane keine Veränderung der aktuellen Landeskampagne. Der Begriff „#moderndenken“ sei bewusst gewählt worden, um Sachsen-Anhalts reiche Ideengeschichte – von der Reformation über das Bauhaus bis zur Friedlichen Revolution – zu würdigen. Auch das Bewerben von Unesco-Welterbestätten wie den Bauhausbauten in Dessau sei Teil des Konzeptes.

Erinnerungskultur im Visier

Die AfD indes betont in ihrer Antragsbegründung die Notwendigkeit einer kulturellen „Neuverankerung“ im Sinne einer „positiven deutschen Identität“. Bereits in der Vergangenheit hatte die Partei durch kulturpolitische Initiativen für Aufsehen gesorgt – und für scharfe Kritik. So forderte die Fraktion unter anderem die Einrichtung einer „Straße des Deutschen Reiches“ und diffamierte das Bauhaus, eines der international bedeutendsten Architekturerbe Sachsen-Anhalts, als „Irrweg der Moderne“.

Holger Hövelmann, kulturpolitischer Sprecher der SPD im Landtag, sieht darin den Versuch, „die kulturelle Moderne in Misskredit zu bringen und die Vielfalt der Erinnerungskultur durch einen völkischen Rückgriff auf eine vermeintlich homogene Vergangenheit zu ersetzen“. Es handle sich um einen kulturpolitischen Angriff auf die demokratische Verfasstheit der Bundesrepublik.

Parallelen zum „Stolzmonat“

Kritiker sehen in dem Konzept eines „Stolz-Passes“ und dem Slogan „#deutschdenken“ auch eine ideologische Nähe zur sogenannten „Stolzmonat“-Kampagne rechter Influencer im Jahr 2023, die als nationalkonservative Antwort auf den „Pride Month“ der LGBTQ-Bewegung lanciert worden war. Damals beteiligten sich auch AfD-Politiker an dem Versuch, Diversität und Gleichberechtigung in Frage zu stellen.

Die neue Initiative der AfD reiht sich somit nahtlos in eine Serie kulturpolitischer Vorstöße ein, die gezielt auf Umdeutung, Auslassung und nationale Überhöhung der Vergangenheit zielen. Während „#moderndenken“ auf die offenen Fragen der Gegenwart verweist, verortet sich „#deutschdenken“ in einem rückwärtsgewandten Entwurf nationaler Selbstvergewisserung.

Ob der Antrag im Landtag Chancen auf Umsetzung hat, gilt als unwahrscheinlich. Doch er dokumentiert einmal mehr die Strategie der AfD, Kulturpolitik als Spielfeld ideologischer Auseinandersetzungen zu begreifen – mit Symbolen, Slogans und einem Weltbild, das von Abschottung statt Offenheit geprägt ist.

2 comments on “Kulturkampf um Kampagnenmotto: AfD will „#moderndenken“ durch „#deutschdenken“ ersetzen. Leider kein Witz.”

  1. Positive deutsche Identität ? Gerne: Berthold Brecht, Kurt Tucholsky, Walter Mehring, Joachim Ringelnatz,
    Mascha Kaleko, Luise Rinser, Käthe Kollwitz, Ludwig Marcuse, Karl von Ossietzky, Erich Mühsam, Heinrich Böll, Alfred Andersch, Uwe Johnson… wer setzt die Reihe fort ?

  2. Heinrich Heine, Ferdinand Lassalle, Albert Einstein, Walther Rathenau, Otto Wels, Paul Celan, Stefan Zweig, Alfred Döblin

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