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Kürzungen an der MLU erst einmal „vom Tisch“ ?

Nach den studentischen Protesten und einer Online-Petition waren Pläne des Rektors der MLU, dem Wirtschaftsrechtler Prof. Christian Tietje, überregional Kritik geraten. Mit dem Argument, die Hochschule sei unterfinanziert, hatte er die Streichung von zehn Professorenstellen wie auch Schließung ganzer Fachbereiche angekündigt. Die darauf folgende Protestwelle, richtete sich anfangs  – kurz vor den Landtagswahlen – gegen die Landesregierung und das Wirtschaftsministerium. Die Online-Petition des Fachschaftsrates der Philosophischen Fakultät I erfuhr sogar besondere unter Altphilologen und Archäologen internationale Beachtung, wie viele der (Stand heute) über 16.000 Unterschriften zeigen. Erst im weiteren Verlauf der Debatte, die über die Landesgrenzen hinweg medialen Zuspruch erfuhr, kristallisierte sich heraus, dass insbesondere die geplante Kürzung der Professuren nicht auf dem Mist der Landesregierungt gewachsen war, sondern wohl auf einen Alleingang des Uni-Rektors.

So schien das Wissenschaftsministerium wenig von den konkreten Sparpläne des Rektors zu wissen, die „überraschende wie irritierende Aussagen“ beinhalten, wie es aus Magdeburg verlautete.  Das Ministzerium monierte unter anderem, dass einschneidende strukturelle Maßnahmen nur im Einvernehmen mit dem Ministerium umgesetzt werden dürfen, eine solche Abstimmung sei jedoch nicht erfolgt.

Alleingang des Rektors gestoppt

Auf der an der Uni Halle einberufenen Senatssitzung musste Tiedje nun zurück rudern, und sprach kleinlaut nur noch von einer „Eröffnung von Diskussionsprozessen“, die er habe anregen wollen. Am Ende der Senatssitzung stand ein beinahe  einstimmig beschlossenes Papier, entworfen von Senatsmitglied Bertolt Marquardt. Dessen zentrale  Aussage kann man als Ohrfeige für den Rektor auffassen, dessen Pläne nimmt das akademische Gremium allenfalls als „Einstieg in eine ergebnisoffene Diskussion zur Kenntnis“:  Der Senat „stellt fest, dass damit kein Detail zur Ausgestaltung der zukünftigen Personalstruktur im Bereich des wissenschaftlichen Mittelbaus, zur konkreten Streichung einzelner Professuren, zur konkreten Ausgestaltung der zukünftigen Fakultätsstruktur der MLU oder zu sonstigen, in dem Plan angesprochenen Themen entschieden ist.“

Bildung, die der Wirtschaftsjurist überflüssig findet

Der Beschluss ist eine herbe Schlappe für Rektor Tiedje: denn in seinem Entwurf war es sehr konkret um Streichung seiner Ansicht nach  „unnötiger“ oder „überflüssiger“ Fachbereiche gegangen: so sollten Lehrstühle Latinistik, Gräzistik, Mittel- und Neulateinische Philologie Archäologie des Vorderorients gestrichen werden. Mit einer Begründung übrigens, die dem Geist einer unabhängigen Universität widersprechen dürfte: „Drittmittelstarkes Forschungspotential und Potential für angemessene Studierendenzahlen“ sei dort „nicht erkennbar“.

(Quelle: forschung-und-lehre.de, eigene Recherche)

11 comments on “Kürzungen an der MLU erst einmal „vom Tisch“ ?”

  1. Da hat der Rektor wohl seinen ganz persönlichen Wahlkampf geführt. Und die ganze Hochschule für seine Zwecke mißbraucht.
    Die Frage bleibt, wie seriös ein solcher Rektor nach diesem dubiosen Husarenstück die Hochschule in MD vor dem Ministerium überhaupt noch vertreten kann?

    Interessant, dass sich auch die Senatsprofessoren dem Antrag aus dem wissenschaftlichem Mittelbau und eines s Personalratsmitgliedes angeschlossen haben. Das ist in dieser Einstimmigkeit selten.

  2. Damit schwindet der Wahrheitsgehalt der Meldung auf Null: „wie es aus Magdeburg verlautete.“

  3. P.S. Danke für den von Euch selbst recherchierten Bericht. Damit habt ihr eine journalistische Lücke geschlossen.

  4. Die Frage der potentiellen Unterfinanzierung ist aber nicht beantwortet. Gibt es dazu auch Rechercheergebnisse?

  5. Fractus schrieb:“Da hat der Rektor wohl seinen ganz persönlichen Wahlkampf geführt. Und die ganze Hochschule für seine Zwecke mißbraucht“

    Genau so sieht es demnach aus.

  6. Das ist mir zu einfach @hei-wu. Vielleicht wurde auch (auf ausgesprochen drastische Weise) verdeutlicht, was die laut MZ im Jahr fehlenden 15 Mio bedeuten (könnten) – auch wenn Herr Senius andere Zahlen genannt hat. Wem soll/kann man glauben?

  7. @Agricola
    Wem man glauben kann? Doch zuerst dem Senat der Hochschule. Der Senat hat überhaupt kein Interesse eine etwaige Unterfinanzierung zu kaschieren.

  8. Da wurden wieder die Studenten als auch die Öffentlichkeit instrumentalisiert, um zusätzliche Förderungen zu erhalten. Dabei geht völlig verloren, dass die Orchideenfächer sicher keinen so hohen Anteil an fehlbesetzten Stellen aufweisen, wie beispielsweise die juristische und wirtschaftswissenschaftliche Fakultät. Diese Vorgehensweise kennen wir bereits von der angedrohten Schließung des Studifits, welches vermeintlich unterbesetzt war. Auch hierbei ging es eher um die Qualität der Stellenbesetzung als deren Quantität. Wenn der Rektor es ernst meint, sollte er an diesen Punkt ansetzen und er würde sicher Potential zur Einsparung finden. Auf die jetzt dargebotene Art ist es einfach nur peinlich und seiner Position nicht würdig!

  9. @Agricola schrieb: „Die Frage der potentiellen Unterfinanzierung ist aber nicht beantwortet“.

    Bei der Bemessung einer „Unterfinanzierung“ muss man auch die Bezugsgröße angeben, und wo sich die herleitet, sprich: welcher Standard ist dann ausgeglichene Finanzierung?

    Und wo sind beispielsweise die Corona-Gelder hingegangen?

  10. Wenn es um die Finanzierung det Hochschulen geht, sollte man nicht aus dem Blick verlieren, dass die Bundesrepublik eine der teuersten und ineffektivsten Hochschulstrukturen weltweit hat.
    Ich möchte da nur einmal zwei Punkte rausgreifen:
    – die völlige Fixierung auf die Professur als zentrale Struktur und einziges akademisches Karriereziel. Finanziell kostet eine Professur etwa soviel wie 2,5 wiss. Mittelbaustellen. Es gibt dennoch genügend Hochqualifizierte aus dem Mittelbau in prekären(!) Arbeitsverhältnissen, die die Arbeit eines Professors ohne weiteres erledigen können. Eine Professur ist ein Status und keine Qualifikation! Eine Ausbau des Mitelbaus (und nicht nur der Fokus auf neue Professuren) könnte die Hochschulen wissenschaftlich viel weiterbringen!
    – ein neuberufener Professor baut seinen Lehrstuhl nach eigenem Ermessen praktisch völlig neu auf. Ich kenne keinen privatwirtschaftlichen Betrieb bei dem alle paar Jahre das Wissen und die firmeneigenen Kompetenzen in den Müll geworfen werden. Und in dem die kompetentesten Mitarbeiter (nach dem die diese ihre Fähigkeiten geprüft nachgewiesen haben) in regelmäßigen Abständen rausgeschmissen werden.

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