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Kommunen fordern gerechte Verteilung: Halberstädter Erklärung zur Finanzausstattung verabschiedet

Halberstadt/Halle (Saale), 21. Mai 2025 – Mit deutlichen Worten und einem klaren Appell an das Land haben sich über 25 Städte und Gemeinden in Sachsen-Anhalt gegen die derzeitige Berechnungsgrundlage der kommunalen Finanzausstattung ausgesprochen. In Halberstadt verabschiedeten sie am Dienstag die „Halberstädter Erklärung“ – ein gemeinsames Positionspapier, das die Landespolitik auffordert, bei der Verteilung der Finanzmittel künftig auf die tagesaktuellen Zahlen aus den kommunalen Melderegistern zu setzen statt auf hochgerechnete Zensusdaten.

Zensus 2022 sorgt für Kritik

Hintergrund ist der Zensus 2022, dessen Ergebnisse von vielen Kommunen als realitätsfern kritisiert werden. In mehreren Städten weichen die offiziellen Einwohnerzahlen, die durch stichprobenartige Haushaltsbefragungen ermittelt und statistisch hochgerechnet wurden, deutlich von den tatsächlichen Zahlen der Einwohnermeldeämter ab. Diese Differenzen haben spürbare finanzielle Folgen: Da sich die Höhe der Zuweisungen im Rahmen des Finanzausgleichsgesetzes (FAG) nach der Einwohnerzahl richtet, bedeuten sinkende Zahlen geringere Einnahmen.

Insgesamt soll der Zensus ein Minus von rund 40.000 Einwohnerinnen und Einwohnern für ganz Sachsen-Anhalt festgestellt haben. Besonders stark betroffen ist die Stadt Halle (Saale): Laut Zensus leben dort nur noch etwa 226.500 Menschen, das Melderegister der Stadt weist jedoch über 242.500 Hauptwohnsitze aus. „Das bedeutet für Halle Einnahmeverluste von bis zu elf Millionen Euro jährlich“, erklärt Dr. Alexander Vogt, Oberbürgermeister der Saalestadt.

„Halle zählt selbst“ als Vorreiterprojekt

Bereits im Mai 2024 hatte Halle unter dem Motto „Halle zählt selbst“ öffentlichkeitswirksam auf diese Diskrepanz hingewiesen. In mehreren Plausibilitätsprüfungen bestätigte sich, dass das städtische Melderegister die Realität mit hoher Genauigkeit abbildet – Abweichungen, wie sie der Zensus aufzeigt, ließen sich nicht nachweisen. Ein abschließender Bescheid des Statistischen Landesamts zur Halleschen Stellungnahme steht weiterhin aus.

Einigkeit der Kommunen: „Es geht um Gerechtigkeit“

In Halberstadt trafen sich nun Bürgermeister und Oberbürgermeister aus mehr als 20 Kommunen – darunter Halle (Saale), Weißenfels, Merseburg, Bitterfeld-Wolfen, Burg und Halberstadt – um die Situation zu beraten. Gastgeber war Halberstadts Oberbürgermeister Daniel Szarata. Er betonte: „Es geht nicht um Gewinnen oder Verlieren, sondern um Gerechtigkeit bei der Verteilung von Zuweisungen sowie um Vertrauen gegenüber den Kommunen.“

Die vom Zensus abgeleiteten Zahlen führen laut Szarata zu Ungleichheiten, die viele Kommunen nicht länger hinnehmen wollen. Selbst marginale Abweichungen von nur drei Prozent können bei mittelgroßen Städten bereits sechs- bis siebenstellige Summen ausmachen. Weißenfels‘ Oberbürgermeister Martin Papke sprach sich deshalb klar für eine Neuberechnung auf Basis der Melderegister aus: „Wenn diese Daten standardisiert und nachvollziehbar vorliegen, dann sind sie auch die gerechteste Grundlage.“

Die Halberstädter Erklärung im Wortlaut

In der verabschiedeten Erklärung fordern die unterzeichnenden Kommunen, dass künftig ausschließlich die tatsächlichen Einwohnerzahlen aus den kommunalen Melderegistern für die FAG-Zuweisungen verwendet werden. Die Begründung: Diese Zahlen seien tagesaktuell, einheitlich erhoben und realitätsnah. Dagegen bilde die Fortschreibung der Zensusdaten die tatsächlichen Verhältnisse in den Städten nicht ab und führe zu einer ungerechten Mittelverteilung.

Wörtlich heißt es in der Erklärung:

„Eine faire Finanzausstattung erfordert eine realitätsgerechte Bemessungsgrundlage.“

Nächste Schritte: Appell an den Landtag

Die beteiligten Kommunen kündigten an, nun den Landtag von Sachsen-Anhalt sowie den Städte- und Gemeindebund in den Prozess einzubeziehen. Ziel sei es, die gesetzgeberischen Voraussetzungen zu schaffen, damit die tatsächlichen Einwohnerzahlen als neue Berechnungsgrundlage im Finanzausgleich verankert werden können.

„Unser konsequentes Handeln ist notwendig, um auf die finanzielle Lage der Kommunen aufmerksam zu machen“, betont Halles Oberbürgermeister Vogt. „Mit der Halberstädter Erklärung setzen wir ein starkes Zeichen und erhöhen den Druck auf die politischen Entscheidungsträger.“

Unterzeichner der Erklärung

Neben Halle (Saale), Halberstadt, Weißenfels, Merseburg, Burg und Bitterfeld-Wolfen gehören zu den weiteren Unterzeichnern unter anderem: Aschersleben, Naumburg, Möckern, Stendal, Köthen, Nienburg (Saale), Bernburg (Saale), Coswig (Anhalt), Hettstedt, Arnstein, Barleben, Biederitz sowie mehrere Verbandsgemeinden und kleinere Städte.

Mehr zur Aktion „Halle zählt selbst“ und zur aktuellen Diskussion unter www.halle.de.

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