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Grab Otto des Großen soll in Magdeburg geöffnet werden: konservatorische Maßnahmen notwendig

Zuletzt wurde das Grab 1844 geöffnet – Erster deutscher Kaiser starb vor 1052 Jahren

Der Magdeburger Dom ist nicht nur ein architektonisches Meisterwerk, sondern auch ein Ort von großer geschichtlicher Bedeutung. Im Inneren des Doms ruht eine der zentralen Figuren der europäischen Geschichte: Otto der Große, der erste Kaiser des Heiligen Römischen Reiches. Sein Grabmal, ein monumentales Zeugnis mittelalterlicher Bestattungskultur, gilt als eines der wertvollsten Denkmäler der Region. Doch der Zahn der Zeit hat auch an diesem Erbe genagt, und so beginnen nun umfangreiche Konservierungsmaßnahmen, um das Grabmal und seine wertvollen Bestattungsreste zu retten.

Otto der Große: Eine Schlüsselfigur der europäischen Geschichte

Otto I., geboren 912, gestorben 973, spielte eine zentrale Rolle in der europäischen Mittelaltergeschichte. Als erster Kaiser des Heiligen Römischen Reiches trug er maßgeblich zur Formierung des Reiches bei und sicherte sich einen bleibenden Platz in der Geschichte. Besonders seine Rolle bei der Erhebung Magdeburgs zum Erzbistum 968 und seine Politik der Reichsvergrößerung und -stabilisierung machen ihn zu einer Schlüsselfigur in der mittelalterlichen Geschichte Europas.

Nach seinem Tod wurde Otto I. im Magdeburger Dom beigesetzt, gemeinsam mit seiner Frau Editha. Ihr Grabmal, das seit dem 13. Jahrhundert im Binnenchor des Doms steht, wurde über die Jahrhunderte hinweg mehrfach geöffnet und untersucht. Dabei sind die Schäden, die es durch die vergangenen Restaurierungs- und Stabilierungsmaßnahmen erlitten hat, immer offensichtlicher geworden. Dies hat nun zu der dringenden Notwendigkeit geführt, das Grabmal aufwendig zu konservieren und zu stabilisieren.

Gefährdung des Grabmals: Die Ursachen

Das Grabmal Ottos des Großen ist ein einzigartiges Kunstwerk aus Kalkstein, das von einer antiken Marmorplatte bedeckt wird. Es handelt sich um einen monumentalen Sarkophag, dessen Zustand in den letzten Jahren zunehmend besorgniserregend wurde. Besonders die Eisenklammern, die 1844 eingebaut wurden, um den Sarkophag zu stabilisieren, stellen eine erhebliche Gefahr dar. Diese Eisenklammern sind inzwischen stark korrodiert und dehnen sich aus, wodurch die Marmorplatte und der Kalksteinkörper des Sarkophags in Mitleidenschaft gezogen werden. Die Deckplatte des Sarkophags weist bereits erhebliche Risse auf, die sich weiter ausbreiten könnten, wenn nicht umgehend Gegenmaßnahmen ergriffen werden.

Ausschnitt aus dem Foto von A. Hörentrupp (c) LDA Sachsen-Anhalt: deutlich kann man die Risse erkennen, die von den korrodierenden Eisenklammern ausgehen.

Ein weiteres Problem stellt die Tatsache dar, dass die Deckplatte nicht mehr auf der ursprünglichen Stützkonstruktion aus dem Jahr 1945 lastet, sondern direkt auf den dünnen Sarkophagwänden, die teils nur wenige Zentimeter dick sind. Dies macht das gesamte Grabmal äußerst fragil und gefährdet die Integrität der Grablege.

Zusätzlich kommen die klimatischen Bedingungen im Inneren des Doms hinzu. Die starken Schwankungen von Temperatur und Luftfeuchtigkeit wirken sich nicht nur auf den äußeren Zustand des Grabmals aus, sondern auch auf das Innere des Sarkophags, wo sich der Holzsarg mit den menschlichen Überresten befindet. Der Zustand der Skelettteile ist bislang unbekannt, da der Sarg 1844 in einem gestörten Zustand aufgefunden wurde. Auch der Holzsarg selbst weist Schäden auf, die durch eine Kamerabefahrung sichtbar wurden.

Beginn der Konservierungsmaßnahmen

Angesichts dieser Gefährdung hat die Kulturstiftung Sachsen-Anhalt, in enger Zusammenarbeit mit dem Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt sowie der Evangelischen Domgemeinde, umfangreiche Maßnahmen zur Konservierung und Stabilisierung des Grabmals eingeleitet. Im Rahmen dieser Arbeiten wird zunächst eine detaillierte Dokumentation der Schäden vorgenommen. Dabei kommen moderne, nichtinvasive Analysemethoden wie Rissprüfungen, geophysikalische Untersuchungen und Werkstofftests zum Einsatz. Diese Verfahren ermöglichen es, den genauen Zustand des Grabmals und seiner Bestandteile zu bestimmen, ohne die wertvollen Strukturen zu beschädigen.

Ein wesentlicher Schritt ist die Errichtung einer schützenden Einhausung um das Grabmal. Diese Einhausung wird den gesamten Hohen Chor des Doms einnehmen und bietet Schutz vor äußeren Einflüssen, während gleichzeitig die notwendigen Arbeiten durchgeführt werden können. Die Einhausung wird mit großformatigen Fotografien des Hohen Chores versehen, um den Besuchern des Doms weiterhin einen möglichst ungestörten Eindruck des Raumes zu vermitteln. Eine Texttafel wird über den Fortschritt der Arbeiten informieren, die voraussichtlich bis 2025 abgeschlossen sein sollen.

Besondere Vorkehrungen beim Öffnen des Sarkophags

Da eine der Hauptursachen für die Gefährdung des Grabmals die Korrosion der Eisenklammern und die instabile Deckplatte sind, muss der Sarkophag geöffnet werden, um die Schäden zu begutachten und zu beheben. Die Öffnung des Sarkophags wird unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen erfolgen. Der Zugang wird nur in vollständiger Schutzkleidung über eine Schleuse möglich sein, um Kontaminationen zu vermeiden.

Die geplanten Arbeiten werden eine detaillierte Untersuchung des Holzsarges und der menschlichen Überreste im Inneren des Sarkophags beinhalten. Es wird untersucht, in welchem Zustand sich die Textilien und die Skelettteile befinden, um gegebenenfalls Maßnahmen zur Konservierung der Bestattungsreste zu ergreifen. Parallel dazu wird eine Stabilisierungsstruktur entwickelt, die es ermöglicht, die Deckplatte des Sarkophags sicher zu entfernen und dauerhaft zu stabilisieren.

Liturgische Bedeutung und respektvolle Behandlung der Totenruhe

Die Evangelische Domgemeinde, die den Dom als Gotteshaus nutzt, hat sich stets um den respektvollen Umgang mit dem Grabmal Ottos des Großen bemüht. So fand vor der Errichtung der Einhausung eine nichtöffentliche liturgische Handlung statt, in der ein Biblischer Text gelesen und ein Gebet gesprochen wurde, das um Vergebung bat, da die Ruhe des Kaisers durch die Restaurierungsmaßnahmen gestört werden musste. Domprediger Jörg Uhle-Wettler betonte dabei: „Die Domgemeinde ist nicht wissenschaftsfeindlich, weiß aber auch um ihre Fürsorge im Zusammenhang mit der Totenruhe.“

Ausblick und Kooperation der beteiligten Institutionen

Die durchgeführten Maßnahmen zur Konservierung des Grabmals Ottos des Großen sind das Ergebnis einer engen Zusammenarbeit zwischen der Kulturstiftung Sachsen-Anhalt, dem Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie sowie der Evangelischen Domgemeinde. Das Ziel ist es, dieses kulturhistorisch wertvolle Erbe für die Nachwelt zu bewahren und gleichzeitig die liturgische Nutzung des Doms nicht zu beeinträchtigen.

Die Öffentlichkeit wird regelmäßig über den Fortschritt der Arbeiten informiert, die nach aktuellem Stand im Jahr 2025 abgeschlossen sein sollen. Der Magdeburger Dom wird weiterhin ein Ort der Verehrung und des Gedenkens an Otto den Großen bleiben, und die Maßnahmen tragen dazu bei, dass das Grabmal des Kaisers auch in Zukunft ein würdiger Ort für seine letzte Ruhestätte bleibt.

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