Die hallesche Schriftstellerin Simone Trieder hat schon zahlreiche Publikationen veröffentlicht, z.B. in der Reihe „Mitteldeutsche kulturhistorische Hefte“ des Hasenverlags. Nun legt sie mit „Gastrow“ im Mitteldeutschen Verlag ein sehr persönliches Buch vor. In dem Roman erzählt sie die Geschichte ihres Großvaters Hans Gastrow, der als Ingenieur nach dem Ersten Weltkrieg mit dem ISOMA-Automaten eine technische Neuerung entwickelt hatte. Mit dem Spritzgießautomaten konnte aus Kunststoffgranulat die vielfältigsten Plasteartikel hergestellt werden – von Bechern über Zifferblätter bis hin zu Pistolengriffen. Eine innovative und gefragte Erfindung, die weltweit auf Interesse stieß.
Trieder erzählt die Familiengeschichte in mehreren Zeitsprüngen – angefangen, als Hans Gastrow mit 23 Jahren Student der Technischen Universität in Charlottenburg ist. Es folgtn Kriegsjahre, Inflation und Weltwirtschaftskrise. Die nächste Episode ist im Oktober 1929 angesiedelt, die Einblicke in das Leben und den Alltag der Familie Gastrow gewährt. 1933 ging der Automat schließlich in Serienproduktion und zwei Jahre später erwarten Hans und seine Erfindung Interessenten in Amerika und so geht es mit der „Bremen“ über den Nordatlantik. Doch wird es zu einem Geschäft kommen? Amerika ist schließlich ein Bakelit-Land, während Gastrows Automat Polysterol spritzt, das viel elastischer und geschmeidiger ist. Obwohl die Amerikaner eigentlich mit Hitlerdeutschland keine Geschäfte machen wollen, liefert Gastrow (inzwischen in Zerbst angesiedelt) in den folgenden Jahren über 1000 Stück der ISOMA. Von 1946 bis 1951 verbringt Gastrow dann in der Sowjetunion als einer von 2500 deutschen Ingenieuren als „lebende Reparationsleistung“. Die letzten Kapitel beleuchten dann den Lebensabschnitt in Westdeutschland. Seine 1966 im Carl Hanser Verlag München erschienene Publikation über den Spritzguss-Werkzeugbau wurde zum Standardwerk.
Trieders Familiengeschichte ist gleichzeitig eine Darstellung der wechselvollen deutschen Geschichte des 20. Jahrhunderts.
Simone Trieder: „Gastrow oder Die Poesie der Technik“, Mitteldeutscher Verlag Halle 2024, 20,00 €, 245 S., ISBN 978-3-96311-950-7