Die Gastprofessur trägt den Namen „EU-werteorientierte Nachbarschaft und Handelspolitik“. Im Kern geht es dabei um die Frage, welche Ziele und Werte europäische Staaten verfolgen, wenn sie in Kooperation mit anderen Ländern treten. All das ist im EU-Vertrag geregelt, genauer gesagt in Artikel 21. Darin aufgelistet sind zahlreiche Grundsätze, die die europäische Außenpolitik bestimmen, insbesondere die Förderung der Demokratie, der Menschenrechte oder der nachhaltigen Entwicklung von Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt. Geregelt wurde dies bereits im Vertrag von Lissabon im Jahr 2009. „Das ist ein sehr ambitioniertes Bekenntnis, das aber außerhalb eines engen Kreises von Fachleuten bis vor wenigen Monaten wenig beachtet wurde“, sagt Prof. Dr. Christian Tietje von der MLU. Aktuelle politische Entwicklungen, wie der Krieg in der Ukraine oder Freihandelsabkommen, hätten das Thema wieder stärker auf die Agenda gerufen.
Um dieses Expertenwissen einer möglichst breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen, plant Tietje gemeinsam mit seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eine Reihe von Angeboten, die allesamt frei verfügbar sein werden. Dazu gehören zum Beispiel digitale Vorlesungen, Workshops, aber auch Podcasts, Videos und Unterrichtsmaterialien für Schulen. „Durch diese vielfältigen Materialien wollen wir ein größeres Bewusstsein für die rechtlichen Grundlagen wie auch für eine moderne und werteorientierte EU-Außenpolitik schaffen“, so Tietje, der sich seit mehr als 20 Jahren intensiv mit dem EU-Recht, der gemeinsamen Handelspolitik der EU, dem internationalen Wirtschaftsrecht und dem Völkerrecht befasst.
Jean-Monnet-Lehrstühle werden von der Europäischen Kommission vergeben, um Forschung, Lehre und die gesellschaftliche Auseinandersetzung mit dem europäischen Einigungsprozess zu befördern. Benannt sind die Lehrstühle nach dem französischen Unternehmer Jean Monnet (1888-1979). Als Autor des als Schumann-Plan bekannt gewordenen Grundsatzprogramms gilt Monnet als einer der wichtigsten Initiatoren und Gestalter des europäischen Integrationsprozesses.