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Erste Wasserstoff-Pipeline in Betrieb – Sachsen-Anhalt macht Weg frei für Energiewende im industriellen Maßstab

Mit der Inbetriebnahme der ersten Transportleitung des zukünftigen Wasserstoffkernnetzes in Sachsen-Anhalt ist ein bedeutender Schritt auf dem Weg zur klimaneutralen Energieversorgung gelungen. Die 25 Kilometer lange Leitung verbindet den Energiepark Bad Lauchstädt mit der TotalEnergies Raffinerie in Leuna und soll künftig jährlich rund 2.700 Tonnen grünen Wasserstoff transportieren – ein Meilenstein für die Energiewende in Ostdeutschland und für die Transformation der Industrie in Mitteldeutschland.

Die Leitung wurde vom Fernleitungsnetzbetreiber Ontras realisiert. Es handelt sich um eine umgerüstete Erdgasleitung aus den 1980er Jahren, die nun für den Transport von Wasserstoff fit gemacht wurde. Sie bildet den Auftakt für das bundesweit geplante Wasserstoffkernnetz, das langfristig die Versorgung energieintensiver Industrieunternehmen mit grünem Wasserstoff sichern soll. In Sachsen-Anhalt ist die Leitung zwischen Bad Lauchstädt und Leuna der erste Baustein eines Netzes, das künftig auch Projekte wie Green Octopus Mitteldeutschland (GO!) und das Mitteldeutsche Chemiedreieck einbinden soll.

Zwar befindet sich der angeschlossene Elektrolyseur im Energiepark noch im Bau – ebenso wie die Ausspeiseanlage in Leuna – dennoch ist die Leitung bereits testweise in Betrieb. „In den kommenden Monaten bis zur Fertigstellung der Erzeugungsanlagen sammeln wir im Testbetrieb wichtige Erfahrungen. Diese Erkenntnisse sind essenziell für den späteren Realbetrieb“, erklärte Gunar Schmidt, Geschäftsführer Betrieb und Sicherheit bei Ontras.

Modellprojekt für die ganze Republik

Die Umrüstung der Pipeline gilt als Blaupause für weitere Projekte dieser Art in Deutschland. Die Leitungsinfrastruktur spielt eine zentrale Rolle im nationalen Wasserstoffplan, da sie es ermöglicht, grünen Wasserstoff dort bereitzustellen, wo er am dringendsten gebraucht wird – etwa in der chemischen Industrie oder in Raffinerien, die bislang auf fossile Energieträger angewiesen sind.

Mit dem Ausbau des Wasserstoffkernnetzes will Sachsen-Anhalt seine industrielle Basis zukunftsfähig machen. Laut einer Studie des Beratungsunternehmens r2b energy consulting könnten durch den Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft bis zum Jahr 2045 rund 27.000 zusätzliche Arbeitsplätze im Land entstehen. Die Studie, die Anfang 2024 vom Energieministerium vorgestellt wurde, prognostiziert zudem ein jährliches Plus von 1,5 Milliarden Euro an regionaler Wertschöpfung.

Energiepark Bad Lauchstädt als Herzstück

Eine Schlüsselrolle bei dieser Entwicklung spielt der Energiepark Bad Lauchstädt. Hier entsteht derzeit eine Großelektrolyse-Anlage mit einer Leistung von 30 Megawatt. Unter Nutzung von Windstrom aus einem nahegelegenen Windpark soll dort ab Ende 2025 grüner Wasserstoff im industriellen Maßstab erzeugt werden. Der Wasserstoff wird nicht nur direkt in die neu in Betrieb genommene Pipeline eingespeist, sondern soll auch in einer eigens dafür vorgesehenen Salzkaverne zwischengespeichert werden – ein innovativer Ansatz, um die schwankende Verfügbarkeit erneuerbarer Energien auszugleichen und eine zuverlässige Versorgung sicherzustellen.

„Das Projekt in Bad Lauchstädt zeigt, wie die gesamte Wertschöpfungskette – von der Erzeugung über die Speicherung bis zum Transport und zur industriellen Nutzung – in einem integrierten System realisiert werden kann“, heißt es aus Branchenkreisen. Die Erfahrungen aus Sachsen-Anhalt sollen als Referenz für ähnliche Vorhaben in ganz Deutschland dienen.

Öffentliche Förderung als Wegbereiter

Für den Aufbau des Wasserstoffkernnetzes in Sachsen-Anhalt stellt das Land insgesamt 54 Millionen Euro bereit. Weitere 126 Millionen Euro kommen vom Bund. Der Großteil der geplanten Leitungen soll nach Angaben der Fernleitungsnetzbetreiber bis Ende 2028 betriebsbereit sein. Damit gehört Sachsen-Anhalt zu den Vorreitern beim Aufbau einer klimaneutralen Wasserstoffinfrastruktur in Deutschland.

Die heutige Inbetriebnahme ist dabei mehr als nur ein symbolischer Akt – sie markiert den Übergang von der Planungs- zur Umsetzungsphase und zeigt, dass der Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft in Deutschland konkrete Formen annimmt. In wirtschaftlich herausfordernden Zeiten ist dies ein wichtiges Signal – nicht nur für Investoren und Unternehmen, sondern auch für die Menschen im Land, deren Arbeitsplätze und Lebensqualität maßgeblich von einer erfolgreichen Transformation abhängen.


Hintergrund: Was ist das Wasserstoffkernnetz?

Das Wasserstoffkernnetz ist ein bundesweit geplantes Leitungsnetz für den Transport von Wasserstoff. Es soll bis 2032 rund 9.700 Kilometer umfassen und ist als Rückgrat der zukünftigen Wasserstoffwirtschaft gedacht. Ziel ist es, Erzeugungsstandorte mit Verbrauchszentren zu verbinden, die bislang stark von fossilen Energien abhängig sind. Ein Großteil der Leitungen soll durch die Umnutzung bestehender Erdgasinfrastruktur realisiert werden.

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