Reichardts Garten im Norden der Stadt Halle gehört zu dem „Touristisch-denkmalpflegerischen Netzwerk Gartenträume – Historische Parks in Sachsen-Anhalt“, in dem rund fünfzig Gartenanlagen und Landschaftsparks verbunden sind. In der beliebten Reihe der „Mitteldeutschen Kulturhistorischen Hefte“ aus dem Hasenverlag erschien bereits 2007 eine Publikation zu dem Dichtergarten Giebichenstein. Aufgrund des großen Interesses an diesem Thema erschien nun eine 2. Auflage. Die hallesche Autorin Simone Trieder beleuchtet ausführlich die Entstehung und Geschichte des Gartens, vor allem seine literarische Bedeutung am Ende des 18. Jahrhunderts und zu Beginn des 19. Jahrhunderts.
Die Parkanlage wurde um 1794 von dem Komponisten und Publizisten Johann Friedrich Reichardt (1752–1814) im Stil eines englischen Gartens angelegt, wobei der Wörlitzer Park und Rousseaus Ideen „Zurück zur Natur“ als Vorbilder dienten. Mit Blickrichtung nach Weimar gehörte natürlich auch ein Gartenhaus dazu. Diese „Herberge der Romantik“ entwickelte sich schnell zu einem beliebten Treffpunkt der bedeutendsten Dichter der Romantik – von Jean Paul bis zu Novalis, von Tieck bis zu Brentano. Auch Goethe genoss die Gastfreundschaft dreimal, wobei der Bau des Theaters in Bad Lauchstädt und die Vertonung vieler seiner Gedichte durch Reichardt den Anlass dazu gaben. An seine Besuche erinnern noch heute die „Goethe-Bank“ und verschiedene Gedenksteine mit Zitaten des großen Klassikers.
Trieder widmet sich detailliert den verschiedenen Künstlertreffen und dem „Romantikerklatsch“. Dabei wird auch kurz auf die Biografien und die Werke der Romantiker eingegangen. Dazu gibt es ganzseitige Porträtabbildungen der Dichter. Joseph von Eichendorff, damals gemeinsam mit seinem älteren Bruder Wilhelm Student in Halle, war allerdings nur Zaungast des Dichtergartens.
Die literarische Idylle fand jedoch ein schnelles Ende, der napoleonische Krieg machte auch vor der Saalestadt nicht Halt. Der Demokrat Reichardt musste fliehen, kehrte zwar kurze Zeit später zurück, doch mit seinem frühen Tod erlosch das „Giebichensteiner Dichterparadies“. Ab 1844 wurde der etwa drei Hektar große Garten als erweiterter Kurpark von Wittekind genutzt, ehe er 1902 in städtischen Besitz überging und für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde.
Der Band punktet mit einer reichen Illustration an historischen Abbildungen und einer Zeittafel zur Zeit der Romantik in Halle. Ein beachtenswerter Beitrag zur mitteldeutschen Regionalgeschichte.
Simone Trieder: „Dichtergarten Giebichenstein – Romantiker in Halle“, Hasenverlag Halle/Saale 2025, Heft 9 der „Mitteldeutschen kulturhistorischen Hefte“, 2. überarb. Aufl., 17,50 €, 80 S., ISBN 978-3-939468-08-0
