Großrazzia gegen größte »Reichsbürger«-Gruppe / Innenminister Dobrindt spricht von Angriff auf die Verfassung
(Quelle: Der Spiegel, 13. Mai 2025)
Berlin – Ein lang geduldetes Kapitel staatsfeindlicher Scheinwelten ist beendet: Das Bundesinnenministerium hat am Dienstag das sogenannte »Königreich Deutschland« (KRD) samt seiner zahlreichen Unterorganisationen verboten. Nach Informationen des Spiegel durchsuchten seit den frühen Morgenstunden mehrere Hundert Polizeikräfte in sieben Bundesländern dutzende Objekte der Gruppierung. Auch der Gründer und selbsternannte Monarch Peter Fitzek wurde festgenommen.
Die von Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) verfügte Maßnahme richtet sich gegen die nach Einschätzung der Sicherheitsbehörden größte Organisation im Milieu der sogenannten »Reichsbürger«. Die Gruppe verstoße »gegen die verfassungsmäßige Ordnung« und wende sich »gegen den Gedanken der Völkerverständigung«, so das Ministerium. Darüber hinaus seien die Aktivitäten des KRD »strafgesetzwidrig«. Das Vermögen der Organisation wird eingezogen.
Ein Königreich aus Fantasie und Betrug
Gegründet 2012 von dem ehemaligen Koch und Karatelehrer Fitzek, der sich von seinen Anhängern als »König Peter I.« oder gar »Menschensohn« ansprechen ließ, betrieb das »Königreich Deutschland« über Jahre hinweg einen regelrechten Parallelstaat. Mit purpurfarbenem Mantel und Schwert inszenierte sich Fitzek bei seiner Krönung in Lutherstadt Wittenberg. Die Gruppierung bot Seminare zur Abkehr vom Staat an, warb mit »Systemausstiegs«-Kursen und betrieb unter anderem eine eigene »Heilfürsorge«, eine Fantasie-Krankenversicherung.
Laut eigener Angaben zählte das KRD rund 6000 Mitglieder – eine Zahl, die Experten für deutlich überhöht halten. Tatsächlich aber trat die Gruppe durch Immobilienkäufe und eine Vielzahl von Veranstaltungen in Erscheinung. 2022 erwarb sie Schloss Bärwalde, später auch einen Gutshof im sächsischen Halsbrücke, der zum Rückzugsort der Bewegung wurde.
Festnahme auf dem Gutshof – Ermittlungen wegen krimineller Vereinigung
Auf ebendiesem Gutshof verhafteten Einsatzkräfte der Bundesanwaltschaft am Dienstag Fitzek und drei weitere führende KRD-Akteure. Die Behörde ermittelt wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung und des Verdachts illegaler Bank- und Versicherungsgeschäfte. Fitzek hatte sich in der Vergangenheit immer wieder vor Gericht verantworten müssen – zuletzt war er wegen tätlicher Angriffe auf Behördenmitarbeiter zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden.
Noch am Dienstag bezeichnete Fitzek in Handschellen gegenüber Spiegel TV die Maßnahmen als »illegal und rechtswidrig«.
Finanzgeschäfte im Visier der Behörden
Bereits in den vergangenen Jahren war die Finanzaufsicht Bafin gegen die pseudostaatlichen Strukturen des KRD vorgegangen. Die Organisation betrieb ohne Genehmigung Bank- und Versicherungsgeschäfte. Bei einer Razzia im November 2023 beschlagnahmten Ermittler Bargeld und Goldbarren im Wert von über 360.000 Euro. Fitzek reagierte mit Verschwörungsrhetorik: Die Behörden seien eine »Mafia«, die gegen ein »Völkerrechtssubjekt« Krieg führe.
Ideologie, Immobilien, Isolation
Das Innenministerium und der Verfassungsschutz beschreiben die Gruppierung als sektenartige Struktur mit starker ideologischer Abschottung. Fitzek unterhielt enge Kontakte in rechtsextreme Kreise, sympathisierte mit der AfD und äußerte sich regelmäßig antisemitisch. Das Brandenburger Innenministerium nannte ihn einen »besonders umtriebigen Milieumanager«, der vor allem auf das Geld seiner Anhänger aus sei.
Während die Zentrale in Wittenberg längst aufgegeben werden musste, expandierte die Gruppe in den letzten Jahren in mehrere Bundesländer. Emissäre traten verdeckt auf, kauften Immobilien und versuchten, lokale Strukturen zu unterwandern.
Ein Kapitel endet – doch die Gefahr bleibt
Mit dem Verbot des »Königreich Deutschland« ist Fitzeks Fantasiereich nun Geschichte – zumindest auf dem Papier. Sicherheitsbehörden warnen jedoch, dass der »Reichsbürger«-Szene damit nicht der Boden entzogen ist. Die Ideologie lebt fort, auch in anderen Gruppierungen. Was bleibt, ist der Eindruck einer Parallelwelt aus Obskurantismus, Machtfantasien und finanzieller Ausbeutung.
Fitzek selbst hatte noch 2024 in einem Interview mit russischen Medien beklagt, er werde von einem »Bankenkartell« verfolgt. »Aber sie schaffen es nicht«, sagte er damals. Mit dem heutigen Tag könnte sich auch das geändert haben.
2 comments on “Bundesinnenministerium verbietet »Königreich Deutschland« – Anführer Fitzek festgenommen”
Endlich wurde diese verbrecherische Organisation verboten.
Nachdem vor mindestens 5 Jahren die BaFin schon bei ihm Hausdurchsuchuchungen veranlasst hatte, wundert mich eigentlich, dass ihm danach nicht endgültig das Handwerk gelegt wurde.