Ein Blick auf die Zensuszahlen 2022 offenbart: Das Bild des Wohnens in Sachsen-Anhalt hat sich gewandelt. Immer mehr Menschen leben allein – in kleinen Wohnungen, zu höheren Mieten. Ein Trend, der Stadt und Land gleichermaßen erfasst hat.
Von unserer Redaktion
Halle (Saale) – Das stille Abendbrot am Küchentisch, ein Buch statt Stimmengewirr, der Klang der eigenen Schritte im Flur: In Sachsen-Anhalt hat sich das Alleinleben zur neuen Normalität entwickelt. Wie das Statistische Landesamt mitteilt, war im Jahr 2022 beinahe jeder zweite Haushalt (44,7 %) ein Einpersonenhaushalt – Tendenz steigend. Gegenüber dem Zensus 2011 ist das ein Zuwachs von 7,6 Prozentpunkten.
Insgesamt lebten zum Stichtag 15. Mai 2022 rund 499.240 Menschen allein in ihrer Wohnung. Besonders augenfällig ist der Wandel in den Großstädten: In Gemeinden mit mehr als 100.000 Einwohnerinnen und Einwohnern – in Sachsen-Anhalt sind das Halle (Saale) und Magdeburg – machte der Anteil der Singlehaushalte 53,5 Prozent aus. Aber auch auf dem Land zieht der Trend nach: In kleineren Gemeinden mit unter 10.000 Menschen stieg der Anteil der Alleinlebenden seit 2011 von 28,5 auf 35,7 Prozent.
Doch das Alleinleben hat seinen Preis. Zwar teilen sich Einpersonenhaushalte seltener Küche und Bad, doch sie zahlen dafür höhere Mieten pro Quadratmeter. In Sachsen-Anhalt betrug die durchschnittliche Nettokaltmiete bei Singlehaushalten 5,45 Euro/m², bei Mehrpersonenhaushalten lag sie mit 5,31 Euro/m² merklich darunter. Wer allein in einer Wohnung unter 60 m² lebt – das betrifft gut die Hälfte aller Singles –, zahlt im Schnitt sogar 5,56 Euro/m². Zum Vergleich: Haushalte mit zwei oder mehr Personen zahlten in dieser Größenordnung lediglich 5,34 Euro/m².
Der Grund dafür liegt auf der Hand: Kleinere Wohnungen sind im Verhältnis oft teurer – eine Folge des angespannten Wohnungsmarkts, nicht nur in den Metropolen. Bundesweit spiegelt sich derselbe Trend: Singlehaushalte zahlten 2022 im Schnitt 7,53 Euro/m², Mehrpersonenhaushalte 7,09 Euro/m².
In den großen Städten Sachsen-Anhalts lag die durchschnittliche Nettokaltmiete für Einpersonenhaushalte bei 5,89 Euro/m² – ein Euro mehr als in den ländlichen Gemeinden, wo sie bei 4,89 Euro/m² lag. Der Unterschied ist markant und verstärkt soziale Spannungen, gerade in Zeiten steigender Lebenshaltungskosten.
Die Zahlen werfen ein Schlaglicht auf den gesellschaftlichen Wandel: Der Rückzug ins Private, das Leben ohne Mitbewohner, Partner oder Familie ist kein Randphänomen mehr, sondern Mainstream. Die Gründe dafür sind vielfältig – von der demografischen Alterung über veränderte Partnerschaftsmodelle bis hin zu den Anforderungen einer mobilen Arbeitswelt.
Dabei darf man nicht vergessen: Ein Haushalt mit nur einer Person ist nicht zwangsläufig ein einsamer Ort. Viele genießen die Freiheit, den Rhythmus des eigenen Lebens selbst zu bestimmen. Andere jedoch kämpfen mit steigenden Mietkosten und der schwindenden sozialen Einbindung. Die Wohnpolitik ist gefordert, auf diese Entwicklung zu reagieren – mit neuen Konzepten für urbanes und ländliches Wohnen, die auch dem wachsenden Bedürfnis nach bezahlbarem Wohnraum für Singles Rechnung tragen.