Nach Wiegands Meldung über angeblichen „Superspreader trotz Impfung“: was an der Geschichte wirklich dran ist.

31. März 2021 | Bildung und Wissenschaft | 9 Kommentare

Nach der gestrigen „Horrormeldung“, die Oberbürgermeister Bernd Wiegand verbreitet hat, im Elisabeth-Krankenhaus sei ein möglicher „Superspreader“ identifiziert worden, der trotz Impfung und negativem Schnelltest als „hochinfektiös“  identifiziert worden war, kam einigen unserer Leser der Fall merkwürdig vor.

Hallespektrum.de hat deshalb bei Dr. Hendrik Liedtke, dem Ärztlichen Direktor Krankenhaus St. Elisabeth und St. Barbara Halle, nachgefragt. Und die Redaktion erhielt promt eine Antwort.

Hallespektrum.de: Der Oberbürgermeister zitiert Sie wörtlich wie folgt: „Das Virus hat offenbar eine neue Strategie und umschifft alle Abwehr-Maßnahmen, die wir bisher hatten. Das ist eine völlig neue Situation“. Sind Sie richtig zitiert worden?

Dr. Hendrik Liedtke: „Wir haben im Rahmen unserer Sicherheitsmaßnahmen bei Kontaktnachverfolgungen jemanden gefunden, der symptomfrei, negativ im Schnelltest und dann stark positiv in der PCR war. Beide Proben wurden zum gleichen Zeitpunkt abgenommen.“

Hallespektrum.de: Wurde bei dem Patienten ein quantitativer PCR-Test gemacht? Wurde die Virenmenge aus einer Serumprobe oder einem Abstrich bestimmt? Wurde die Virenlast über die Anzahl der PCR-Cyclen bestimmt?

Dr. Hendrik Liedtke: „Korrekt, in der PCR sehr niedriger CT-Wert = hohe Virusmenge.“

Hallespektrum.de: Lässt sich die Infektiosität eines Patienten über einen quantitatien PCR-Test bestimmen?

Dr. Hendrik Liedtke: „Nein. Wir wissen derzeit nicht genau, ob einige geimpfte Personen das Virus weitergeben können. Wir passen jedoch unserer Sicherheitsstrategie diesbezüglich an und etablieren eine neue, leistungsfähigere PCR-Laboranlage.“

Hallespektrum.de:  „Die Aussage, mit der Herr Liedtke zitiert wird, ist sehr weitreichend und gibt Anlass zur Sorge: „Das Virus hat offenbar eine neue Strategie und umschifft alle Abwehr-Maßnahmen, die wir bisher hatten. Das ist eine völlig neue Situation“. Ist diese Aussage, so wie sie Dr. Wiegand zitiert, wissenschaftlich fundiert und valide, kann sie aufgrund des (bislang offenbar einzigen) Vorgangs so getroffen werden? Oder wurde hier zu verkürzt zitiert?

Dr. Hendrik Liedtke: „Tatsächlich ist die gute Nachricht, dass das Impfen wirkt. Trotz vieler Viren war die Person nicht erkrankt. Vom Beginn der Impfkampagne an haben wir jedoch keine Hygienemaßnahmen für Geimpfte ausgesetzt, da wir uns eben nicht sicher waren, ob Viren von diesen weitergegeben werden können. Jetzt müssen wir das in unsere Abwehrmaßnahmen jedoch verstärkt einkalkulieren. Der wissenschaftliche Nachweis muss jedoch noch erbracht werden. Das andere ist die Rolle der Schnellteste. Falsch negative Ergebnisse sind bei diesen schon immer im Bereich des Möglichen gewesen und sind es auch jetzt. Das mag vielleicht für Schulen und Kitas reichen. Für Krankenhäuser sind diese jedoch nur im Grobscreening zu gebrauchen und können keinesfalls Lockerungsmaßnahmen begründen „

(Hervorhebungen redaktionell). Hallespektrum dankt Herrn Dr. Liedtke für diese Auskunft.

 

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