Weiterer Schultze-Galléra-Reprint

11. August 2016 | Rezensionen | Keine Kommentare

Halle und das 18. Jahrhundert … da denkt man in erster Linie an die neugegründete Friedrichs-Universität, wo solche bekannten Universalgelehrten wie Christian Thomasius und Christian Wolff lehrten … an die Franckesche Stiftungen oder an die Gründung der Preußisch-Königlichen Saline an der Saale. Das 18. Jahrhundert eine Zeit der Aufklärung und eine Erfolgsepoche für Halle? … ja, aber es hatte auch seine dunklen Schattenseiten.

Der hallesSchultze-Galléra_Siegmar Baron von_Hallisches Dunkel- und Nachtlebenche Regionalforscher Siegmar Baron von Schultze-Galléra (1865-1945) hat schon 1930 das „Hallische Dunkel- und Nachtleben im 18. Jahrhundert“ ausführlich recherchiert und beschrieben. Nun liegt im Rockstuhl Verlag eine Reprint-Ausgabe dieser bisher weniger bekannten Publikation des Stadtchronisten vor. In zehn Kapiteln werden dabei die unterschiedlichsten Personenkreise und Berufsgruppen der damaligen Zeit kritisch beleuchtet.

Der Auftakt bleibt den Soldaten des Regiments Anhalt vorbehalten, die sich häufig in Kneipen und Gasthöfen herumtrieben oder Umgang mit „öffentlichen Mädchen“ hatten. Selbst über Diebstähle und Mordtaten weiß der Autor zu berichten. Unter den Bürgern befand sich ebenfalls solch ein Gesindel und bei den halleschen Frauen und Töchter waren Skandale und Entgleisung auf der Tagesordnung. Interessant auch das Kapitel „Puffkeller, Kaffeehäuser, Gasthöfe“, wo der Leser etwas über die historischen Kneipen und Spelunken erfährt.

Ausführlich widmet sich Schultze-Galléra dem Studentenleben im 18. Jahrhundert, das eine Verwilderung der Sitten zeigte mit Zechen, Spielen, Duellieren und Dirnen. Statt ernstem Studium herrschte Oberflächlichkeit, Koketterie und Vergnügungssucht. Und die Professoren? Neben bedeutenden Gelehrten gab es auch Professoren und Magister, die sich ebenfalls in Wirtschaften und heimlichen Lasterhöhlen herumtrieben. Einer wurde sogar von König Friedrich Wilhelm I. eigenhändig geohrfeigt. Auch Aberglauben war unter Halles Bewohnern im 18. Jahrhundert noch reichlich anzutreffen. In den beiden Schlusskapiteln berichtet Schultze-Galléra dann von den halleschen Zuchthäusern und Selbstmördern.

Die knapp hundert Seiten sind wahrlich eine düstere Kulturgeschichte der Stadt Halle. Aber wie sagt das Sprichwort: „Wo viel Licht (siehe die ersten Zeilen) ist, ist auch viel Schatten.“ Eine durchaus aufschlussreiche und mitunter humorvolle Lektüre.

Siegmar Baron von Schultze-Galléra: „Hallesches Dunkel- und Nachtleben im 18. Jahrhundert“, Verlag Rockstuhl Bad Langensalza 2016, Reprint-Ausgabe, 12,95 €, 98 S., ISBN 978-3-95966-120-1

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