Ein Weihnachtsgeschenk für Walter
27. Dezember 2016 | Kultur, Rezensionen | 6 KommentareWas haben die HalleSpektrum-Leser zu Weihnachten gelesen? Unsere Paula trieb sich vor den Festtagen gelangweilt in Buchhandlungen herum, um Angestellte und Last-Minute-Einkäufer um den letzten Verstand zu bringen. Eine findige Verkäuferin stellte sie mit einem Buch für „Menschenfeinde und Rattenfreunde“ ruhig:
Unser dritter Fischzug zu den „Büchern abseits des Büchermalstrom“ geht dieses Mal nicht in die Selfpublisherszene, sondern zu einem Buch eines unabhängigen Kinderbuchverlages aus München. Das Buch „Ein Weihnachtsgeschenk für Walter“ ist nicht ganz neu, sondern bereits 2007 erschienen. Mir liegt die 7. Auflage von 2014 vor. Ich hätte mir kein schöneres Weihnachtsbuch in diesem Jahr vorstellen können. Es ist eine Weihnachtsgeschichte für Bücherliebhaber, scheue Menschen und Rattenfreunde. Im Mittelpunkt steht … ach, hören Sie selbst:
„Walter war eine hochbetagte Ratte. Er lebte bei der Schriftstellerin Amanda Pomeroy. Miss Pomeroy wußte nicht, dass Walter bei ihr wohnte…“
Walter ist allerdings keine gewöhnliche Ratte, denn er kann lesen und schreiben. Er liest alles, was ihm in die Rattenpfötchen gerät. Zumindest alles, was nicht gleichzeitig auch eßbar ist. Deswegen liebt er auch Miss Pomeroys Haus. Denn die Schriftstellerin, auch nicht mehr die jüngste, besitzt ein Haus voller Bücher. Walter kann lesen, so viel er mag. Und da die Schriftstellerin sehr unordentlich ist, gibt es auch Futter für ihn in Hülle und Fülle. Aber da Walter auch eine sehr mitfühlende Ratte ist, bemerkt er recht bald, wie einsam die Schriftstellerin ist. Erste diskrete Versuche Kontakt aufzunehmen, schlagen fehl. Miss Pomeroy reagiert darauf nicht. Als Walter entdeckt, dass Miss Pomeroy Kinderbücher über Mäuse schreibt, ist er ernstlich beleidigt. Dennoch beschließt er, ihr einen Brief zu schreiben. Dabei kommt heraus, dass alles etwas anders ist, als er dachte. Walter und Miss Pomeroy beginnen, sich regelmäßig zu schreiben. Weihnachten rückt immer näher. Walter liegt sehr viel an Weihnachten.
Ein Buch zum Vorlesen
„Ein Weihnachtsgeschenk für Walter“ ist ein bittersüßes Buch, dass frau mit einem sehr guten Portwein abgeschmeckt, sehr gut alleine genießen kann. Ich finde aber, es schreit einfach danach, vor Weihnachten, zu Weihnachten, oder auch danach vorgelesen zu werden. Ich habe es noch nicht ausprobiert, die Opfer haben sich der Lesetraktierei durch Krankheit oder andere Fahnenflucht entzogen. Aber aufgeschoben ist natürlich nicht aufgehoben. Verstehen werden es Zuhörer von 5 – 105 ohne Mühe. Ich würde es begrüßen, wenn es nur Menschen vorgelesen wird, die Verständnis für Ratten haben und nicht nur Mäuse süß finden. Es heißt ja schließlich auch Leseratte und nicht Lesemaus, oder? Übersetzt hat es übrigens Barbara Küper. Die tollen Illustrationen stammen von Donna Diamond. Der Tulipan Verlag wurde nach eigenen Angaben 2006 in Berlin gegründet und ist ein unabhängiger Kinderbuchverlag mit Sitz in München. Verlegerin ist Mascha Schwarz. Im Tulipan Verlag werden originelle und hochwertige Bilder- und Kinderbücher publiziert
Hier alle weiteren Angaben für den Buchladen Eures Vertrauens:
Barbara Wersba, Donna Diamond: Ein Weihnachtsgeschenk für Walter, Übersetzung von Barbara Küper, Hardcover, mit s/w-Illustrationen, 64 Seiten, ab 7 Jahren, ISBN: 9783939944065, 14,90 €
Kommt also mit diesem Lesetipp rattenscharf ins neue Jahr,
Eure Paula Poppinga
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Ich habe mir eure erste Buchempfehlung gekauft, so nach dem Motto, lieste es mal schnell durch, kannste dann zu Weihnachten verschenken. Man, so ein Wälzer!
Vielleicht bekomme ich es ja nächstes Weihnachten zurück! 😉
Ich lese gerade Nele Pollatschek: Das Unglück anderer Leute. Ein erstaunliches, noch etwas unvollkommenes Debüt. Übrigens ein sehr jüdischer Roman, ohne das es draufsteht oder besprochen wurde. Scham oder Normalität?
Im Süden Halles las Elfriede diagonal zwei 10 Jahre alte Jahrgänge der Computer-Bild und stellte fest, wie schnelllebig Zeit und damit vorhandene Technik ist, schnitt dennoch aus, was sie wichtig fand, und stellte kiloweise Altpapier zur Entsorgung bereit.Das alles unter der Überschrift: Erben sollen wenig Arbeit bei der Übernahme haben.
Weihnachtsgeschenke, ausnahmslos Bücher, reihten sich in die vorhandene Warteschlange ein.
Der letzte Absatz des außergewöhnlichen Buches lautet:
So blieben sie lange sitzen – zwei Freunde auf einer Bank, mitten im Winter. Eine Schriftstellerin und ein Leser, ein Mensch und eine Ratte. Und ungefähr eine Stunde später, als es allmählich kalt wurde, kehrten sie gemeinsam ins Haus zurück.
Und ich füge hinzu:
Und wenn sie nicht gestorben sind, so leben sie noch heute.
Das Buch über die Ratte Walter ist in der Stadtbibliothek 2x vorhanden und ausgeliehen, ich habe es mir eben über die Onleihe runtergeladen, bin gespannt.
Spektrist Hei-Wu hat das Buch „Das Leben ist gut“ von Alex Cupus gelesen. Der Autor wurde mal bei MDR Kultur vorgestellt. Habs in einem Rutsch durchgelesen. Sowas passiert selten.