160 Jahre Diakoniewerk Halle

1. August 2017 | Rezensionen | Keine Kommentare

Die Reihe „Mitteldeutsche kulturhistorische Hefte“ des Hasenverlags ist schon längst eine feste Größe in der hallischen Regionalliteratur der letzten Jahre. Nun ist Heft 34 „Mit Herz für Mensch und Gott“ erschienen, das der 160jährigen Geschichte des Diakoniewerkes Halle gewidmet ist.

Die Medien- und Kommunikationswissenschaftlerin Nadja Hagen, die seit 2012 im Bereich Unternehmenskommunikation des Diakoniewerkes arbeitet, hat dessen wechselvolle Geschichte recherchiert und hier kompakt und reich illustriert dargestellt. Zunächst gibt sie einen kurzen Überblick über die Entstehung der Diakonissenhäuser im 19. Jahrhundert. Die 1857 in Halle gegründete Diakonissenanstalt gehörte dabei zu den ersten Diakonissenhäusern in Deutschland. Damals suchte gerade eine Cholera-Epidemie die Saalestadt heim. In den engen Gassen und Mietshäusern war die Ansteckungsgefahr besonders hoch. Die Krankenhäuser waren überlastet, sodass es zur Gründung eines evangelischen Diakonissenhauses kam. Zunächst am Weidenplan, 1868 dann am heutigen Mühlweg. Das Gelände lag damals noch vor der Stadt. Neben dem Mutterhaus für die Diakonissen gab es hier bereits Räume für die Krankenpflege.

Da sich die Krankenpflege im Laufe der Jahrzehnte zu einem Hauptarbeitszweig in Form eines Krankenhauses entwickelte, musste die Diakonissenanstalt baulich immer weiter vergrößert werden, sodass ein ganzer Gebäudekomplex zwischen Mühlweg und Wiesenstraße (später Lafontainestraße) entstand. 1893 wurde auf dem Gelände auch eine kleine Anstaltskirche eingeweiht, deren neugotische Inneneinrichtung heute noch erhalten ist.

Schwierige Zeiten brachen für das Diakoniewerk mit der nationalsozialistischen Machtübernahme und den Euthanasiegesetzen an. Im August 1943 wurde das Haus schließlich beschlagnahmt und in ein Kinderheim der NS-Wohlfahrt umgewandelt. Da das Haus von Kriegsschäden verschont geblieben war, wurde das Krankenhaus und die Hälfte des Geländes nach 1945 sowjetisches Militärlazarett, sodass viele Einrichtungen geschlossen werden mussten. Das Verhältnis zwischen Kirche und Diakonie und DDR-Staatsführung war nicht besonders gut, auch deshalb, weil  sie zu einem Zufluchtsort für Andersdenkende wurden. Durch die zurückgehende Zahl an Diakonissen war es auch notwendig, mehr weltliche Mitarbeiter einzustellen. Trotz aller Widrigkeiten kam es 1982 zur Umbenennung des Hauses: „Evangelisches Diakoniewerk Halle“.

1991 wurde das Krankenhausgelände schließlich wieder dem Diakoniewerk übereignet. In den folgenden Jahren erfolgte dann eine grundlegende Sanierung der Gebäude, außerdem wurden zahlreiche Neubauten (z.B. ein großzügiges Bettenhaus) errichtet. Heute verfügt das Diakonissenkrankenhaus über 250 Betten und tagesklinische Plätze.

Die Autorin schildert die Geschichte des Diakoniewerkes sehr faktenreich und anschaulich, was vor allem durch die zahlreichen historischen Abbildungen unterstützt wird. Fazit: wieder ein sehr interessantes Mitteldeutsches kulturhistorisches Heft, das ein weiteres Stück Stadtgeschichte beleuchtet.

Nadja Hagen: „Mit Herz für Mensch und Gott – Das Diakoniewerk Halle“, Hasenverlag Halle/Saale 2017, Heft 34 der „Mitteldeutschen kulturhistorischen Hefte“, 14,00 €, 92 S., ISBN 978-3-945377-30-7

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