Mehr Licht
4. April 2017 | Kultur, Vereinsleben | 12 KommentareDas Schild „Hier war Goethe nie!“ wäre, am Ortseingang von Halle aufgestellt, eine glatte Lüge, denn hier war er gleich siebenmal. Das ist lange her, aber ein bisschen Goethe-Geist schwebt noch heute durch unsere Stadt, vor allem jeden dritten Donnerstag. Dann nämlich lädt die hallesche Goethe-Gesellschaft zum jeweiligen Monatsvortrag ins Melanchthonianum ein. Für das Jahresprogramm verantwortlich ist der Vorstand, geleitet von den beiden Literaturhistorikern Prof. Dr. Hans-Joachim Kertscher und Dr. Heidi Ritter. Immer neue Themen zu finden ist nicht schwer, denn die Universalität Goethes bietet einen Ozean an Möglichkeiten, nicht nur nach dem Muster Goethe und die Frauen. „Speziell auf die Person Goethe bezogene Vorträge gibt es bei uns natürlich auch“, sagt Dr. Heidi Ritter, Geschäftsführerin des Vereins. „Dieses Jahr z. B. Goethe und die Musik oder Goethe und Ernst Haeckel. Aber unser eigentliches Anliegen ist es, den ganzen Kosmos der Goethezeit in der Vielfalt ihrer bis heute reichenden Denkansätze zu erfassen, also auch die Zeitgenossen Goethes und Wirkungen, die von ihnen ausgehen. So hatten wir z. B. auch Vorträge zu modernen Shakespeare-Übersetzungen, zu Winckelmann oder zu Jane Austen.“
Nicht nur Germanisten
Die hallesche Goethe-Gesellschaft ist Teil eines weltweit gespannten Netzes, das sich um die 1885 gegründete „Internationale Goethe-Gesellschaft in Weimar e.V.“ gebildet hat mit dem Ziel, zu vertiefter Kenntnis Goethes beizutragen und seine Bedeutung für die Gegenwart zu erhellen. Mehr Licht! also. Mit ihren 60 Ortsvereinigungen in Deutschland ist sie eine der größten literarisch-wissenschaftlichen Vereinigungen – 10 000 Mitglieder hat sie weltweit, 86 derzeit in Halle. Wer glaubt, das sind hauptsächlich Germanisten und Deutschlehrer, die hier unter ihresgleichen bleiben wollen, irrt: Die Mehrheit der halleschen Mitglieder kommt aus naturwissenschaftlichen Berufen. Etwa Gisela Mikuteit, Chemikerin im Ruhestand. Seit 2006 ist sie dabei und sie kennt nicht nur ihren Goethe genau, sondern auch die Geschichte der halleschen Ortsgruppe: „Mir imponiert besonders, dass sie am 4. Dezember 1947 gegründet wurde, zu einer Zeit also, als die Menschen noch gehungert und gefroren haben. Und sich trotzdem in ihrem Hunger nach Bildung nicht beirren ließen, ja, sogar das Geld aufgebracht haben für einen Goethe-Erinnerungsstein in Reichardts Garten mit dem Goethe-Wort: Alle menschlichen Gebrechen/Sühnet reine Menschlichkeit. Das war ja sicher auch mit Blick auf die gerade überstandene dunkle Zeit ausgewählt. Da gehe ich öfters vorbei mit einem kleinen Besen in der Tasche, um den Stein zu säubern und nachzusehen, ob noch alles in Ordnung ist.“
Literarisch-wissenschaftliche Geselligkeit
Und was ist nun das Beste an der Goethe-Gesellschaft? „ Die Vielfalt der Vortragsthemen und die Fachkompetenz der Referenten“, sagt Gisela Mikuteit. „Es kommen ja Wissenschaftler aus ganz Deutschland, Experten auf ihrem jeweiligen Sachgebiet. Und dann natürlich die Exkursionen! “ Die sind auch für Dr. Ingrid Linden, einst Russischlehrerin an der halleschen Uni, der jeweilige Jahreshöhepunkt: Jedes Jahr fährt man auf den Spuren der Dichter für mehrere Tage woanders hin: einmal ging es nach Straßburg und Seesenheim, ein anderes Mal an den Rhein oder auf Fontanes Spuren in die Mark Brandenburg. „Das ist vom Vorstand stets so exzellent vorbereitet, dass ich das sehr intensiv erlebe und immer Neues und Überraschendes kennenlerne, selbst wenn es – wie dieses Jahr in den Harz – in Regionen führt, die einem vertraut sind “, sagt sie. „Und auch der Umgang miteinander intensiviert sich bei dieser Gelegenheit.“
Man weiß erst, dass man ist, wenn man sich in andern wiederfindet. Das steht als das Motto über dem Jahresprogramm 2017 der halleschen Goethe-Gesellschaft. Und trifft nicht nur auf die angebotenen Themen zu, sondern wohl auch auf die besondere literarisch-wissenschaftliche Geselligkeit, die hier gepflegt wird. Deshalb kommt man gern regelmäßig in den Hörsaal XV, nicht nur als eingetragenes Mitglied. Denn hier sind alle Interessierten herzlich willkommen. Und nicht mal Eintritt zahlen muss man!
Den nächsten Vortrag gibt es am Donnerstag, den 20. April, 19 Uhr im Hörsaal 15 (Melanchthonianum) zum Thema „Goethe und die Gebrüder Humboldt“. Referent: Prof. Volker Hesse (Berlin). Goethe-Gesellschaft Halle
Eva Scherf
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z.B. Hasi: Der Worte sind genug gewechselt, lasst uns nun endlich Taten sehn.
Meinste mir, @ Wolli, oder gibts hier einen Mann, der Elfried heißt?
Ich habe fertik, ich bin jetzt erst mal weg………..
Goethen kann ich auch alleine, da brauche ich keinen Verein.
Ich staune über die Aktivitäten der Goethegesellschaft in Halle, entweder ich überlese sie ständig oder es wird über ihre Veranstaltungen nichts berichtet oder sie kennen den Spruch „Klappern gehört zunm Handwerk “ nicht.
Elfried, Du müsstest eigentlich Mitglied werden.
Dürfte ja wohl eher die Gegenrichtung zur Aufklärung sein. Nunja. Hauptsache, es gefällt.
Für mich ist Goethe der Mann mangelnden Mutes. Der weder zu hundert Prozent hinter seinem Herzog, noch hinter seiner Christiana stand. Und der größte Meister der Worte.
Für mich ist Goethe, insbesondere sein „Faust“, die folgerichtige Weiterführung der Aufklärung. Raus aus dem dumpfen Mittelalter.
Es gibt kein Frühjahr, in dem mir nicht mehrfach die wundervolle Poesie seines „Osterspaziergangs“ durch den Kopf geht.
Kannst Du was mit Goethen anfangen, und was genau?
Sind das nicht nur die Alten, die noch etwas mit Goethe anfangen können?
@hei-wu, siehste das kommt drvon…wovon? Von deiner
Middelalder-1.Abril-Gola! Du hast jekost’t un schreibst Joethen jlei mit ö; ich hawwe ooch jekost’t und mache aus Befreiung’g eenfach enne Vrdrängung. Mr soll ehmd nich solches Jesöff blätschern……..:-)
Die Mitgliedschaft in der Goethe-Gesellschaft wird in meiner Familie quasi vererbt.
Ich gestehe, dass ich da aus der Erbreihe rausgefallen bin. Aber schön mal auf diesen Weg etwas darüber zu hören.
Elfriede versuchte Göthen zu zitieren, und geriet dabei in die Eiszeit :“ Vom Eise verdrängt sind Strom und Bäche…“
Edel sei der Mensch, hilfreich und gut…………
Füllest wieder Busch und Tal still mit Nebelglanz……
Über allen Gipfeln ist Ruh…..
Ich besaß es doch einmal, was so köstlich ist……..
Erreicht den Hof mit Müh und Not……….
Am Gelde hängt und drängt doch alles- ach, wir Armen….
Vom Eise verdrängt sind Strom und Bäche………
Ja, Goethe, ich hatte gute Lehrer unter Margots Regime, und das sage ich LAUT.