Trotz Erdoğan: Burg Giebichenstein beteiligt sich an internationalem Kunstprojekt in der Türkei

11. Juli 2017 | Kultur | Keine Kommentare

Sinopale – Internationale Kunst-Biennale

leavinghomefunktion On the Landway to New York, 2014–2017 Megafloat, Kolyma River, Sibirien, Juni 2016 © leavinghomefunktion Foto: leavinghomefunktion

Die Sinopale, Internationale Biennale für Zeitgenössische Kunst im türkischen Sinop am Schwarzen Meer, wird vom 19. August bis 17. September 2017 stattfinden. Aufgrund der politischen Lage war sie im Sommer 2016 kurzfristig verschoben worden. Das internationale Kuratorenteam – bestehend aus T. Melih Görgün (Professor für Kunstgeschichte, Mimar Sinan Fine Arts University, Türkei), Prof. Dr. Nike Bätzner (Kuratorin und Professorin für Kunstgeschichte, Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle, Deutschland) und Jonatan Habib Engqvist (freier Kurator, Schweden) – hat sich bewusst für eine Umsetzung des Vorhabens in diesem Sommer entschieden. Gerade auch wegen der weiterhin politisch prekären Situation in der Türkei sollen auf diese Weise der Austausch zwischen den Künstlerinnen und Künstlern gefördert und zivilgesellschaftliche Prozesse vor Ort gestärkt werden.

Die Sinopale 6, bei der die Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle einer der Kooperationspartner ist, findet 2017 unter dem Motto „Transposition“ statt. Die Kunstbiennale bringt internationale mit lokal verorteten Künstlern und Künstlergruppen zusammen und lädt diese im Vorfeld der Ausstellungslaufzeit ein, im Austausch mit Bürgern der Region ortspezifische Arbeiten zu entwickeln. Hierbei liegt der Fokus der Biennale auf der Zusammenarbeit mit lokalen NGOs sowie Initiativen der Zivilgesellschaft und setzt auf Prozesse der Teilhabe. Zur Entscheidung, die Sinopale nun im Sommer 2017 auszurichten, sagt Co-Kuratorin und Organisatorin Bätzner: „Seit der kurzfristigen, aufgrund der politischen Lage notwendigen Entscheidung, die Biennale 2016 zu verschieben, haben wir die Prozesse der Transposition und Transformation intensiv in Gang gehalten, die Beziehungen zwischen allen Akteuren haben sich in dieser Situation sogar gefestigt.“

Bei der Ausstellung werden 39 Künstlerinnen und Künstler aus zwölf Ländern vertreten sein, darunter auch zwölf Absolventinnen und Absolventen der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle. So baut beispielsweise Murat Haschu (RUS/DEU) zur Sinopale eine „Osmanische Kammer“ auf, in der er einen Film zum Thema „Angst“ zeigt. Parallel leitet er einen Filmworkshop für Jugendliche. Esther Suarez Ruiz (COL/DEU) wird ein von ihr zusammengestelltes Kompendium von Turquerien zeigen: Die „Türkenmode“ hat Europa seit dem Barock erfasst, die adaptierten Formen wirken aber auch wieder auf die osmanische Ornamentik zurück. Die Gruppe leavinghomefunktion wird, im Sinne ihrer transkontinentalen Projekte und der Untersuchung von „Prozessen des Scheiterns“, auf dem Landweg von Halle nach Sinop reisen, um dort ihr mobiles Studio aufzuschlagen.

Themenschwerpunkte „Transposition“ und „Wunderkammer“

Übergreifender Themenschwerpunkt der diesjährigen Biennale ist die Transposition. Der Begriff impliziert den Tausch, den Wechsel, die Übertragung ebenso wie die Verschlüsselung. Transposition erlaubt das Spiel mit dem Zwischenraum, eröffnet einen Denk- und Handlungsraum sowie ein Feld der Imagination. Dieser Handlungsraum beinhaltet auch Aktionen, welche die Spuren der Geschichte sowie Erinnerungen herauslösen und ins Heute transponieren. Aspekte des Sammelns, der Schichtungen, der Erzählung und der Ordnung der Dinge werden bedeutsam.
Als ein Leitbild der Sinopale 6 fungiert deshalb auch die Wunderkammer: Dieses Ideengebäude steht für eine ganzheitliche Weltsicht und kontrastiert unsere heutige separierende Wahrnehmung. Künstlerinnen und Künstler aus der Region Halle sowie aus internationalen Kontexten haben sich mit dem Konzept der Kunst- und Naturalienkammer, wie sie die einzige, am originalen Standort vollständig erhaltene barocke Wunderkammer der Franckeschen Stiftungen repräsentiert, bereits im Rahmen der Ausstellung „Assoziationsraum Wunderkammer“ im Sommer 2015 auseinandergesetzt. Sie wurde zum 100-jährigen Jubiläum der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle ausgerichtet und im direkten räumlichen Bezug zur Wunderkammer in den Franckeschen Stiftungen gezeigt. Im Sinne der universalen Ausrichtung der Wunderkammern sowie einer multimedial und transnational vernetzten künstlerischen Produktion werden die 2015 in Halle vertretenen Künstlerinnen und Künstler in Sinop ihre Werke in Kollaboration mit aktuell hinzukommenden Künstlerinnen und Künstlern aus verschiedenen Regionen der Welt sowie gemeinsam mit lokalen Akteuren entwickeln.

Künstlerinnen und Künstler der Sinopale 6
Anne Baumann (DEU), Sophie Baumgärtner (DEU), Alvaro Campo (SWE), Bernhard Cella (AUT), Aylin Çakıner (TUR), Philippe van Eetvelt (TUR/CAN), Cevdet Erek (TUR), Ayşe Erkmen (TUR/DEU), Mürteza Fidan (TUR), Wilhelm Frederking (DEU), Ulrike Grossarth (DEU), Frank Hagen (AUT), İpek Hamzaoğlu (TUR/AUT), Murat Haschu (RUS), Kristina Heinrichs (DEU), Susanne Hopmann (DEU), Nil İlkbaşaran-Güngör Erdem (TUR/NL), Christian Jankowski (DEU), Volkan Kızıltunç (TUR), Sebastian Körbs (DEU), Maria Lantz (SWE), leavinghomefunktion: Anne Knödler, Johannes Fötsch, Elisabeth Oertel, Effy Zeniou, Kaupo Holmberg, Burçak Konukman (DEU/CYP/EST/TR), Ulrike Mohr (DEU), Nina Viktoria Naußed (DEU), Emre Okuçer (TR), Raluca Popa (ROU), Julian Rosefeldt (DEU), Bella Rune (SWE), Ginan Seidl & Yalda Afsah (DEU), Roland Stratmann (DEU), Esther Suarez Ruiz (COL), Youssef Tabti (FRA/DEU), Maria Sezer (TR/NL) sowie regionale Initiativen.

Vermittlungsprogramm, Workshops und Diskussionsforen
Die Sinopale 6 wird begleitet von einem umfangreichen Programm mit Workshops, Diskussionsrunden, Performances, Film- und Musikvorführungen und Festen. Hierbei werden die Künstler und Künstlerinnen mit lokalen und internationalen Akteuren zusammenarbeiten sowie mit der Bevölkerung von Sinop.

Sinopale 6
Ausstellungsdauer: 19. August bis 17. September 2017
Vorbereitende Workshops: 1. bis 17. August 2017
Eröffnung: Samstag, 19. August 2017, 19 Uhr

Kuratoren: T. Melih Görgün (TUR), Nike Bätzner (DEU), Jonatan Habib Engqvist (SWE)

Orte: Ehemalige Eisfabrik am Hafen, Sinop Hal Buluşma Merkezi (ehemalige Markthalle), Dr. Rıza Nur Bibliothek, Architektenkammer, Archäologisches Museum, Ethnographisches Museum, ehemalige Glasfabrik, öffentlicher Raum von Sinop und Gerze.
Öffnungszeiten: Montag bis Sonntag, 14 bis 19 Uhr
Eintritt: Der Eintritt ist kostenfrei.
Weitere Informationen: sinopale.org

Gefördert durch: Stadt Sinop, Kulturstiftung des Bundes, Kunststiftung des Landes Sachsen-Anhalt, Goethe-Institut Istanbul, Franckesche Stiftungen zu Halle, Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle, SAHA Association, Mimar Sinan Fine Arts University, Österreichisches Kulturforum Istanbul, Bundeskanzleramt Österreich, Generalkonsulat von Rumänien in Istanbul, Generalkonsulat von Schweden in Istanbul
Außerdem unterstützt durch: Siemens//Sanat Istanbul, Women‘s Council Sinop, Tourist Association Sinop, Sinop Sürdürülebilir Kalkınma Derneği, Geschäftsleute, Handwerker, Hoteliers, NGOs aus Sinop und Gerze

Volkan Kızıltunc The Unspectacular, 2012 (Filmstill) Einkanal-Installation, 9:20 Min. © Volkan Kızıltunc

 

 

Julian Rosefeldt Asylum, 2001/2002 (Filmstill) Kurzfilmversion, 14:16 Min. © Julian Rosefeldt und VG Bild-Kunst

 

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