Theater im Netzwerk

19. Mai 2017 | Kultur | Ein Kommentar

Breit und gut aufgestellt ist die Theater, Oper und Orchester GmbH Halle, nicht nur in der laufenden Spielzeit, für die Geschäftsführer Stefan Rosinski am 18. Mai vor Medienvertretern mit zwei Zahlen eine knappe Bilanz zog: Halle habe zweieinhalb mal mehr Besucher als das größenmäßig vergleichbare Rostock; mit 3,5 Millionen € allerdings weniger Umsatz , weil man sich, im Unterschied zu Rostock, ein großes und naturgemäß kostenintensives Orchester leistet. In der kommenden Spielzeit wird es 32 Neuproduktionen geben – unmöglich, alle hier aufzuzählen: In der Oper beispielweise  „Fidelio“ und „Aida“, eine Tango-Oper von Astor Piazzolla, das Musical „Sweeney Todd“, zwei Ballette von Ralf Rossa, die Uraufführung einer Oper von Johannes Kreidler. Im nt folgt auf die Premiere von Hebbels „Die Nibelungen“, der Auseinandersetzung  mit dem deutschen Mythos schlechthin, das Gegenstück dazu mit Houellebecqus „Unterwerfung“. Zwei weitere Gegen-Stücke der neueren Geschichte sind wohl auch „Die Blechtrommel“ und Christa Wolfs „Der geteilte Himmel“, das zugleich ein Teil hallescher Geschichte ist. Viel Adaptionen also – auch das Thalia setzt darauf mit der Theatralisierung  der Filme „Die Kriegerin“ und „Die Mitte der Welt“. Nur das Puppentheater schert hier aus und bringt mit „Hamlet“ und Schillers „Turandot“ zwei Originaldramen zur Aufführung, außerdem setzt es die erfolgreiche Zusammenarbeit mit der Pianistin Ragna Schirmer fort in einer Uraufführung über Clara Schumann.

Herzstück des Programms der Staatskapelle bleiben die Sinfoniekonzerte in der Händelhalle. Flankiert werden sie von einer erstaunlichen Vielfalt weiterer Konzertreihen: Von „Händel zu Hause“ über die Familienkonzerte bis hin zu Galeriekonzerten oder Kammermusikabenden.

Das Schlagwort der Pressekonferenz lautete „Vernetzung“. Irgendwie kooperieren in der GmbH alle mit allen, und das ist gut so. Ob auch im Falle der „Dreigroschenoper“, die das Schauspiel gemeinsam mit der Oper herausbringen will, wird sich herausstellen: Operngesang ist was anderes als wenn Schauspieler singen. Das außergewöhnlichste Vorhaben der kommenden Spielzeit jedoch ist, das kann man heute schon sagen, das spartenübergreifende Maritim- Festival „Ein Hotel für alle“, für das nicht nur die Stadt ihre Unterstützung zugesichert hat, sondern mittlerweile auch das Kultusministerium. Schauplatz wird das einstige Hotel Maritim sein, das im Laufe seiner Geschichte mehrfache Wandlungen erfahren hat: Vom real-sozialistischen Interhotel bis hin zur zeitweiligen Flüchtlingsunterkunft. Vom 21. Oktober bis 11. November wird es einer letzter Transformation unterzogen: der Transformation durch Kunst. Über 50 Veranstaltungen werden in diesen drei Wochen hier stattfinden und dafür hat man sich gut vernetzt auch mit anderen Akteuren: unter anderem der Burg, dem Werkleitz-Festival, der Hochschule für bildende Künste Hamburg oder dem Kasseler Dokumentarfilm- und Videofest.

Theater in Halle bleibt aufregend.

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