Schönes Halle, schräger „Zorn“

26. Mai 2017 | Kultur | Keine Kommentare

Großer Andrang vor der Oper zur Premiere des 5. Zorn-Krimis „Kalter Rauch“, ein bisschen wie bei Pop-Konzerten: Was für 19 Uhr angesagt war, beginnt 45 Minuten später. Genug Zeit, um sich im Foyer mit den Hauptdarstellern Axel Ranisch und Stephan Luca fotografieren zu lassen und die Fotos dann zu posten. Kultstatus hat inzwischen auch der Zorn-Erfinder, der hallesche Autor Stephan Ludwig, das zeigte der Beifall des Publikums vor Beginn der Vorführung. Und auch OB Wiegand bekommt viel Applaus: Er hatte die Idee, die Filmcrew und vor allem auch die Hallenser zu diesem Abend einzuladen. Und er hat guten Grund: Was kann sich eine Stadt Besseres wünschen, als Schauplatz einer Krimi-Reihe zu sein? Als bekannt wurde, dass der Bodensee als „Tatort“  weg fällt, standen die Städte bei der ARD Schlange. Halle hat das nicht nötig: Bis 2013 ermittelten die „Polizeiruf“-Kommissare Schmücke und Schneider in Halle. Doch erst seit den Zorn-Krimis  ist sie nicht mehr oder weniger nur Kulisse für Zwischenschnitte, sondern zum sehr präsenten, unverwechselbaren Schauplatz des Geschehens aufgestiegen.

Axel Schröder mit Premieren-Überraschungsgast Ragna Schirmer

„Kalter Rauch“ spielt in Halle-Neustadt, in der einstigen Villa des Fabrikanten Thiem (auf dem Gelände des heutigen Hühnermanhattan), im Elefantengehege des Zoos, im Trothaer Hafen sowie auf dem Schrottplatz Radewell. Was da passiert, ist diesmal eher schräg als gruselig: in Neustadt regnet es Fische und am Fraubrunnen wird ein künstliches Hüftgelenk gefunden, das einer Frau kürzlich eingesetzt wurde – nur: Wo ist die Dame und was ist ihr widerfahren? Im Hafen  rotieren zwar dauernd  Kräne im Hintergrund, nur fährt kein einziges Schiff, dafür heißt die Verantwortliche ausgerechnet Hering. Im Zoo hat ein Elefant, der an Crystal Meth herangekommen ist, einen Tierpfleger getötet. In der äußerlich ruinösen, innen aber noblen Villa sitzt – statt der Dame ohne Hüftgelenk – nur ihr Gatte, ein ehemaliger Pop-Musiker, der durch exzessiven Drogenkonsum nicht mehr ganz bei Sinnen ist (herrlich gespielt von Devid Striesow!), immerhin aber so geistesgegenwärtig, im entscheidenden Moment den Bösewicht des Films (Sylvester Groth) auf dem Schrottplatz per Knopfdruck – im wahrsten Sinn des Wortes – platt zu machen.

Es ist gut, dass die Produzenten der Reihe – Degeto und mdr – immer andere Regisseure für die einzelnen Filme verpflichten, dieses Mal Andreas Herzog. Er hat den fünften  Zorn-Krimi, u.a. durch häufige Untersichten, zum bisher komischsten der Reihe gemacht.

Auf keinen Fall versäumen!

„Kalter Rauch“ am 1. 6., 20.15 Uhr im Ersten

Eva Scherf

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