Kloster Helfta als Frauenort

12. Juni 2017 | Kultur | Keine Kommentare

Am Freitag, dem 9. Juni, machten sich 12 Frauen aus Halle zu Fuß auf den Weg zum Kloster Helfta (Eisleben). Dort fand am 10. Juni die 23. Frauenwallfahrt des Bistums Magdeburg statt, organisiert von den Halleschen Frauen der KFD (Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands). Etwa 400 Frauen und einige Männer nicht nur aus Sachsen-Anhalt, sondern u. a. aus dem Eichsfeld, Berlin und München, trafen sich um „Brücken zu bauen“, wie das Motto der Wallfahrt hieß. Ministerpräsident Haseloff schickte eine Grußbotschaft, sein Zeitplan ließ einen Besuch in Helfta zu seinem Bedauern nicht zu.

Caritas Pirckheimer, die erste Brückenbauerin

Frau Gewandt im weißen Gewand

Im Reformationsjahr ging es unter anderem um die Nürnberger Äbtissin Caritas Pirckheimer (1467 – 1532), die als erste Brückenbauerin der Ökumene gilt. Kein Geringerer als Philipp Melanchthon sollte sie überzeugen, zu den Reformatoren überzutreten. Die kluge und hochgebildete Frau stimmte der Reformation in vielen Punkten zu, wollte aber ihren gewählten Lebensweg nicht verlassen. Sie argumentierte mit Luthers Argumenten: Freiheit des Gewissens und der Absage an Zwang und Gewalt. Mit Melanchthons Erlaubnis durfte sie ihr Kloster im protestantischen Nürnberg weiterführen und wurde damit eine Botschafterin für Toleranz und Glaubensfreiheit.

Um Brückenbauen und Frauenpower ging es auch bei den weiteren thematischen Angeboten des Tages. Die KFD als größte Frauenorganisation Deutschlands mit 500 000 Mitgliedern hat auch politisches Gewicht und nimmt aktiv an der Meinungsbildung in der Gesellschaft teil. Die Themen sind dieselben wie bei anderen Frauenorganisationen: Gleichstellung, Vereinbarkeit von Familie und Beruf, sexuelle Selbstbestimmung (die Strafbarkeit von Vergewaltigung in der Ehe beispielsweise wurde auf Betreiben der KFD durchgesetzt), ergänzt durch kirchenspezifische Themen. Das aktuelle Thema ist die Forderung einer Diakonatsweihe von Frauen, als erstem Schritt zur vollen Gleichberechtigung in der Kirche. So wurde in Helfta die neue geistlich-theologische Leiterin vorgestellt und begrüßt, Frau Rebekka Gewandt. Als Geschenk erhielt sie – wie kann es anders sein – eine Bibel in gerechter Sprache.

Ausstellungen im Kloster

Zwei Ausstellungen sind derzeit im Kloster zu sehen, die die „Brücke zu den Konfessionen und Religionen“ schlagen: „Reformationsgedenken im Kloster Helfta“ und „Welt-Frieden – Welt-Ethos“. Beide Ausstellungen sind noch längere Zeit zu besichtigen. Als „Brücke zum Fremden“ wurde während der Wallfahrt für das Flüchtlings-Frauenhaus in Halle gesammelt, einer Einrichtung für traumatisierte Frauen und ihre Kinder. Die 4stellige Summe, die zusammenkam, soll für die Anschaffung von Fahrrädern für die Bewohnerinnen genutzt werden.

Noch heute warten einige Gebäude auf die Sanierung

Das Kloster Helfta, direkt an der B80 gelegen, gehört zu den herausragenden Stätten auf der Straße der Romanik. Nach seiner Gründung im Jahr 1229 entwickelte es sich zu einem Zentrum der Mystik, die berühmten Mystikerinnen Mechthild von Magdeburg, Mechthild von Hakeborn und Gertrud die Große lebten hier. In einer Zeit, in der Frauen zunehmend die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben verwehrt wurde (zu den neugegründeten Universitäten hatten Frauen keinen Zugang), griffen diese gebildeten und selbstbestimmten Frauen mit ihren Schriften in die gesellschaftliche Diskussion ihrer Zeit ein. Während der Reformation und des Bauernkrieges begann der Niedergang des Klosters. Die Gebäude gingen durch die Hände verschiedener Besitzer und wurden hauptsächlich für landwirtschaftliche Zwecke genutzt, zuletzt in der DDR als LPG. Nach der Wende wurde das Kloster mit Spendengeldern vom Bistum Magdeburg zurückgekauft und seit 1998 Schritt für Schritt restauriert. Noch heute warten einige Gebäude auf ihre Sanierung.

Ein lebendiges Labyrinth

Das lebendige Labyrinth

Seit Sommer 1999 leben wieder Ordensschwestern in Helfta (Zisterzienserinnen). Heute lädt das Kloster als Ort der Stille und Besinnung beispielsweise Menschen in Lebenskrisen ein. Aber auch bei Besuchern der Stadt Eisleben sind das Hotel und Tagungshaus beliebt, nicht zuletzt wegen der weitläufigen Gartenanlage. Und hier findet man noch ein besonderes Kleinod: ein „lebendiges Labyrinth“. In Anlehnung an das Labyrinth der Kathedrale von Chartres wurde ein Gartenlabyrinth aus verschiedenen Heil- und Heckenpflanzen angelegt und liebevoll gepflegt. Die Mitte bildet ein Pavillon aus Buchenblättern, in dem ca. 12 Leute Platz finden. Jetzt im Juni stehen die Pflanzen in voller Blüte, man wird durch Duft und das Summen von Bienen und Hummeln eingehüllt. Ein Besuch kann dringend empfohlen werden.

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