Burg vergibt Design-Preise 2017
24. Mai 2017 | Kultur | 3 KommentareMit der Auslobung eines internationalen Designwettbewerbs hat die Kunsthochschule ein Forum zur Vermittlung zwischen Kunst und Wirtschaft geschaffen. Der Designpreis wird alle 3 Jahre vergeben und wurde inzwischen zum vierten Mal ausgeschrieben. Er ist mit 10.000 EUR dotiert. Das Land Sachsen-Anhalt, die Stadt Halle (Saale), die lokale Wirtschaft und die Kunsthochschule sind maßgebliche Träger des Preises.
Für den Design-Preis 2017 wurden 375 Arbeiten aus 31 Ländern eingereicht – eine Rekordbeteiligung. Die Werke haben u.a. Veränderungen in der Art und Qualität von Zeitmessung und – darstellung zum Thema. Es sind sehr gegensätzliche Entwürfe. 15 Einreichungen wurden von einer Fachjury aus bekannten Designexperten für den Preis nominiert. Sie werden im verwaisten Gebäude der Physikalischen Chemie der Martin-Luther-Universität an der Mühlpforte bis zum 11.Juni 2017 gezeigt (Eintritt frei). Ein größeres Labor wurde für die Ausstellung vollständig weiß gestrichen und so ein kühles, sachliches Ambiente für die Ausstellungsobjekte geschaffen.
Eine Jury aus bekannten Designfachleuten begleitete den Wettbewerb: Tulga Beyerle, Direktorin des Kunstgewerbemuseums Dresden, Nils Holger Moormann, Unternehmer in der Möbelbranche, Prof. Volker Albus, Hochschule für Gestaltung Karlsruhe, Prof. Axel Kufus, Universität der Künste Berlin, Prof. Axel Müller-Schöll und Prof. Vincenz Warnke, beide Burg Giebichenstein; den Vorsitz hatte Thomas Edelmann.
Die Jury des Designpreises zeichnete 3 Projekte aus, die sich dem Thema Zeit auf unterschiedliche Weise nähern. Der erste Preis, dotiert mit 5.000 EUR, ging an Felix Vorreiter für FLUX 1440. FLUX 1440 ist eine Uhr, deren Display die Uhrzeit durch Markierungen auf einem Band temporär sichtbar macht. Im Sekundentakt wird das laufende Band ein Stück weiter durch das Display gezogen. Einmal pro Minute sind die darauf platzierten Farbcodierungen für drei Sekunden so positioniert, dass aus dem Chaos der Markierungen die Uhrzeit ablesbar ist. Die Zeit wird physisch erfassbar durch die für einen Tag enorme Bandlänge von 1,2 Kilometern. Zugleich wird sie psychisch spürbar, weil eine Minute lang auf das Erscheinen der aktuellen Uhrzeit gewartet werden muss. Der Kommunikationsdesigner und Medienkünstler Felix Vorreiter (*1978) aus Karlsruhe beeindruckte die Jury mit seiner mechanisch-optischen Apparatur, die den Zeitverlauf in ein codiertes textiles Endlosband verwandelt. Vorreiter bindet handwerkliche Aspekte ebenso in sein Projekt ein, wie die filmische Darstellung. Schließlich spannt er sein über ein Kilometer langes Zeitband im Raum auf und schafft architektonische Bezüge. Sein Projekt spielt mit Präzision und Chaos und ironisiert unseren Blick auf die objektive Zeitdarstellung.
Den zweiten Preis (3.000 EUR) erhielt Axel Schindlbeck für seine Albert Clock. Im Gegensatz zu normalen Uhren wird bei der Albert Clock von Axel Schindlbeck (*1981) die Uhrzeit nicht unmittelbar angezeigt. Es müssen kleine Rechenaufgaben gelöst werden, um die korrekten Stunden und Minuten zu ermitteln. Für die Berechnung der Uhrzeit kann der Nutzer zudem zwischen verschiedenen Schwierigkeitsstufen und Wechselfrequenzen wählen. Die Jury des Designpreis Halle 2017 würdigte die Albert Clock, da sie ein ebenso humorvolles wie intelligentes Objekt ist, welches unserer Aufmerksamkeit bedarf. Der selbständige Produktdesigner aus Marseille Schindlbeck schuf eine digitale Wand- oder Tischuhr, die dazu anregt, sich die aktuelle Uhrzeit selbst zu errechnen. Die Albert Clock fordert uns heraus, stellt uns vor Aufgaben. So gesehen nimmt sich die Uhr selbst Zeit, den aktuellen Zeitpunkt preiszugeben, was angesichts unserer immer „schnelleren Zeit” der Entschleunigung dienen kann. Dabei ist die Uhr nicht einfach eine simple Rechenkiste, sondern ein bis in die typografischen Details der Zifferndarstellung durchdachtes Objekt, das von einem Start-up unter Beteiligung des Designers produziert wird.
Den dritten Preis (2.000 EUR) erhielt Charlotte Lengersdorf für „agil – entwurf einer interaktiven schrift“. Die Schrift agil von Charlotte Lengersdorf (*1992) zeigt die Entwicklung von statischen Buchstaben zu agilen, dynamischen Formen. Inspiriert von analoger Schrift, reagiert die agil interaktiv und wirkt mit zunehmender Schreibgeschwindigkeit abstrakter. Sie basiert auf der Analyse der Veränderungen einer Handschrift, die in verschiedenen Geschwindigkeitsphasen des Schreibvorgangs zu beobachten sind. Der mechanische Prozess des Tippens wird individualisiert – der Mensch als ein sich durch die Zeit bewegendes Individuum erkennbar. Die Master-Studentin für Visual Communication und Graphic Design am Londoner Royal College of Art überzeugte die Jury mit ihrer digitalen Schrift, bei der Geschwindigkeit Differenz erzeugt. Auch bei Lengersdorfs Projekt spielt Interaktion eine wesentliche Rolle. Die seit den Zeiten der beweglichen Letter von Johannes Gutenberg statische Schrift kommt in Bewegung – schreibt man schnell genug, scheint sie in einen handschriftlichen Fluss zu geraten. agil beleuchtet eine bislang vernachlässigte Dimension der Schriftgestaltung.
Die Gewinner des internationalen Designpreises 2017 wurden in einem festlichen Rahmen am 23.Mai bekannt gegeben. In seinem Grußwort bei der Festveranstaltung betonte Staats- und Kulturminister Rainer Robra: „Der Designpreis Halle ist zu einem wichtigen Botschafter für das moderne und kreative Sachsen-Anhalt geworden. Er macht Sachsen-Anhalt als attraktiven und renommierten Designstandort international bekannt und setzt ein deutliches Zeichen für die Innovationskraft der Region. Modernes Design und Sachsen-Anhalt passen sehr gut zusammen.“
(H. J. Ferenz)
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Hier kann man wieder nicht berichtigen 🙁 – verziert schreibt man nur mit einem r.
hallespektrum. de aufmachen, schreiben und ärgern ist eins. Was funktioniert denn hier noch??
Wenn sich hier nicht bald was ändert, gehe ich FREMD, wie viele andere schon lange……
So, nun lest das und löscht…..formeinswejen…
Natürlich habe ich gestern dem ehemaligen Physikalisch-chemischen Institut meine Aufwartung gemacht und ordentlich gelacht, denn neben der Uhr lag ein- Taschenrechner!! Ich sags ja, die jungen Leute können nicht mehr rechnen, die älteren schon…
Dass nur 3 Exponate zu sehen waren, fand ich einbisschen sehr wenig. Wenn ich da an die eindrucksvolle Repräsentation im Stadtbad vor einigen Jahren zurückdenke mit dem Thema Wasser, wirkt das hier ärmlich.
Enttäuschend war auch zu sehen, wie diese schöne Baulichkeit ungenutzt verkommt. Ein schöner Turm mit Wendeltreppe, verzierrtem Treppengeländer und
Aussichtsplattform mit Bewuchs. Aber nur begehbar bis zum 1. Stock, in dem der Raum war, sauber, aber die Fenster sind seit Jahrzehnten ungeputzt, wahrscheinlich aus Angst, sie könnten aus den Angeln fallen. Schade, dass das Gebäude nicht genutzt wird…
🙁
Das sehe ich mir an!
Die erste Uhr scheint mir eine moderne Kuckucksuhr zu sein, nur mit einem Endlosband.
Bei der 2. Uhr setzt der Designer aber die Rechengesetze außer Kraft, denn es kann ja niemals 44 Uhr und minus 4 Minuten sein= 43 Uhr und 56 Minuten. 🙂 Da kann man nicht einverstanden sein.
Oder steht der Schrägstrich für einen Bruchstrich? Mal probieren. 11 Uhr und 36 Minuten. Das klingt schon besser.
Manche Menschen müssen aber heute zu der Uhr einen Taschenrechner mitgeliefert bekommen…….
sonst kommen sie nicht auf die richtige Zeit!! 🙂
Die Schrifttypen muss man sehen, also hingehen!