Schulchaos droht

30. Juli 2017 | Bildung und Wissenschaft | 6 Kommentare

Zu den Meldungen über den am 10. August zu erwartenden chaotischen Start in das neue Schuljahr erklärt der bildungspolitische Sprecher der Fraktion, Thomas Lippmann:

„Minister Tullner sollte seine vollmundigen Ankündigungen wahrmachen und die Verantwortung für die chaotischen Zustände übernehmen, die – entgegen den vielfachen Warnungen und konstruktiven Lösungsvorschlägen – durch seine Entscheidungen entstanden sind. Er sollte in der Lage sein zu erkennen, dass sich die Realität nicht nach seinen Wünschen richtet und er seiner Aufgabe offensichtlich nicht gewachsen ist.

Seit dem Amtsantritt von Bildungsminister Tullner hat die Fraktion Die LINKE mit einer ganzen Flut von Anträgen und Debatten im Landtag und im Bildungsausschuss versucht, ihm die Hand zu reichen und Wege für den Umgang mit dem Erbe aus der unseligen Ära von Ex-Finanzminister Bullerjahn aufzuzeigen. Diese Hand hat Minister Tullner aber nicht nur immer wieder ausgeschlagen, er hat sich mit tiefer Überzeugung darangemacht, die unverändert radikalen Personalvorgaben des Finanzministers ohne jede Rücksicht auf die tatsächliche Situation in den Schulen und die Belastungen für Schulleitungen, Lehrkräfte und pädagogische Mitarbeiter*innen durchzusetzen – koste es, was es wolle.

Linke: Tullner ist seiner Aufgabe nicht gewachsen

Die Monate des Beschwichtigens und Schönredens, der Ankündigungen und Lügen finden nun mit dem Beginn des neuen Schuljahres ein jähes und erschreckendes Ende. Die Realität in den Schulen überrollt das vom Minister aufgebaute Kartenhaus und entlarvt seine hohlen Versprechen von der Verbesserung der Unterrichtsversorgung. Denn noch nie in der Geschichte des Landes haben so wenige Lehrkräfte und pädagogische Mitarbeiter*innen vor so vielen Schülerinnen und Schülern gestanden. Noch nie ist das Unterrichtsangebot derart ausgedünnt worden und noch nie ist ein Bildungs- bzw. Kultusminister derart oberflächlich und ignorant mit einer solchen Situation umgegangen. Es ist absehbar, dass mindestens in jeder zweiten Schule über das gesamte Schuljahr hinweg kein vollständig geordneter Schulbetrieb organisiert werden kann und das faktische „Aussetzen der Schulpflicht“ für einzelne Klassen oder ganze Schulen über ein oder mehrere Tage keine Ausnahme mehr sein wird.

Es sind längst nicht mehr die Fehler der Vergangenheit, die immer mehr Kolleginnen und Kollegen in den Schulen verzweifeln lassen. Es sind in hohem Maße die Fehleinschätzungen und das Missmanagement von Minister Tullner selbst, der durch seine Experimente mit dem Personal immer mehr zu einer Belastung für die Koalition wird. Der Exodus von fast 200 Sprachlehrkräften trotz einer unverändert hohen Zahl von Migranten mit Bedarf an Sprachförderung, die Halbierung der Zahl pädagogischer Mitarbeiter*innen an den Körperbehindertenschulen und deren fortschreitender Abzug aus den Grundschulen trotz der Verpflichtung, eine verlässliche Öffnungszeit zu gewährleisten, und nicht zuletzt die Reduzierung der Lehrerzuweisungen für den Grundbedarf der Grundschulen um 8 Prozent sind nur die Spitzen einer fachlich indiskutablen Politik, die das Schulsystem immer schneller und immer tiefer in die Krise führt.

Hinzu kommen jetzt noch die Fortschreibung dieser selbst verursachten Mangelsituation in das nächste Jahrzehnt durch die falschen Schlussfolgerungen zu den Kapazitäten für die Lehrerausbildung und das Festhalten an der unflexiblen und antiquierten Ausschreibungspraxis der Schulbehörden. Letztere führt schon seit längerer Zeit regelmäßig dazu, dass ein erheblicher Teil der ohnehin viel zu geringen Neueinstellungen erst nach mehreren Ausschreibungen und um Monate verspätet realisiert werden können. Schüler und Schulkollegien haben aber ein Recht, vom ersten Schultag an ordentlich miteinander zu arbeiten und nicht immer erst zum Beginn des zweiten Schulhalbjahres.“

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