Leopoldina-Weihnachtsvorlesung

14. Dezember 2016 | Bildung und Wissenschaft, Veranstaltungen | Keine Kommentare

leopoldina2Eingebettet in eine musikalische Umrahmung durch das „Martin Reik Quartett & friends“ wurden am Dienstag, dem 13. Dezember, von der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina im Rahmen einer Weihnachtsvorlesung zwei Auszeichnungen verliehen.

Zunächst ging der Präsident der Leopoldina, Prof. Dr. Jörg Hacker, kurz auf die Bedeutung der Leopoldina ein. Aufgabe der Akademie ist es einerseits, wissenschaftliche Erkenntnisse einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

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Verleihung der Auszeichnungen

Andererseits obliegt es ihr, die deutsche Wissenschaft international zu vertreten. Gegenwärtig gibt es 5 Forschungsschwerpunkte: Lebenswissenschaften und Biomedizin, demografischer Wandel, nachhaltige Energieentwicklung, Digitalisierung und die zukünftige Entwicklung des Wissenschaftssystems selbst. So wird sich die Jahresversammlung 2017 mit dem Thema „Genom editing“ den Chancen, Nutzen und Risiken der zielgerichteten Veränderung von Erbgut widmen.

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Frau Prof. Dr. Bärbel Friedrich

Die Leopoldina-Verdienstmedaille 2016 erhielt Frau Prof. Dr. Bärbel Friedrich, die bis 2013 den Lehrstuhl für Mikrobiologie an der Humboldt-Universität Berlin innehatte. Von 2005 bis 2015 war sie Vizepräsidentin der Akademie der Wissenschaften.

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Dr. Maggie Schauer

Anschließend wurde der Carl Friedrich von Weizsäcker-Preis des Stifterverbandes der Deutschen Wissenschaft verliehen: an die Direktorin des Kompetenzzentrums für Psychotraumatologie Dr. Maggie Schauer und den Professor für klinische Psychologie und Neuropsychologie Dr. Thomas Elbert der Universität Konstanz.

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„Martin Reik Quartett & friends“

In ihrer Weihnachtsvorlesung „Im Jahrhundert der Migration: Psychische Funktionstüchtigkeit als Schlüssel für gelingende Gesellschaften“ gingen die Preisträger neben den neurobiologischen Grundlagen für Aggression und Trauma vor allem auf die Möglichkeiten zur Überwindung von Traumafolgen ein. Durch Erinnern und Erzählen, und nur dadurch, ist es möglich, den Kreislauf von Angst, Stress, Rückzug, Versagen, aber auch Weitergabe von Aggression zu vermeiden. Und erst dann ist es Betroffenen möglich, aktiv zu werden, zu lernen (Sprache), für sich selbst zu sorgen oder sich aktiv zu integrieren. Vorher ist ein großer Teil des Arbeitsgedächtnisses durch die erlebte Gewalt blockiert. leopoldina-vortragDas gilt für Kriegs-, Folter-, Flucht- und Vertreibungserfahrungen genauso wie für Misshandlung und Missbrauch in der Kindheit ohne Flucht oder Migration. Die Sorge um die psychische Gesundheit („mental health“) darf deshalb nicht erst am Ende der Versorgung stehen, nachdem die „körperlichen Bedürfnisse“ erfüllt sind. Hier ist nach Meinung der Vortragenden ein Perspektiv- und Paradigmenwechsel notwendig, sowohl bei hier lebenden Flüchtlingen als auch bei Menschen in den großen Flüchtlingslagern. Sie müssen die Möglichkeit haben, die erlebten Schrecken zu erzählen, zu reflektieren und eine Distanz zwischen „damals“ und „hier und jetzt“ zu entwickeln. Dazu werden nicht ganze Heerscharen ausgebildeter Psychologen gebraucht (die es nicht gibt), sondern geschulte Laien vor Ort in einer überschaubaren Zeit. Für „mental health“ in den Flüchtlingslagern der Welt zu sorgen ist eine wichtige Entwicklungshilfe und hilft, Fluchtursachen zu beseitigen. Die Menschen werden dadurch befähigt, ihr Leben selbst zu gestalten, anstelle auf Versorgung angewiesen zu sein. Und schließlich werde

Musikalische Untermalung: „Martin Reik Quartett & friends“

Musikalische Untermalung: „Martin Reik Quartett & friends“

n die Zuhörer auch Zeugen für erlittenes Unrecht. Denn eine traumatische Erfahrung, sei es Krieg, Folter, Vertreibung, Vergewaltigung oder Verlust nahestehender Menschen, ist keine Krankheit, sondern real erfahrenes Unrecht, das erzählt und nochmals durchlitten werden muss, damit es sich nicht wiederholt.

AK

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