Bildungsminister weiter unter Beschuss
7. Mai 2017 | Bildung und Wissenschaft | 2 KommentareSchulen in Sachsen- Anhalt fühlen sich vom Bildungsminister und der Landesregierung im Stich gelassen: Steigende Schülerzahlen, zu wenig Lehrer und Pädagogische Mitarbeiter*innen.
Seit Anfang Mai 2017 ist eine von mehreren Lehrerverbänden und der „Linken“ getragene Volksinitiative im Bildungsbereich am Start.
Die Kernforderungen der Initiative sind:
- Einstellung von zusätzlich 1000 Lehrer*innen und 400 pädagogischen Mitarbeiter*innen,
- sachgerechte personelle und finanzielle Ausstattung im gemeinsamen Unterricht und an den Förderschulen,
- höhere Investitionen in die Ausbildung von Lehrkräften und pädagogischen Mitarbeiter*innen sowie
- intensivere Bemühungen ausgebildete Lehrkräfte im Land Sachsen-Anhalt zu halten.
Die Arbeitsgemeinschaft für Bildung der SPD des Landesverbandes Sachsen-Anhalt beabsichtigt, sich zur Volksinitiative und deren Themen inhaltlich zu positionieren. Dazu bittet der Vorstand der Arbeitsgemeinschaft um die Meinung und das Votum der Mitglieder. Dabei will die Arbeitsgemeinschaft in der Sache anders vorgehen als Bildungsminister Tullner:
„Wir sollten es uns nicht so einfach machen wie Bildungsminister Tullner, der sich kurzerhand zum „Begrüßer“ der Initiative erklärt. Derselbe Minister, der in dem einem Jahr seiner Tätigkeit wie ein Brandbeschleuniger auf die ohnehin schon vorhandenen vielfältigen Probleme im Bildungsbereich wirkt“.
Die Arbeitsgemeinschaft wirft dem Minister vor:
- einem Haushaltsansatz zugestimmt zu haben, mit dem die Personalprobleme in den Schulen nicht ansatzweise zu lösen sind,
- bis zum Ende des Schuljahres die 185 befristet eingestellten Sprachlehrkräfte aus dem Schuldienst entlassen zu wollen, wodurch sich die Bedingungen für die weit über 8000 ausländischen Schülerinnen und Schüler und ihre Mitschüler noch mehr verschlechtern werden.
Des Weiteren kritisiert die SPD Arbeitsgemeinschaft für Bildung, dass der Bildungsminister die Initiative der SPD Fraktion in den Haushaltsverhandlungen, 250 zusätzliche Lehrerstellen zu schaffen, nicht unterstützt habe und Landtagsbeschlüsse zur Weiterbeschäftigung der Sprachlehrkräfte und zur schnellen Übernahme der im Land ausgebildeten Lehrerinnen und Lehrern nicht umsetze. „Stattdessen kürzt er die Zuweisungen für Grund-, Sekundar- und Gemeinschaftsschulen, um die Statistik der Unterrichtsversorgung zu schönen und nimmt dabei größere Klassen, erzwungenen jahrgangsübergreifenden Unterricht, verschlechterte Bedingungen für individuelle Förderung und eine deutliche Mehrbelastung der Lehrerinnen und Lehrer in Kauf“, so die Arbeitsgemeinschaft weiter.
Auch Tullners Personalentscheidungen im Ministerium und in nachgeordneten Behörden werden von der Arbeitsgemeinschaft moniert und als „fachlich nicht nachvollziehbar“ betrachtet.
Da die Volksinitiative nicht nur den Bildungsminister sondern das Handeln der Landesregierung im Bildungsbereich insgesamt scharf kritisiert, wird die Positionierung der SPD Arbeitsgemeinschaft hoch interessant sein.
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Ich möchte meinen Kommentar mit einem Blick in den aktuellen Koalitionsvertrag beginnen. Auf Seite 68 des Papiers ist zu lesen: „Es besteht Einigkeit darin, dass den Schulen in der kommenden Legislaturperiode Ruhe und Raum für die Entwicklung der schulischen Qualität gegeben und auf wesentliche Strukturveränderungen im Schulwesen verzichtet wird. … Eltern und Schülerinnen und Schülern erwarten zu Recht eine verlässliche Absicherung des Unterrichts in den Schulen. Um diese sicherzustellen wollen die Koalitionspartner eine Unterrichtsversorgung von durchschnittlich 103 Prozent aktiv sichern. Dabei wird nur das Arbeitskräftevermögen einbezogen, das in den Schulen zum Zweck der Unterrichtserteilung tatsächlich zur Verfügung steht.“
Sieht man sich nun Bildungsminister Tullner und sein Handeln im letzten Jahr an, dann ist von aktivem Handeln, der Sicherung der Unterrichtsversorgung und der Entwicklung schulischer Qualität nichts geblieben. Mit Besonnenheit allein kann man die vielfältigen Probleme nicht lösen. Statt einer gymnasialen Physikstunde im Doppel mit dem MP empfehle ich dem Minister einen sechstündigen Montag in einer beliebigen Schule des Landes. Spätestens nach 20 Minuten der ersten Stunde wird er nur noch an Flucht denken!
Ich kann mich Ringelblume nicht anschließen und der Koalition Glück wünschen. Ich hoffe, dass das „Laientheater“ ein schnelles Ende findet und endlich Fachleute die Geschicke der Bildung und des Landes in die Hand nehmen.
Die Regierungskoalition, der ich im übrigen viel Glück wünsche, sollte sich genau ansehen, wegen welcher Themen der Ministerpräsident in Schleswig-Holstein gerade abgewählt wurde. Wenn ich mit das Agieren von Minister Tullner ansehe, frage ich mich, ob er die Arbeit der Landesregierung direkt sabotieren will.
Die Bildungspolitik ist einer der wenigen Bereiche, in denen die Länder direkt gestalten können und nicht Berliner Vorgaben umsetzen müssen.