Justins Baum

21. November 2016 | Bild der Woche | 9 Kommentare

Vor der nächsten Wochenpflanze kommt erst einmal die Auflösung der Letzten. Auch die war eigentlich nicht sonderlich schwierig,  denn es gab ja einen gewissen Vorlauf.

Nachdem der Anlassgeber „Jotemes“, der hier im Forum so oft nach einer gewissen Knolle nachgefragt hatte, kam er nicht drauf,und „Escholzia“ präsentierte, wie oft, die richtige Lösung.  Dann verlor sich das Gespräch über Dahlien, die eben so, wie die zu bestimmende Pflanze,  aus der „Neuen Welt“ kommt, und auch Knollen ausbildet.

Also: die Pflanze der Woche nennt sich Helianthus tuberosus, übersetzt: „Sonnen-Blume, die knollige““.

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Unverkennbar: Eine Sonnenblume, Helianthus tuberosus. Topinambur.

Besser bekannt ist das Gewächs, das eng verwandt ist mit „unseren“ Sonnenblumen (Gattung: Helianthus), bei uns als „Topinambur“, regional auch als „Erdartischocke“ oder „Jerusalemartischocke“.

Wie viele Korbblüter speichert die Pflanze in ihren dicken, ingwerartig aussehenden Wurzelknollen den Polyzucker „Inulin“, ein langkettiges Großmolekül aus verknüften Fruchtzuckereinheiten. Gemeinsam mit den bekannten Sonnenblumen hat sie ihre herkunft aus der  der „Neuen Welt“. Der Name „Inulin“ kommt dagegen von einer alten, europäischen Kulturpflanze, die dem Topinambur und der Sonnenblume mit ihren gelben Blüten durchaus ähnlich sieht: Inula helenium, auch Alant genannt.

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Wenn die Pflanze – nach den ersten Frösten – oberirdisch abstirbt, kann man ihre Knollen ernten. Die kleinen bleiben im Boden, sie sorgen im nächsten Jahr für den Nachwuchs.

Inulin ist gewissermaßen, sprachlich gesehen, ein falscher Freund: mit dem Enzym „Insulin“ hat es chemisch nichts zu tun. Insulin ist ein wichtiges Hormon der Bauchspeicheldrüse, es reguliert den Blutzuckerpiegel. Das Hormon wird in den „Langerhansschen Inseln“ produziert, und sorgt bei steigendem Blutzuckerspiegel dafür, dass die Glucose (Traubenzucker – der auch bei der Spaltung von Rüben/Rohrzucker im Magen entsteht), in die Zellen abtransportiert wird. Diabetiker kennen das.

Unser „Inulin“ hat indirekt damit dennoch was zu tun. Im Gegensatz zu Stärke, die auch ein Polyzucker ist, kann der Mensch das energiereiche Inulin nicht direkt verwerten. Er hat keine „Inulase“, also das Enzym, das die langen Ketten spalten kann. Deshalb passiert das Inulin das Verdauumngssystem. Im Enddarm verwursten es dann Bakterien, die über das Enzym verfügen. Sie beleben die Darmflora, die Spaltprodukte nutzen sie als Energieträger,  oder gehen als „Wind“ ab. Inulin verursacht Sättigungsgefühl, kann Blähungen verursachen, macht aber nicht „dick“.

Obwohl nicht gerade ein Energieliefernt, trat Topinambur einen Siegeszug durch Europa an, bevor sie von der Kartoffel verdrängt wurde. Wahrscheinlich – bedingt durch den Geschmack – bemerkte man nicht, dass ein großer Teil der gespeicheren Energie den Magen nutzlos verließ – das Sättigungsgefühl war wohl entcheidender.  Im 16. und 17. Jahrhundert wurd Europa flächendeckend mit der „girasole articiocco“ (Artischocken-Sonnenblume“) bebaut. Der erste Name: weil der erdige Gechmack genau an Artischocken erinnert. „Girasole“ ist Sonnenblume, verballhornt wurde daraus die „Jerusalem-Artischocke“. „Topinambur“ selbst soll ein indianisches Wort sein.

Topinamburanbau hatte – troz des geringen Nährwertes, Vorteile: Die Knolle ist winterhart (die Pflaze allerdins nicht, und die Blüte bilden bei uns nie Samen). Die Knollen können durch den ganzen Winter geerntet werden, sie überstehen Kriege, weil sie kein Brandschatzer zerstören kann, wenn sie sicher in der Erde ruhen.

Heute werden immer wieder mal Topinambur angeboten, mittlerweile nicht nur in Exotik- und Bioläden. Wenige wissen, , was man damit machen soll, und wo sie zu beziehen ist: die interessierten Fragen des Users Jotemes sprechen da Bände.

Dabei ist es einfach, an die Knollen zu gelangen, wenn man einen Garten hat: einmal ein paar kleine Knollen gesetzt: immer Topinambur. Die 2-3 hohen, langstieligen, im Sommer kleinblütig floreszierenden Sonnenblumen wird man nicht los. Es bleiben immer kleine Knollen und Sproßabrisse im Boden, so sehr man sich bemüht. An Flussläufen gilt die Pflanze, die sich in unseren breite nur fortgeschwemmte Sprossabrisse vermehrt, bereits als Neophyt. Eigentlich eine Kunst, wenn sie bei uns nicht mal Samen bildet.

Ist Topinambur energetisch für den Menchen überhaupt nicht verwertbar?

Natürlich läßt sich das Inulin spalten. Werden die „Erdartischocken“ lange in stark saurem Millieu gekocht, ergeben sie einen reinen Fruchtzuckersirup. Auch kann man den eingemaischten Topiknollen Inulase zusetzen, die aus keimenden Knollen gewonnen wird: das Enzym spaltet den Polyzucker, und Hefezellen verarbeiten die Zucker weiter zu Alkohol. Der wird destilliert, so gewinnt man besonders im südwestdeutschen Raum den  „Topi-Geist“ oder auch „Rößler“: ein hochprozentiges Getränk, das mit seinem erdig-rauchigen Aroma an Enzian erinnert.

Verwertung in der Küche:

An Topinambur scheiden sich die Geister. Der erdige, artischockenähnliche Geschmack lässt sich kaum elimineren.

Am einfachsten ist es, die Knollen etwa 20-30 min zu kochen, dann werden sie weich. Schälen (oder die weiche Masse wie eine Cremetube ausdrücken), etwas Butter und Salz drauf, und gleich so genießen.

Wer sie so nicht mag, wird auch an den anderen Gerichten wenig Freude haben, wie etwa Topinamburgnocchis oder frittierte Topinamburchips oder Topinamburpürree.

Nun aber zu unserer nächsten Pflanze der Woche: Justins Baum.

Justin, der kleine Biber, hat heute zum ersten Mal eine größere Aufgabe: jetzt, im kalten Spätherbst, wo es auch schon gefrostet hat, soll er lernen, selbst für Nahrung zu sorgen.  Mutti führt den halb ausgewachsene Biberknaben in der Dunkelheit ein ganzes Stück die Saale aufwärts, weit weg von ihrem zuhause auf der Peißnitz-Nordspitze. Sie erklimmen den kleinen Hang am Ufer, schnüffeln. Es riecht lecker, würzig, nach dieser feinen, weichen Rinde, die Justin und seine kleine Schwester Bibernell so gerne mögen. Bald darauf hat Mutter Bibbi einen feinen Stamm ausgemacht: „hier, den kannst Du umlegen“. Bald schon schlagen sich Justins Zähne in die noch immer erstaunlich weiche Rinde des Baumes. Mit der Nase ertastet er nicht nur deren glatte Oberfläche, die von schmalen, rauen Ringen gemustert ist. Es riecht würzig, und die Rinde schmeckt süß. „Nicht nur die Rinde abknabbern, mein Freund, wir brauchen den ganzen Stamm, mit allen Ästlein dran, den nehmen wir komplett mit, als Vorrat“

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Unsere Pflanze der Woche, ein stattlicher Baum, wurde in den letzten Tagen Opfer eines Biberangriffs. nachdem wir wissen, wie der Biber heißt, wollen wir auch den Namen des Baums wissen.

„Ich mag nicht so gern Holz“, protestiert Justin, merkt aber, dass dieses Holz durchaus essbar ist, so weich, so feinfaserig, so hm… „Ob es wohl morgen früh davon wieder Brownies gibt?“, denkt er sich, während er sich langsam bis fast an den noch schwach ausgeprägten Kern des Stammes heran nagt. „Lauf“ ! rief Mutti, und gehorsam sprangen Justin und Bibernell zurück in das kalte Saalewasser, während der beachtliche Baum mit seinen ausladenden Zweigen, deren wenige Blätter im Mondlicht silbrig glänzten, über ihnen ins Wasser klatschte.

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Da liegt er nun, Justins Baum.

Unsere Fragen:

– Welchen Baum hat Justin Biber hier zur Strecke gebracht? (Bitte nicht nur die Gattung, sondern auch die Art nennen)

– Warum schmeckt Bibern der Baum so gut, und warum ist er so nahrhaft?

– Und was stellen Menchen mit dem Baum so alles an?

– „Bibergeil“ wird in der Parfümindutrie eingesetzt. Unser Baum hat einen nahen Verwandten, der auch in der Parfümindustrie genutzt wird. Wie heißt der Verwandte?

 

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