Donnerblumen

29. Mai 2017 | Bild der Woche | 6 Kommentare

Etwas pixelig im Gesicht, so sieht sie aus, die Pflanze der Woche, die gesucht wird.

Puh, jetzt geht es wieder los mit der Sommerhitze, was für ein Tag! Mühsam setzt Wolfgang einen Schritt vor den anderen, tritt behäbig durch die Haustüre in den Vorgarten hinaus. Es dämmert bereits und die Amsel singt ihr letztes Lied. Wolfgang mag die schwarze Amsel, genauso, wie er sein altes Häuschen mit dem großen Garten liebt. Wobei, der hat schon bessere Zeiten gesehen, alles ziemlich verwildert hier – irgendwie ist ihm alles Grüne inzwischen ein Gräuel, auch wenn er dazu schon einmal deutlich mehr Verbundenheit gezeigt hatte. Langsam schreitet Wolfgang voran, bis zur letzten Ecke mit dem zugewucherten Komposthaufen. Er dreht sich um, um die Abendsonne zu begutachten. Die jetzt in leuchtendes Rot getauchten Glasscheiben des benachbarten Funktionsgebäudes missfallen ihm. Sein Blick schweift gegen Norden, ein Lächeln huscht über sein Gesicht: Dort, am Horizont, türmen sich dichte, dunkle Wolkengebilde. Er wartet eine Weile. Langsam verschwindet der helle Streifen am Westhimmel, die düstere Wolkenfront schiebt sich voran. Es wird immer schwärzer am Himmel – und Wolfgang genießt. Noch einmal streift sein Blick durch den Garten, entlang am eigentlich nicht vorhandenen Zaun zur Straße hin. Er verharrt an kleinen, etwas unscheinbaren Blüten eines Pflanzenteppichs, der sich nahe dem Gehwegrand ausbreitet. Die Augen verengen sich zu schmalen Schlitzen (- das kennen wir alle von Shaun dem Schaf…). Brüskiert geht Wolfgang darauf zu. Es wird doch nicht… Er bleibt stehen, bückt sich, schaut genau: Und tatsächlich! Ärgerlich schallt es aus seinem Mund: Die Donnerblumen! Selbst die Vögel schrecken auf, aufgeregt kreischend flattern sie davon. Was diesen Mann nur wieder umtreibt!

Ja, was treibt Wolfgang um?

  1. Welche „Donnerblume“ könnte er entdeckt haben, beziehungsweise:
  2. Welche gibt es eigentlich?
  3. Und welchem Volksglauben mag Wolfgang verfallen sein, dass das, was er sieht, bei ihm ein heftiges Gefühl der Unzufriedenheit und leichten Wut auszulösen scheint?
  4. Was kann er also gesehen haben ?

(A.S.)

Auflösung der letzten Pflanze der Woche: Alcea rosea, die Stockrose.

Alcea Rosea, die Stockrose.

Die Beobachtungen über den Malvenrost stammen aus einem Bericht auf einer Versammlung des Vereins der Naturfrunde Mecklenburgs.  (Archiv des Vereins der Freunde der Naturgeschichte in Mecklenburg (Digitalisiert von Google, Danke!) Bände 29-30, S239 ff.) Der Referent beschreibt die plötzliche Ausbreitung des Schadpilzes, der unsere gesuchte Wochenpflanze befiel. Bei ihr handelte es sich um die gute alte „Stockrose“, Alcea rosea (früher auch Althea rosea bezeichnet). Es ist natürlich keine Rose, sondern eine Malvenart. Es ist eine kurzlebige Staude. Aus den Samen, die im Frühjahr oder im Herbst keimen, entwickeln sich zunächst kräftige Blattrosetten, im nächsten Jahr werden daraus kräftige Pflanzen, aus denen dann ab anfang Juni gewaltige, kandelaberartige Blütenstände emporschießen, die – gute Pflege und ausreichend Dünger vorausgesetzt-, bis zu 3 Metern in die Höhe schießen können. Sie blühen nacheinander von unten nach oben auf, das Feuerwerk dauert bis in den späten Herbst hinein. Von oben nach unten kann man gleichzeitig am Stock alle Phasen der Blütenentwicklung beobachten: Knospen, aufgegangene Blüten, unreife Samenkapseln, reife Samenkapseln. Letztere sind eine Art Spaltfrucht: in einem Ring um den ehemaligen Stempel sitzen mehrere scheibchenförmige Samen, die beimbrechen auseinander fallen, wie eine ringförmig angelegte Münzrolle.   Die Stock – oder auch „Pappelrose“ wurde zunächst als Zier- und Heilpflanze in den Gärten angeßpflanzt, in Mittel- und Nordeuropa taucht sie erstmals um 1600 n Vh. auf. Ihre Herkunft ist umstritten. Die meisten Autoren vermuten Osteuropa oder Kleinasien als Herkunftsregion. In Osteuropa (Albanien, Griechenland, aber  Türkei) gibt es Wildformen dieser Pflanze, die dort bis zu 4 Meter hoch aufschießen und vorzugsweise rosa Blüten tragen.

Ihre Arzneiwirkung verdankt die Pflanze in ihr enthaltenen Schleimstuffen, die bei Husten und Erkältungen helfen sollen. Erst Anfang des 19. Jahrhunderts stellte man fest, dass in den blüten insbesondere der braunschwarzblütigen Formen Farbstoffe enthalten sind, mit denen man Säfte etc. rot färben konnte, und sogar Textilien färben konnte, angeblich seien die blauen Färbungen auf Eisengebeizter Wolle sogar denen des Indigo ebenbürtig. In der Folge wurde die Pflanze großflächig angebaut – bis dann die Katastrophe eintrat, von der ja letzte Woche berichtet wurde. Puccinia Malvacearum, der Malvenrostpilz, überfiel von Chile ausgehend die Pflanzungen in ganz Europa. Auch heute noch ist dem Pilz nur mit Mühen beizukommen. Kaum eine Stockrose in Halle ist frei von diesem lästigen Pilz. Bei beginnendem Befall kann man noch die betroffenen Blätter abknipsen, sobald sich auf der Blattoberseite die verräterischen gelben Flecken bilden, oder aber den Fleck ringsum weiträumig herausschneiden. In späterem Stadium hilft nur noch die chemische Keule (Empfohlene Wirkstoffe: Azoxystrobin und Myclobutanil). „Biologische“ Mittel sind erfahrungsgemäß wirkungslos.

Puccinia malvacearum, Malvenrost. Sporenlager auf der Blattunterseite.

(Red)

Print Friendly, PDF & Email
6 Kommentare

Kommentar schreiben